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Morning Briefing Wie die USA wieder für sich werben

10.06.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

die Mutter aller Public-Relations-Schlachten ist bekanntlich der Satz: „Tue Gutes und rede darüber.“ Die USA setzen das Motto von Georg-Volkmar Graf von Zedtwitz-Arnim derzeit in der geopolitischen Weltwirtschaftskriegszone konsequent um. Hatte Donald Trump selbst die atlantischsten Atlantiker mit seinen Capo-Allüren nachhaltig verschreckt, so baut der amtierende US-Präsident Joe Biden auf die Kraft emotionaler News. Seine Regierung will 500 Millionen Corona-Impfdosen von Biontech/Pfizer kaufen und dann an 100 Länder spenden.

Die weihnachtlich anmutende Geste von Uncle Sam wird am Freitag rund um den G7-Gipfel in Cornwall offiziell verkündet. Hier wird auch moralischer Druck abgelassen, nachdem die reichen USA ohne Rücksicht auf die Nöte anderer zunächst die eigene Bevölkerung versorgt hatten. Gerechtigkeit ist, was der Beschenkte dafür halten soll.

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Die aktuelle deutsche Steuerdebatte thematisiert zumeist Belastungen, seltener Entlastungen. Da will der Bundesverband Deutsche Industrie (BDI) den Kontrapunkt setzen – mit einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, die uns vorab vorliegt. Demnach könnte sich eine Senkung der Unternehmenssteuern für den Wirtschaftsstandort in Euro und Cent auszahlen.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm sagt dazu: „Die Zahlen beweisen es: Steuersenkungen für die Unternehmen sind im Höchststeuerland Deutschland nicht nur fiskalisch verkraftbar, sondern haben nachweislich positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum.“ Gefahr erspähen die BDI-Spitzen bei den Grünen und der SPD, die den Wiederstart der Vermögenssteuer fordern. Jede zusätzliche Belastung laufe Gefahr, den Aufschwung abzuwürgen, warnt Russwurm.

Mit einem Wiederaufbaufonds über 750 Milliarden Euro will die EU bekanntlich schon bald helfen, die Wirtschaft in schwächeren Mitgliedstaaten anzukurbeln. Laura Kövesi, Leiterin der neuen europäischen Staatsanwaltschaft, soll dabei verhindern, dass Geld in dunklen Kanälen versickert. Im Handelsblatt-Gespräch sagt sie über

  • …den Fonds und das organisierte Verbrechen: „Ich sehe große Risiken bei dieser gewaltigen Geldsumme. Schon mit Blick auf den einfachen EU-Haushalt müssen wir uns auf etwa 3000 Fälle im Jahr einstellen. Nun kommt eine große Menge Geld dazu mit weniger Transparenz.“
  • …ihren Einsatzort: „Zum Glück ist das eine unabhängige Behörde mit unabhängigen Strafverfolgern. Niemand kann sich in unsere Ermittlungen einmischen.“
  • …den Umfang von Korruption in der EU: „Kein Land ist sauber. Es geht nicht nur um ein paar übliche Verdächtige, wenn wir von Betrug mit EU-Geldern sprechen.“

Ihre Erzählungen über den Job lassen darauf schließen, dass sie mit Vorbeugen genauso beschäftigt sein wird wie mit Aufräumen.

Quelle: Reuters
Der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn hatte 2017 im Untersuchungsausschuss bestritten, vor September 2015 von den Dieselmanipulationen im VW-Konzern gewusst zu haben.

Der Pulverdampf des Wahlkampfs steigt auf, und vielleicht wird deshalb eine drei Jahre alte Strafanzeige des Grünen-Parlamentariers Oliver Krischer relevant. Sie richtete sich gegen Martin Winterkorn, weil der Ex-VW-Chef im Untersuchungsausschuss über seine Rolle bei „Dieselgate“ gelogen habe. Die Berliner Staatsanwaltschaft erhebt deswegen nun Anklage wegen uneidlicher Falschaussage. Es geht darum, ob Winterkorn – anders als von ihm behauptet – schon vor September 2015 von den Abgas-Schummeleien wusste. „Herr Winterkorn sollte endlich reinen Tisch machen und nicht weiter Millionen von VW-Kunden Märchen erzählen“, wettert Krischer.

Allerdings soll genau darüber bereits im September vor dem Braunschweiger Landgericht verhandelt werden. Gestern wurde auch bekannt, dass der 74-jährige Winterkorn nebst drei weiteren einstigen Top-Managern die Rekord-Entschädigung von insgesamt 288 Millionen Euro an VW zahlt; der Großteil davon entfällt auf spezielle Haftpflichtversicherungen. Winterkorn entrichtet im Übrigen persönlich 11,2 Millionen, Ex-Audi-Chef Rupert Stadler soll 4,1 Millionen beisteuern. Ein „reiner Tisch“ darf in einem solchen Fall eben etwas mehr kosten.

Noch einmal VW: Die Versorgungsengpässe bei Computerchips lassen die Arbeit in den brasilianischen Werken stillstehen, in deutschen Fabriken ist die Lage unverändert kritisch. Einkaufsvorstand Murat Aksel sagt im Handelsblatt-Gespräch: „Im Moment sind wir am tiefsten Punkt in der Versorgungskrise angekommen. Wir stehen vor den härtesten sechs Wochen.“ Im dritten Quartal sollte die Pipeline dann besser gefüllt sein. Die Berater der Boston Consulting Group schätzen, dass alle deutschen Autobauer aufgrund der Chipkrise bis zu sechs Millionen Fahrzeuge weniger fertigen können als geplant. Trost kommt von Hermann Hesse. „Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt.“

Quelle: AP
Der französische Präsident Emanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel führen eine Fernbeziehung.
(Foto: AP)

Der womöglich wichtigste Vorteil eines Kanzlers Armin Laschet gegenüber seiner Vorgängerin würde sein, dass er unseren wichtigsten Partner Frankreich besser kennt und aufrichtig schätzt. Da könnte der Mann aus Aachen viel zu tun haben. Die Freundschaft zwischen Franzosen und Deutschen sei „eine Fernbeziehung geblieben“, schreibt unser scheidender Paris-Korrespondent Thomas Hanke in seinem lesenswerten Essay. Man findet sich gegenseitig ganz okay und „sympa“, kennt sich aber doch nicht wirklich.

Stille Tage im Klischee werden da zum Dauerphänomen, natürlich sind die einen Staatsinterventionisten, Bonvivants und Hallodris in Gelddingen, die anderen dagegen Ordnungspolitiker, Langweiler und Fleißlinge. Am besten verstehen sich die Start-up-Unternehmer beider Länder. Allen – den derzeit im Selbstverständnis getroffenen Franzosen und den nach Aufbruch dürstenden Deutschen – ist mit Napoleons Maxime geholfen: „Die Karriere steht den Talenten offen, ohne Rücksicht auf Herkunft und Vermögen.“

In eigener Sache gilt es, eine wichtige Personalie zu vermelden. Charlotte Haunhorst kommt spätestens im vierten Quartal als Head of Digital und Mitglied der Chefredaktion zum Handelsblatt. Die Absolventin der Deutschen Journalistenschule hat zuletzt bei der „Süddeutschen Zeitung“ das crossmediale Jugendportal jetzt.de mit Erfolg geleitet. Von einer „hervorragenden Journalistin und exzellenten Digitalexpertin“, spricht Chefredakteur Sebastian Matthes.

Die Immobilienpreise und Mieten steigen in Deutschland weiter an, vor allem in den Metropolen. Wie genau aber hat sich der Wohnungsmarkt in Ihrer Stadt und Region entwickelt? Werden Kleinstädte oder das Umland attraktiver? Wir sprechen am kommenden Dienstag via Zoom live mit Ihnen über aktuelle Wirtschaftstrends rund ums Wohnen und blicken zurück auf zehn Jahre Handelsblatt-Trendviertel – einem Klassiker unserer Berichterstattung.

Meine Kollegin Kerstin Leitel wird Franz Eilers interviewen, den Leiter der Immobilienmarktforschung bei der vdp Research GmbH, die für uns Preis- und Mietdaten erhebt. Danach werden wir mit Experten die Städte Berlin/Potsdam, Hamburg, Frankfurt/Offenbach, München und Düsseldorf genau unter die Lupe nehmen – auch in digitalen Räumen.

Und dann ist da noch die in der Boulevardpresse erfahrene Tanit Koch, die ab sofort im Bundestagswahlkampf dem CDU-Kandidaten Armin Laschet hilft. Die einstige Chefredakteurin von „Bild“ und der RTL-Zentralredaktion verantwortet Kommunikation, koordiniert Pressearbeit und baut die Präsenz in sozialen Netzwerken aus. Während die Gegenkandidaten schwächeln, arbeitet Laschets Team offenbar systematisch am Projekt „Bundeswaschmaschine“, wie das Kanzleramt auch heißt.

Hilfe vom „Bild“-Boulevard beim Image-Aufpumpen hat Tradition: Hans-Hermann Tiedje soufflierte 1998 Altkanzler Helmut Kohl und Michael Spreng 2002 dem CSU-Chef Edmund Stoiber. Man fühlt sich angesichts des neuen Koch-Kurses sofort an Gerhard Schröders Spruch erinnert, zum Regieren brauche er nur „Bild, BamS und Glotze“ – eine Aufzählung, die man heute unbedingt um die Domain-Endung „de“ erweitern müsste.

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in den Tag.

Herzliche Grüße

Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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