1. Startseite
  2. Meinung
  3. Morning Briefing
  4. Reformen: „Musterung beim Amtsarzt“ – die Rentenideen des Princeton-Ökonomen

Morning Briefing„Musterung beim Amtsarzt“ – die Rentenideen des Princeton-Ökonomen

Christian Rickens 06.10.2025 - 06:06 Uhr
Morning Briefing

Wie ein Ökonom Deutschland flott bekommen will

06.10.2025
Abspielen 07:44

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

der Ökonom Markus Brunnermeier von der US-Universität Princeton hat am vergangenen Dienstag mit einem Impulsvortrag die Kabinettsklausur der Bundesregierung eröffnet. Gelangweilt haben dürfte sich dabei keiner der Anwesenden – vorausgesetzt, dass das, was Brunnermeier auf der Klausur vortrug, ähnlich originell war wie die Ideen, die er einige Tage später im Interview mit meinem Kollegen Julian Olk äußerte.

    So bringt Brunnermeier unter anderem eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die individuelle Lebenserwartung ins Gespräch: „Wir müssen einen Weg finden, die Lebenserwartung individuell zu berechnen, von der das Renteneintrittsalter dann abhängt. Vielleicht müssen die Leute zu einer Art Musterung beim Amtsarzt, der mithilfe von KI die Lebenserwartung bestimmt.“Beim Klimaschutz stellt Brunnermeier das Ziel in infrage, Deutschland bis 2045 komplett CO₂-neutral zu machen: „Der einzige Weg für eine klimaneutrale Welt ist, dass wir neue Technologien erfinden, die Klimaschutz so effizient machen, dass die ganze Welt es nachmacht. Deswegen brauchen wir ein Vorgehen, das zu Technologiesprüngen führt, anstatt innerhalb unserer Landesgrenzen das letzte Gramm CO2 vermeiden zu wollen.“Besser wäre es laut Brunnermeier, mit zielgerichteten Subventionen klimaneutrale Innovationen zu fördern: „Anstatt die Zertifikate, die den CO₂-Ausstoß erlauben, bis zu einem Stichtag auf null zu senken, sollte ein kleiner Teil an Zertifikaten erhalten bleiben. Unternehmen mit neuen, für den globalen Klimaschutz relevanten Patenten bekommen diese Zertifikate und dürfen sie weiterverkaufen.“

Man muss Brunnermeiers Denkanstöße nicht bejubeln. Aber er bringt neue Gedanken in eine ideologisch oft festgefahrene Reformdebatte. Allein dafür gebührt dem Princeton-Ökonomen Anerkennung.

Markus Brunnermeier: Nach Ansicht des Ökonomen braucht es eine positive Vision für ein resilientes Geschäftsmodell Deutschlands. Foto: picture alliance, Getty Images [M]

Ich weiß nicht, wie Sie das lange Wochenende rund um den Nationalfeiertag verbracht haben, ob Sie es womöglich für die erste Herbstwanderung des Jahres genutzt haben. Für alle, die sich seit Freitag aus dem Nachrichtengeschehen ausgeklinkt haben, hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Geschehnisse der vergangenen drei Tage:

Japan steht vor erster Premierministerin

Sanae Takaichi wurde am Samstag zur ersten Präsidentin der in Japan regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) gewählt. Damit wird sie voraussichtlich auch die erste Frau an der Regierungsspitze des Landes. Die Neuwahl des Premierministers wird am 15. Oktober im nationalen Parlament stattfinden.

Einen Gegenkandidaten zu Takaichi wird es voraussichtlich nicht geben, denn die Opposition kann sich wohl nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Was es über Takaichi zu wissen gilt, hat unser Tokio-Korrespondent Martin Kölling für Sie aufgeschrieben.

Sanae Takaichi: Erste Frau im Büro des Oberhaupts von Japans Regierungspartei. Foto: AFP

Rechtsruck in Tschechien

In Tschechien hat die rechte Partei ANO des Ex-Regierungschefs und Milliardärs Andrej Babis die Parlamentswahl gewonnen. Die bisherige Oppositionspartei kam auf 34,5 Prozent der Stimmen. Zwei mögliche Koalitionspartner für die ANO sind ebenfalls ins Parlament eingezogen: eine neue Autofahrerpartei und die ultrarechte Partei Freiheit und direkte Demokratie. Babis hatte im Wahlkampf unter anderem ein Ende der Waffenlieferungen seines Landes an die Ukraine angekündigt.

Nach vier Jahren in der Opposition ist dem 71 Jahre alten Großunternehmer Babis ein Comeback gelungen. Foto: REUTERS

Gespräche zwischen Israel und Hamas

Laut US-Präsident Donald Trump hat Israel im Gaza-Krieg einer ersten Rückzugslinie zugestimmt. Darüber sei die Hamas informiert worden, schreibt Trump auf seiner Plattform Truth Social. Wenn die Hamas diese Linie bestätige, trete sofort eine Waffenruhe in Kraft. Dann beginne auch ein Austausch von Geiseln und Gefangenen. Das ägyptische Außenministerium hat für heute Vertreter Israels und der Hamas zu Gesprächen über den Austausch eingeladen. Zuvor hatte die Terrororganisation Trumps Friedensplan für Gaza in Teilen zugestimmt, die geforderte Niederlegung der Waffen aber nicht ausdrücklich akzeptiert.

Neuer Finanzminister in Frankreich

In Frankreich setzt Präsident Emmanuel Macron auf seinen Vertrauten Roland Lescure als neuen Finanzminister. Lescure folgt im Finanzressort auf Bruno Le Maire, der Verteidigungsminister wird.

Roland Lescure (Archivbild): Er soll Frankreichs Finanzen ordnen. Foto: AFP

Debatte um Drohnensichtungen

Nach einer Drohnensichtung am Frankfurter Flughafen hat die Polizei nach eigenen Angaben den Drohnenpiloten identifiziert. Es handle sich um einen Hobbydrohnenpiloten. Am Flughafen München lief der Flugbetrieb am Samstagfrüh wieder an. Dort war am Vorabend wegen möglicher Drohnensichtungen der Betrieb bereits zum zweiten Mal unterbrochen worden. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“:

Unsere Vermutung ist, dass Russland hinter den meisten dieser Drohnen-Flüge steckt.

Allerdings gebe es wohl auch Trittbrettfahrer, die privat Drohnen steigen ließen. Russland hatte Vorwürfe entsprechender Aktivitäten zurückgewiesen.

Merz sagte, die Regierungskoalition werde das Luftsicherheitsgesetz überprüfen, um die Zuständigkeiten der Bundeswehr bei der Drohnenabwehr klarer zu fassen. Das Bundeskabinett will am Mittwoch zudem den Entwurf des neuen Polizeigesetzes beschließen, der eine klarere Zuständigkeit von Bundes- und Landespolizei klären soll. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) möchte ferner erreichen, dass die Bundeswehr der Polizei Amtshilfe beim Abschuss von Drohnen leisten kann.

Erst am Donnerstagabend war auch der Flughafen München erneut gesperrt worden. Foto: Felix Hörhager/dpa

AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Thüringens Innenminister Georg Maier (beide SPD) haben im Handelsblatt ein entschlossenes Vorgehen gegen AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst angekündigt, sollte die Einstufung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch gerichtlich bestätigt werden. Für diesen Fall, so Woidke, „müssen wir – auch in Brandenburg – prüfen, welche Konsequenzen das für den öffentlichen Dienst hat“.

Laut Maier soll eine von den Innenministern des Bundes und der Länder eingerichtete Arbeitsgruppe zu AfD-Mitgliedern im Staatsdienst in den kommenden Monaten eine gemeinsame Haltung zu Dienstrecht, Waffenbesitz und Sicherheitsüberprüfungen festlegen, wenn die Hochstufung der AfD gerichtlich bestätigt wird.

Die AfD wehrt sich juristisch gegen die Bewertung des Verfassungsschutzes, daher ist die Einstufung vorerst ausgesetzt.

Björn Höcke auf einer Veranstaltung in Thüringen: Der AfD-Politiker ist beurlaubter Beamter. Foto: dpa

Prämie für Schnüffler

Die Wiesn-Wirte haben sich mit Gutscheinen bei den Sprengstoffspürhunden für ihre Arbeit auf dem Oktoberfest bedankt. „100 Euro pro Hund“ solle es für die Hundestaffel geben, sagte Wiesn-Chef Christian Scharpf – „weil das schon sehr außergewöhnlich war, was wir da erlebt haben“.

Nach einer Bombendrohung am Mittwoch hatten Polizisten mit Sprengstoffhunden das Gelände abgesucht. Nach Angaben der Münchner Polizei waren zwischen 25 und 30 Hunde auf dem Gelände im Einsatz.

Während die Prämie zweifellos eine erfreuliche Geste darstellt, bin ich nicht sicher, ob die Hunde im ausreichenden Maß in ihre Ausgestaltung einbezogen wurden. Könnten sie frei Schnauze entscheiden, würden sie vermutlich 100 Weißwürste den 100 Euro vorziehen.

Ich wünsche Ihnen einen wohlschmeckenden Wochenauftakt.

Herzliche Grüße,

Verwandte Themen AfD Bundeswehr Donald Trump Dietmar Woidke Friedrich Merz

Ihr

Christian Rickens

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt