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Weekend-Briefing Merkels Wirtschaftsbilanz, SPD überholt Union, steigende Preise: Der Wochenrückblick des Chefredakteurs

Die Bundeskanzlerin hat eine Rückschau auf ihre Amtszeit geworfen. Deutsche Top-Ökonomen stellen ihr ein ernüchterndes Zeugnis aus. Was uns sonst noch beschäftigt hat.
28.08.2021 - 07:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

Angela Merkel nutzte vergangene Woche ihren Auftritt im Berliner Tempodrom nicht nur, um dem angeschlagenen Kanzlerkandidaten Armin Laschet den Rücken zu stärken. Sie hielt auch Rückschau auf ihre eigene Amtszeit: Einen intakten Arbeitsmarkt lasse sie zurück, solide Staatsfinanzen, einen stabilen Euro. „Ich könnte natürlich Weiteres nennen, damit daraus eine Bilanz wird“, sagte Merkel. Aber das mache sie bewusst nicht: „Ich habe das auch immer abgelehnt, weil die eigentliche Bilanz wirklich andere machen sollen.“ Sie sei logischerweise befangen.

Unser Berliner Büro hat die Worte der Kanzlerin als Aufforderung verstanden und eine ökonomische Bilanz der Ära Merkel gezogen. In 16 Grafiken erklären die Kollegen, die Merkel seit vielen Jahren kennen, wie die Kanzlerin das Land verändert hat – und was am Ende liegen geblieben ist.

„Die Deutschen haben sich den Wonnen einer Wohlstandsillusion hingegeben. Angela Merkel hat mit ihrer Politik maßgeblich zu diesem Sommerschlaf beigetragen“, schreiben die Titelautoren Martin Greive, Jan Hildebrand und Thomas Sigmund.

Quelle: Mona EIng, Michael Meissner
Das Handelsblatt blickt auf die 16 Jahre Amtszeit der Bundeskanzlerin zurück.
(Foto: Mona EIng, Michael Meissner)

Meine Berliner Kollegen haben aber nicht nur die wichtigsten Zahlen analysiert. Sie haben auch deutsche Top-Ökonomen gebeten, die Ära Merkel zu sezieren.

  • In der Umweltpolitik habe es zwar in den vergangenen Jahren ambitionierte Initiativen gegeben, schreibt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm: „An einem Gesamtkonzept für die Umsetzung fehlt es jedoch noch immer.“
  • ifo-Präsident Clemens Fuest lobt die stabilen Staatsfinanzen, kritisiert aber den „Verfall der Reformbereitschaft“.
  • Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer wiederum mahnt: „In einer Welt mit so raschem technologischen Wandel und immer stärkerer internationaler Konkurrenz braucht es unbedingt agilere Politik- und Verwaltungsstrukturen.“
  • „In einer Hinsicht ist Angela Merkel einer deutschen Tradition treu geblieben: geoökonomischer Zurückhaltung und Anspruchslosigkeit“, schreibt IfW-Chef Gabriel Felbermayr. „Dabei passt diese Tradition deutscher Zurückhaltung nicht mehr in die Zeit.“

Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup bringt es so auf den Punkt: „Das zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts wird als eine ,goldene Dekade‘ in die deutsche Wirtschaftsgeschichte eingehen.“ Dennoch hätten die letzten beiden von Angela Merkel geführten Bundesregierungen es billigend in Kauf genommen, „dass die digitale Infrastruktur des Landes viel zu langsam ausgebaut und der Wertschöpfungsanteil hochtechnologischer und wissensbasierter Produkte kleiner wurde.”

Was uns diese Woche sonst noch beschäftigt hat:

1. Es war ein kleines politisches Beben, mit dem noch vor einigen Wochen niemand ernsthaft gerechnet hätte: Zum ersten Mal seit 2006 ist die SPD in einer Umfrage stärkste politische Kraft in Deutschland. Die Wahlkampfstrategie der SPD scheint aufzugehen, analysiert Martin Greive. Teil dieser Strategie ist es übrigens, im Wahlkampf alle Vertreter des linken Parteiflügels zu verstecken – und viele ihrer Ideen, die in SPD-Kreisen durchaus großen Rückhalt genießen.

Grafik

2. Bislang sorgte Tesla nur bei Autoherstellern für Aufregung. Nun auch bei Energiekonzernen, wie Jürgen Flauger und Thomas Jahn erfuhren. Der Grund: Der Elektroautopionier bietet nicht nur einen ersten Stromtarif an. Sondern auch eine KI-basierte Handelsplattform. Tesla-Kenner überrascht dieser Schritt indes nicht. Das US-Unternehmen will schon lange mehr sein als nur ein Autohersteller.

Quelle: Reuters
Tesla-Chef Elon Musk drängt entschlossen in den Energiemarkt.

3. Seit Monaten treibt das Regime in Peking die chinesischen Tech-Konzerne vor sich her. Das verscheucht nun zunehmend internationale Investoren, schreiben Sabine Gusbeth und Anke Rezmer. Während die New Yorker Börse immer neue Rekordwerte erreichte, verlor in Hongkong der Hang-Seng-Index seit Mitte Februar rund 20 Prozent. Das zeigt auch: Das Regime in Peking akzeptiert keine Datenmacht neben sich. Auch wenn es Milliarden kostet. Und so wird Chinas Tech-Industrie für Investoren zur Falle.

Grafik

4. Die Inflation in Deutschland ist auf ein 30-Jahres-Hoch geklettert. Diese Entwicklung haben viele Ökonomen nicht kommen sehen. Julian Olk analysiert die Gründe und beschreibt, was der Irrtum der Ökonomen über eine mögliche künftige Preisentwicklung lehrt. Sehr früh warnte übrigens mein Kollege Bert Rürup vor höheren Preisen.

5. Streitgespräche sind aus meiner Sicht eine viel zu wenig gepflegte Stilform. Denn in der Kontroverse, dem Wettstreit von Meinungen und Ideen ergibt sich ein Bild. Leider bleiben die Kontrahenten in solchen Interviews oft zu harmlos. Nicht so die Ökonomen Marcel Fratzscher und Justus Haucap, die im Handelsblatt über die Frage stritten, wie gerecht es in Deutschland zugeht, ob die Erbschaftssteuer bei null oder hundert Prozent liegen sollte – und wie viel Geld der Staat wirklich braucht.

6. US-Börsen sind um eine Kuriosität reicher, schreibt Andreas Neuhaus. Die Aktie des US-Unternehmens Support.com legte allein am Freitag um bis zu 200 Prozent zu. Auslöser war eine Ausnahmesituation an der Börse, bei der eine Aktie innerhalb von kurzer Zeit extrem steigt: ein „Short-Squeeze“. Dazu kommt es, wenn viele Hedgefonds ihre Wetten auf fallende Kurs auflösen müssen.

In den USA ist es mittlerweile ein regelrechter Trend geworden, auf dieses Phänomen zu wetten. Research-Häuser wie Fintel und S3 Partners oder Webseiten wie Shortsqueeze.com bieten sogar Rankings mit den Aktien an, bei denen ein Short-Squeeze bevorstehen könnten. Dabei mischen nicht nur risikobereite Privatanleger wie die sogenannten Reddit-Trader mit, sondern auch Hedgefonds – die damit gegen andere Hedgefonds wetten. Als wäre das nicht absurd genug, haben durch diese Entwicklung gerade Aktien von schwachen Unternehmen mitunter besonders großes Kurspotenzial: Denn die Shortseller wetten in der Regel nicht ohne Grund auf fallende Kurse.

Quelle: imago/Ikon Images
Für Privatanleger ist die Wette auf einen Short-Squeeze riskant.
(Foto: imago/Ikon Images)

7. Zu den spannendsten Zukunftstechnologien gehören die sogenannten DNA-Speicher. Tech-Start-ups aber auch Konzerne wie Microsoft hoffen bei dieser Fusion von Biologie und Informatik auf einen Milliardenmarkt und ein völlig neues Geschäftsfeld. Denn im Erbgut können gewaltige Datenmassen auf kleinstem Raum gespeichert werden, berichtet Jakob Blume. Aus meiner Sicht eine der faszinierendsten Geschichten der Woche.

8. Viele Unternehmen in Dax und MDax haben eine historische Rekordjagd hinter sich. Nur noch wenige sind günstig zu haben, analysiert Handelsblatt-Börsenexperte Ulf Sommer – und porträtiert die aussichtsreichsten Werte. Sein Fazit: Nur bei fünf von 90 Aktien lohnt der Einstieg.

Quelle: Bloomberg
Die Aktien von BMW, Deutsche Bank, BASF, K+S und Wacker Chemie sind derzeit günstig bewertet.
(Foto: Bloomberg)

9. In meinem Podcast Handelsblatt Disrupt habe ich schon öfter über Künstliche Intelligenz gesprochen. Selten hatte ich zu dem Thema aber ein so informatives wie unterhaltsames Gespräch wie mit dem KI-Experten und Unternehmer Jonas Andrulis. Der Heidelberger arbeitet mit seinem Start-up Aleph Alpha an der neuen Generation der Künstlichen Intelligenz, die – so sagt er – eine industrielle Revolution auslösen werde. Wir haben diskutiert, ob das wieder eine dieser Visionen ist, die niemals Wirklichkeit werden. Und wie es ist, bei Apple zu arbeiten: Dort hat Andrulis unter anderem an der Entwicklung von Siri mitgearbeitet, Apples Spracherkennung, die allerdings allzu oft nicht versteht, was man von ihr will.

Ihnen ein schönes Wochenende – frei von jeglichen Missverständnissen

Herzlichst
Ihr

Sebastian Matthes

Chefredakteur Handelsblatt

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