Autohandel Elektro-Kaufprämie wird zum Risiko: Autohandel warnt vor unkalkulierbaren Restwerten
- Spotpress

Viele Händler fürchten, auf gebrauchten Elektroautos sitzenzubleiben.
Köln Als Anfang Januar das Kraftfahrtbundesamt (KBA) seine Kfz-Neuzulassungsgesamtbilanz für 2020 veröffentlichte, durfte man sich ein wenig wundern: Hinsichtlich der explodierenden Zuwächse bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden schien im sonst sachlich gehaltenen Pressetext der Flensburger Beamten fast so etwas wie Euphorie mitzuschwingen.
Doch der Boom kommt nicht aus heiterem Himmel, sondern wurde mit gewaltigen Subventionen wie der Innovationsprämie sowie mit Rabatten seitens der Hersteller teuer erkauft.
Mittlerweile mehren sich kritische Stimmen, die vor der marktverzerrenden Lenkungswirkung der großzügigen Bezuschussungspolitik warnen. Das süße Gift des geschenkten Geldes zeigt bereits seine Wirkung und sorgt für erste Verwerfungen im Automarkt. Einigen Akteuren könnte der künstlich erzeugte Boom jedenfalls teuer zu stehen kommen.
„Grundsätzlich muss man sagen, wenn es keine Veränderung gibt, was die Bepreisung angeht und es so weiter geht, dann wird ganze System kollabieren“ warnt etwa Lukas Steinhilber, Gründer und Geschäftsführer des Leasing-Plattform Vehiculum. Im Herbst 2020 hat das Berliner Start-up nach eigenen Angaben mehrere tausend Leasingverträge für Elektroautos zu teilweise atemberaubend günstigen Konditionen vermittelt.
Um seine Angebote zu kalkulieren, bekommt Vehiculum vom Händler beziehungsweise Hersteller Preise genannt, die zum Teil bereits hohe Nachlässe beinhalten. Zusätzlich kommt im Fall der Elektroautos noch die besonders hohe Umweltprämie obendrauf, was sich auf einen Gesamtrabatt von teilweise über 60 Prozent im Vergleich zum Listenpreis aufaddieren kann.
Für Vehiculum ist das eigentlich gut, denn die günstigen Preise verfangen bei den Kunden. Lag der Anteil vermittelter E-Autos und Plug-in-Hybride Anfang 2020 noch bei rund sieben Prozent, ist er zum Jahresende auf über 90 Prozent gestiegen. Doch das Problem sieht Steinhilber in der Weitervermarktung künftiger Leasing-Rückläufer.
Denn wenn diese nach zwei Jahren in signifikanter Menge an den Händler zurückgehen, muss dieser die Autos zu vom Hersteller kalkulierten Restwertpreisen vermarkten, die oftmals nur knapp unter und teilweise sogar über den faktischen Neupreisen liegen. „Aus rein mathematischer Sicht ergibt das überhaupt keinen Sinn“, mahnt Steinhilber.
Gebrauchte Elektroautos sind teurer als Neuwagen
Wenn zwei Jahre alte Elektroautos mit 20.000 Kilometern auf dem Tacho ähnlich teuer wie ein neues Fahrzeug sind, seien diese nicht zu vermarkten. „Wir verstehen die Notwendigkeit für diese Prämie und es ist auch gut, dass wir auch voll auf elektrisch und hybrid gehen. Doch wenn sich nichts an den Nachlässen oder den kalkulierten Restwerten ändert, werden dort, wo Händler das finanzielle Risiko der Weitervermarktung tragen, in den kommenden Jahren einige von ihnen umkippen.“
Das derzeit sich auftürmende Problem unkalkulierbarer Altlasten sorgt in Händlerkreisen mittlerweile sogar für offen geäußerten Unmut. So berichtete kürzlich die „Automobilwoche“, dass bei Opel-Händlern und dem Händlerverband bereits die Angst umgehe, künftig auf gebrauchten E-Autos sitzen zu bleiben.
„Die derzeitigen Förderkulissen im Bereich der Elektromobilität führen zu einer Verzerrung der Gebrauchtwagenpreise“ warnt auch Autoexperte Stefan Bratzel von der FH Bergisch Gladbach. „Die Wiedervermarktung von Leasingrückläufern kann problematisch werden, da die kalkulierten Restwerte der E-Autos zu hoch sind. Damit entsteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Leasingunternehmen“ schätzt Bratzel das Problem ein.
Dort wo hingegen die Captive-Banken der Autohersteller die Restwerte stützen und damit das Risiko der Händler teilweise auffangen, profitieren Autokunden von drastisch gesunkenen Gebrauchtpreisen. Gut beobachtbar ist das etwa beim Forfour ED der Daimler-Tochter Smart. Hier werden junge Gebrauchte mit oft geringer Laufleistung zu bereits vierstelligen Preisen angeboten, obwohl die offiziellen Neupreise sich meist zwischen 23.000 bis über 26.000 Euro bewegten.
Wer bislang aufgrund der vergleichsweise hohen Anschaffungskosten vor dem Kauf eines E-Autos zurückschreckte, findet mittlerweile aus Verbrauchersicht paradiesische Zustände auf den Neu- und Gebrauchtmarkt auf vor.
Autoexperte: Keine Kaufprämie, sondern ein Verbrennerverbot
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kritisiert ebenfalls den marktverzerrenden Einfluss der extrem hohen, und für Staat und Steuerzahler teuren Subventionen, welche die Restwerte gebrauchter Elektroautos seiner Ansicht nach zerstören. Er plädiert deshalb für andere staatliche Lenkmechanismen, um die E-Mobilität in Deutschland voranzubringen und um künftige CO2-Ziele zu erreichen.
Seiner Ansicht nach wäre die Ankündigung eines verbindlichen Ausstiegsdatums für Verbrenner, etwa wie es Japan für das Jahr 2035 angekündigt hat, ein besser geeigneter Hebel. Das würde auch den Autobauern erlauben, die Nachfrage nach Elektroautos mit weniger Risiko und hoher Investitionssicherheit einschätzen zu können.

Der Gründer und Geschäftsführer des Leasing-Plattform Vehiculum, warnt davor, das Vermarktungsrisiko von Leasing-Rückläufern auf den Autohandel abzuwälzen.
Als weitere Maßnahme empfiehlt Dudenhöffer eine deutliche Anhebung der Mineralölsteuer. Würden die Preise für Diesel und Benzin um etwa 50 Cent pro Liter steigen, würde sich das elektrische Auto rasch und ganz ohne Zuschüsse als feste Marktgröße etablieren. Die höheren Spritpreise würden zudem viel Geld in die Staatskasse spülen, statt Milliardensummen in den ohnehin schon schwierigen Corona-Zeiten mit künstlichen Kaufanreizen zu verbrennen.
Für Ferdinand Dudenhöffer ist die Subventionslösung jedenfalls „eine Art Strohfeuer, das mit viel Steuergeld gezündelt wird“. Der Autoexperte glaubt ohnehin nicht, dass die Innovationsprämie, wie im vergangenen November von der Bundesregierung beschlossen, wirklich bis 2025 Bestand haben wird.
Lukas Steinhilber von Vehiculum will hingegen nicht die Politik der Innovationsprämie an den Pranger stellen, sondern vor einer ruinösen Preispolitik seitens der Autohersteller und ihrer Banken warnen. Wenn die derzeitige Praxis über Jahre weitergeht, werden sich jedenfalls bei den Händlern die guten und eigentlich günstigen E-Autos aus zweiter Hand stapeln, da sich Kunden lieber für ein neues und teilweise sogar günstigeres Neufahrzeug entscheiden werden.
Wenn jedoch ein mittelgroßer Händler 100 Fahrzeuge mit drei- bis fünftausend Euro abschreiben muss, wird für ihn die Luft schnell dünn. Für Lukas Steinhilber wäre es deshalb die beste Lösung, wenn neben einer Senkung der herstellerseitig gewährten Rabatte für neue E-Autos und Plug-in-Hybride außerdem die Hersteller-Banken ihre Restwertprognosen auf ein vermarktbares Maß senken würden.
Mehr: „Überbuchung“: Opel storniert Hunderte Bestellungen für den Mokka-e
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Das Problem liegt wohl in der geringen Haltedauer von 6 Monaten. Eine längere Haltedauer würde das Problem entzerren.
Der Einschätzung von Dudenhöfer stimme ich zu. Das ist aber gegen die Automobilhersteller nicht durchsetzbar. Die haben sich dieses Model gewählt. Und die entscheiden.
@Heck
VW gibt auf E-Autos 4 Jahre Garantie, auf Verbrenner 2. Auf Batterie und Motor 8 ! Jahre.
Wenn VW 8 Jahre Garantie auf Verbrennungsmotoren geben würden, wären entweder VW oder die Werkstätten pleite. (Durch die haltbaren Elektromotoren machen die Werkstätten pleite. Aber auf Raten, das stört dann nicht.) Über Haltbarkeit muss man sich keine Sorgen machen.
Jeder sollte doch wissen wie lange so ein "mobiler PC " wirklich ohne Störungen läuft.
Wer's braucht.
Immer wenn der Staat mit Subventionen eingreift bilden sich Blasen, welche irgendwann platzen. Man muß ja nicht gleich mit allem was der Staat macht mitschwimmen. "Mit Speck fängt man Mäuse" oder "mit Förderungen fängt man Bürger". Na und - schließlich hat jeder die Entscheidung selbst getroffen.
"Wenn zwei Jahre alte Elektroautos mit 20.000 Kilometern auf dem Tacho ähnlich teuer wie ein neues Fahrzeug sind, seien diese nicht zu vermarkten"
Wenn man das Geschäft macht und dann erst später die (schon früh bekannten) Risiken sieht, ist das immer schlecht. Ergibt eine gut Aussagekraft über die Qualität des Managements bei Vehiculuum. Wenn sie dort clever waren, haben sie das Risiko auf den Kunden abgewälzt (muss die Restwertdifferenz ausgleichen). Dann gilt der Spruch: Die Menschen wollen übers Ohr gehauen werden. Daran sind sie dann selbst schuld.
Alle ehrlichen Berechnungen zu CO2-Emissionen von E-Autos im Vergleich zu modernen Verbrennern zeigen, dass e-Autos während ihres Lebenszyklus höhere CO2-Emissionen aufweisen. Je größer die Batteriekapazität und der PKW desto größer die Differenz. Nur die Schönrechner, die von grüner Energie und grünem Strom sprechen, die bei Herstellung und Betrieb eines E-Autos herangezogen werden, kommen auf andere Ergebnisse. Das ist so, wie mit dem Kuchen. Wenn der Kuchen zu 40% aus Apfelkuchen und 60% aus Schokoladenkuchen besteht, dann muß der eine den Apfelkuchen und der andere den Schokoladenkuchen essen. Der grüne Strom wird beim heutigen Strommix in D ergo heute schon verbraucht, und wer heute ein E-Auto kauft, der bekommt den Schokoladenkuchen. Es sei denn, er nimmt jemand anderen den Apfelkuchen weg. Was aber dem Klima nicht hilft, da der andere dann eben Schokoladenkuchen essen muß;--)
Ergo ist die ganze Elektrobatterie nicht nur eine Umweltsünde ersten Grades, sondern auch die praktischen Probleme wie z.B. die der Entsorgung sind ungeklärt. Dazu kommt die Zerstörung von Natur und Grundwasser bei der Förderung von Lithium und die mehr als zweifelhaften Methoden bei der Förderung von Kobalt, etc. in Ländern wie dem Kongo. Wir schaffen uns mit dieser Technologie ein Problem für die Zukunft. Ich gebe auch zu Bedenken, dass die meisten Käufer das E-Auto als Zweitwagen nutzen, sie also nie nennenswerte km zusammen bekommen, um die bei der Herstellung der Batterie bereits getätigten Emissionen halbwegs zu neutralisieren. Ein Land wie D sollte sich zu Technologieoffenheit bekennnen, alles andere ist kurzsichtig und unserem Land nicht würdig.
In Deutschland ist anscheinend nicht allen klar und bewußt, dass man unmittelbar und mittelbar über "30 Prozent der Wirtschaftskraft" zusätzlich auf's Spiel setzt.
Und eine eierlegende Wollmilchsau im Zeitalter von 4.0 ala Google, Amazon, Apple, Alibaba, Microsoft, Netflix, Facebook & Co. kann ich nicht erkennen, die Deutschland den Wohlstand in den nächsten beiden Jahrzehnten sichern kann.
Die Wirtschaft mit ihren alten grauen Herrn CEO's und die Poltiker/- innen haben bei der Transformation sich in den letzen beiden Jahrzhnnten lieber auf die 'Old Economy' verlassen. Aber das heißt nicht, dass es auch noch so in den nächsten beiden Jahrzehnten funktionieren wird.
Die Sozialausgaben sind heute schon größer als die Wirtschaftsleistung des Landes. Und dann auch hier ein weiterer neuer Weg wegen 2 Prozent mehr oder weniger Co2, der mit dem Co2-Hype Intellektueller und die sich dafür halten, in die falsche Richtung geht.
Man muß ja nur mal an die Abschaltung der Atomkraftwerke erinnern. Haben das andere Länder auch gemacht, vor allem Indien, China und USA?
Auch hier wird uns keiner folgen, wetten?
Und dann die Diskussionen 130. Mann o Mann oder doch lieber Frau o Frau.
In den USA fahren welche Autos und was kostet 1 Gallone Sprit?
Es wird auch unter Biden keine Sau wirklich interessieren, was Deutschland sich weiter zumuten wird.