Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Morning Briefing Teurer Abschied von der Kohle

17.01.2020 - 06:00 Uhr 1 Kommentar

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

der Beschluss steht: Bis spätestens 2038 will Deutschland aus der Kohle-Stromgewinnung aussteigen. Der Preis ist gigantisch, 40 Milliarden Euro sollen die betroffenen Bundesländer zur Abfederung des Strukturwandels erhalten, gut vier Milliarden Euro bekommen die Energiekonzerne als Entschädigung. Allein damit wird klar: Die Förderung des Klimaschutzes wird das teuerste Projekt der Nachkriegsgeschichte. Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman kommt einem in den Sinn: „There‘s no such thing as a free lunch.“

Quelle: dpa
Deutschland will bis spätestens 2038 aus der Kohle-Stromgewinnung aussteigen.

Mit dem milliardenschweren Beschluss kehrt die Sorge über die Sicherheit der Stromversorgung zurück. Schließlich muss der Strom auch fließen, wenn die Sonne mal nicht scheint oder der Wind nicht weht. Diese Back-up-Funktion übernehmen aktuell vor allem Kohlekraftwerke. Ein überzeugendes Konzept für die Stromsicherheit hat die Bundesregierung bisher allerdings nicht vorgelegt, wie mein Berliner Kollege Klaus Stratmann in seinem Leitartikel analysiert. Vielleicht sollte man die Große Koalition daran erinnern: Strom ist das Lebenselixier einer modernen Gesellschaft.

Gesundheitsminister Jens Spahn ist mit seinem Gesetzentwurf zur Neuregelung von Organspenden im Bundestag gescheitert, nach dem jeder Mensch bis auf Widerruf als Organspender hätte gelten sollen. Statt der unbürokratischen und klaren Regel hat sich der Bundestag nur zu einer Mini-Reform durchgerungen, nach der die Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Abholen des Personalausweises auf das Thema Organspende aufmerksam gemacht werden sollen.

Ob die Neuregelung die Bereitschaft der Bürger stärkt, wie der Name des Gesetzes suggeriert, muss stark bezweifelt werden. Für die fast 10.000 Menschen, die in Deutschland auf ein Spenderorgan warten, war der gestrige Tag ein schlechter Tag. Für Spahn ist die Niederlage im Bundestag zwar ärgerlich, aber kein Gesichtsverlust. Er gehört weiter zu den wenigen Politikern, die auch unangenehme und unbequeme Themen anpacken. Es gilt der Satz von Johann Wolfgang von Goethe: „Man erträgt die Unbequemen lieber, als man die Unbedeutenden duldet.“

Zu diesem Schluss kommt offenbar auch Markus Söder. Für den CSU-Chef scheint ein baldiger Kabinettsumbau das mit Abstand wichtigste Thema zu sein. Als Gradmesser für die Qualität führender Politiker nannte er jetzt „die Umfragewerte einzelner Personen“. Mit dem Hinweis muss sich vor allem Verkehrsminister Andreas Scheuer angesprochen fühlen, der die niedrigsten Beliebtheitswerte der drei CSU-Minister im Bundeskabinett vorzuweisen hat. Auch Innenminister Horst Seehofer muss um seinen Posten fürchten, schließlich hat Söder eine Verjüngung des Kabinetts gefordert. Bleibt nur die Frage, wann der CSU-Chef seine Nuschel-Prosa als klare Entscheidung formuliert.

Bei vielen Themen agiert Europa wie eine Schnecke. Der Vorwurf gilt vor allem für das Zukunftsthema Digitalisierung. Der neue EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton will nun offenbar den Schalter umlegen. Mit Blick auf die in Europa anfallenden Daten verspricht Breton klare Regeln im Umgang mit den Informationen und sichere Speicherlösungen: „Es ist an der Zeit, unseren Bürgern und Unternehmen einen sicheren Hafen zu bieten“, sagt der Kommissar im Interview mit dem Handelsblatt. Es ist nur ein erster Schritt zur Sicherung der technologischen Souveränität. Aber wenigstens bewegt sich Europa in die richtige Richtung.

Bei Siemens ist es die Beteiligung an einem Kohleprojekt in Australien, bei Bayer der Einsatz von Glyphosat, bei RWE war es der Hambacher Forst: Deutsche Konzerne geraten immer stärker in den Fokus von Klimaaktivisten wie „Fridays for Future“. Wie schwer der richtige Umgang mit der einflussreichen grünen Lobby mittlerweile ist, musste in diesen Tagen Siemens-Chef Joe Kaeser erleben. Die aktuelle Handelsblatt-Titelgeschichte „Die unheimliche Macht“ beschreibt die neuen Herausforderungen für Konzernlenker.

Quelle: dpa
Neubauer: „Die Manager sehen nicht, dass sie diejenigen sind, die jetzt etwas verändern müssen.“

Nach ihrem Gespräch mit Siemens-Chef Kaeser hat Luisa Neubauer, die deutsche Frontfrau von „Fridays for Future“, dem Handelsblatt ein Interview gegeben. Herausgekommen ist keine Abrechnung mit der Wirtschaftselite, sondern ein eindringlicher Appell: „Die Manager sehen nicht, dass sie diejenigen sind, die jetzt etwas verändern müssen. Sie verweisen meistens einfach darauf, dass sie den Aktionären etwas schuldig sind, was natürlich stimmt. Aber sie vergessen, dass sie auch der Welt, in der sie agieren und die sie formen, etwas schuldig sind.“ Das ganze Interview lesen Sie hier.

Der Fall Siemens wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie lässt sich der global so wichtige Kampf gegen den Klimawandel mit den Interessen eines Unternehmens, seiner Arbeitnehmer und Aktionäre vereinbaren? Wie können Unternehmer und Manager mit der wachsenden Macht der Ökolobbyisten umgehen? Das Handelsblatt hat einen Antwortversuch unternommen.

Und dann ist da noch Herbert Diess. Der VW-Chef verlangt von seinen Führungskräften beim Wandel zu einem softwaregetriebenen Unternehmen mehr Tempo und hat sogar die Zukunft des Autokonzerns in Frage gestellt. „Wenn wir in unserem jetzigen Tempo so weitermachen, wird es sehr eng“, mahnte Diess. Die Zukunft liege im Umbau zu einem digitalen Tech-Konzern. Mutmacherreden lesen sich anders. Aber zumindest weiß das VW-Management jetzt, was die Stunde geschlagen hat.

Ich wünsche Ihnen ein agiles Wochenende mit vielen neuen Ideen.

Herzliche Grüße,
Sven Afhüppe
Chefredakteur

Hier können Sie das Morning Briefing abonnieren.

Morning Briefing: Alexa
Startseite
1 Kommentar zu "Morning Briefing: Teurer Abschied von der Kohle"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Da haben Sie sehr recht:
    Der Vorschlag ist für die Energie-Saurier viel zu fett dotiert.
    Was werden die mit dem Geld machen? Zum Teil als Dividenden (auch an die ach so armen Ruhrpottkommunen) verpulvern, wo dann das folgende zu guten Teilen auf dem Fuße folgt, zum Teil mehr Steuern zahlen (ich kann mir nicht vorstellen, das so eine Einnahme NICHT ertragswirksam sein soll!) und zum großen Teil Arbeiten schicken, also investieren.
    Was macht das investierte Geld? Es steigert die Nachfrage nach Beton, Stahl, Aluminium, Plastik und der daraus hergestellten Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude und weiteren Gütern. Es wird also zu einer Steigerung des CO2-Ausstoßes erheblich beitragen!

    Damit ist auch der Grund gefunden, der es den Konzernlenkern ermöglicht, dem zuzustimmen, obwohl sie ja eigentlich an Recht und Gesetz gebunden sind und gar nicht gefragt zu werden brauchen.
    Denn Eigentum verpflichtet und wenn sein Gebrauch der Allgemeinheit schweren Schaden zufügt, dann muss der Staat eingreifen und nicht "Bitte, bitte!" sagen oder "Darf es noch ein Milliönchen mehr sein?".

    Insofern ist da eine Normenkontrollklage wider das Gesetz indiziert!

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%