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China-SUV Was haben wir gelacht – der MG ZS EV im Handelsblatt-Autotest

Chinesische Autos wurden in Deutschland lange belächelt. Nun wagt sich der nächste Chinese mit einer Traditionsmarke zurück ins Autoland. Kann das gelingen?
10.02.2021 - 09:44 Uhr Kommentieren
Der Chinese hat ein durchaus gefälliges Design.
MG ZS EV

Der Chinese hat ein durchaus gefälliges Design.

Düsseldorf Dass China mittlerweile der größte Automarkt der Welt ist, weiß jeder. In Deutschland werden die Hersteller aus Fernost trotzdem gerne noch mit einem Lächeln abgetan. Unvergessen der „Landwind“, dem einst auf der IAA ein Türgriff abfiel. Unvergessen die hilflosen Kopien westlicher Erfolgsautos. Unvergessen auch die ganzen selbst ernannten Herausforderer von Borgward über Byton bis Qoros, die als Tiger lossprangen und als Bettvorleger landeten. Was haben wir gelacht.

Doch in den kommenden Jahren könnte den selbstbewussten deutschen Automarken das Lachen eventuell vergehen. Neue Marken aus China wie Nio und XPeng stehen vor dem Tigersprung auf den Weltmarkt. Sie wollen wiederholen, was Marken wie Huawei und OnePlus bei Smartphones bereits gelungen ist: zur internationalen Spitze aufschließen.

Ein weiterer Herausforderer kommt einem namentlich sehr bekannt vor: MG war einst Traditionsmarke aus dem Rover-Reich, berühmt für ihre sportlichen Roadster. Mitte 2005 mussten die Briten Konkurs anmelden – und wurden von der chinesischen Nanjing Automobile übernommen, die wiederum später vom chinesischen Staatskonzern SAIC übernommen wurde.

MG verschwand zunächst aus Europa. Der neue Eigentümer verkaufte unter der Marke günstige Einstiegsautos für Schwellenländer, die zwar nichts mehr mit der DNA der Marke zu tun hatten, aber immerhin vom wohlklingenden europäischen Namen profitierten. In China gehört SAIC, die zusammen mit internationalen Partnern wie Volkswagen und General Motors in Joint Ventures zusammenarbeiten, zu den Marktführern.

Mittlerweile scheint man genug Selbstbewusstsein und technisches Know-how gesammelt zu haben, um die großen Partner auch in ihren Heimatmärkten herauszufordern. Der MG ZS ist da die Speerspitze. Das SUV, das seit 2017 gebaut wird, kommt als elektrische Variante auch nach Deutschland. Es ist der erste Chinese im Handelsblatt-Autotest – und es fällt einem schwer, sich von den eigenen Vorurteilen freizumachen.

Die Front erinnert an VW und Mercedes.
Diamantgrill

Die Front erinnert an VW und Mercedes.

Das Glasdach sorgt für einen hellen Innenraum.
Panorama inklusive

Das Glasdach sorgt für einen hellen Innenraum.

Der erste kritische Blick auf Karosserie und Innenraum ist eine einzige Fehlersuche, die aber – so ehrlich muss man sein – ziemlich ergebnislos endet. In der Verarbeitung muss sich der MG ZS EV nicht mehr vor der westlichen Konkurrenz verstecken. Die Front erinnert ein bisschen an einen Mazda CX-30, den Diamantgrill hat man sich bei Mercedes abgeschaut, das Heck erinnert an einen VW Tiguan. Trotzdem ist das hier keine dreiste Kopie, wie man sie mitunter von chinesischen Herstellern kennt, sondern einfach ein gefälliges, massentaugliches Medley der besten Designideen.

Auch im Innenraum gibt sich der Tiguan-Konkurrent keine Blöße. Mit schwarzem Kunstleder, einem dicken Touchscreen in der Mittelkonsole und Chrom-Elementen kann dieser Chinese sich mit der europäischen Konkurrenz messen. Wo andere Konkurrenten auf Hartplastik setzen, wird hier schon mal aufgeschäumter Kunststoff eingesetzt. Wer auf abfallende Bauteile gehofft hatte, kann an dieser Stelle aufhören zu lesen. Hier gibt es nichts zu lachen.

Seine größten Probleme verdankt der Wagen seiner Verbrennerbasis. Technologisch basiert das SUV auf der Benzinvariante – und das merkt man leider. Unter der Motorhaube haben die Chinesen bei der Umrüstung von Verbrenner auf Elektroantrieb viel Platz verschwendet.

Die Restreichweite wird hinter dem Lenkrad in kleinen Strichen angezeigt, eine detaillierte Anzeige wurde in den Tiefen des Multimedia-Systems versteckt. Das mag für einen Verbrenner vielleicht reichen. Bei einem Elektroauto, dessen Normreichweite von 263 Kilometern bei kaltem Wetter reine Utopie ist, wäre eine Anzeige in Prozent oder verbliebenen Kilometern buchstäblich zielführender. Denn auch bei der Batterie waren die Chinesen mit 44,5 Kilowattstunden eher sparsam.

Unaufgeregt steuert der MG durch den Stadtverkehr, auf 60 Stundenkilometer beschleunigt der ZS in 3,1 Sekunden. Für die Autobahn ist der Chinese aber nur bedingt geeignet, ab 140 Stundenkilometern ist Schluss. Das ist auch vernünftig, bei allzu hohen Geschwindigkeiten schmilzt die Reichweite so schnell, dass man an eine längere Urlaubsausfahrt gar nicht denken will. Der Hersteller nennt das Auto im Werbesprech „Real City SUV“ – und das sollte man ernst nehmen.

Auch beim Platz kann sich der MG ZS EV mit der Konkurrenz messen.
Großer Kofferraum

Auch beim Platz kann sich der MG ZS EV mit der Konkurrenz messen.

Der Gangwechsel per Drehrad funktioniert beim Start nicht immer.
Kommt schwer in die Gänge

Der Gangwechsel per Drehrad funktioniert beim Start nicht immer.

Laden ist mit dem MG ZS EV einfach und schwer zugleich. Der Ladeanschluss ist unter dem Markenlogo an der Front versteckt. Das wird nach oben geschoben, dann kann die Ladung starten. Das ist etwas hakelig – doch wenn man einmal weiß, wie es geht, dann geht es. Geladen wird nur, wenn das Fahrzeug verschlossen ist.

An Gleichstrom-Schnellladestationen kann der MG dank CCS-Anschluss mit 85 kW theoretisch innerhalb von 40 Minuten 80 Prozent der Batterie aufladen. Das ist schnell. Bei sehr kalten Temperaturen ging das Laden im Test allerdings deutlich langsamer voran. Sn den in Deutschland verbreiteten AC-Ladesäulen kommt dieser Chinese ohnehin weder auf 22 kW noch auf 11 kW, sondern nur auf schlappe 7 kW. Eine volle Ladung dauert also mehr als sieben Stunden. An der eigenen Garage mag das okay sein, aber an öffentlichen Ladestationen ist das inakzeptabel – schon aus Rücksicht auf andere Elektroauto-Fahrer.

Immerhin ist der MG im Test relativ sparsam unterwegs. Wer vorausschauend fährt und die verbaute Rekuperation nutzt, kann die 18,6 kWh Normverbrauch locker unterbieten. Im Test landen wir bei kaltem Wetter und eingeschalteter Heizung nur etwas darüber.

Mit der ganzen Kraft des 143-PS-Motors kann der MG nicht immer umgehen, Anfahren im Sportmodus endet unfreiwillig mit einem Kavalierstart. Die umstehenden Passanten schauen mit Unverständnis auf das SUV, das mit quietschenden Vorderreifen lossprintet. Ein Blick ins System zeigt: Die Traktionskontrolle hat sich wohl im Sportmodus ausgeschaltet. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern gefährlich.

Gut dagegen: Anders als viele andere Modelle seiner Preisklasse hat der MG ZS EV einige Assistenten serienmäßig an Bord, die bei der Konkurrenz aufpreispflichtig sind. Der adaptive Tempomat hält sicher den Abstand zum Vordermann und auch die Spur hält der MG zuverlässig. Rückfahrkamera und Totwinkel-Assistent sind bei der teureren Version ebenfalls serienmäßig. Beim NCAP-Crashtest, an dem der Landwind einst spektakulär scheiterte, hat dieser Chinese die Höchstpunktzahl von fünf Sternen abgeräumt.

Den USB-Anschluss fürs Smartphone muss man suchen.
Gut versteckt

Den USB-Anschluss fürs Smartphone muss man suchen.

Den Ladeanschluss haben die Chinesen unter dem Markenlogo angebracht.
Gut versteckt II

Den Ladeanschluss haben die Chinesen unter dem Markenlogo angebracht.

Weitere Schwächen offenbart der Chinese erst im Alltag: Gröbere Bodenwellen bekommt man im Innenraum etwas deutlicher zu spüren. Der Fußraum auf der Rückbank ist zwar üppig, nach oben ist der Platz unter dem Panoramadach aber begrenzt. Drei Erwachsene sollten allerdings lieber nicht auf der Rückbank Platz nehmen. Die mittlere Kopflehne haben sich die Chinesen gespart.

Als Familienauto taugt der Chinese, der sich zwischen Kompakt- und Mittelklasse positioniert, aber allemal. Der Kofferraum ist mit 448 Litern größer als im VW T-Roc und mit umgeklappter Rückbank sind es sogar 1116 Liter.

Bei der Vernetzung erfüllt das Auto die gesteigerten Ansprüche. Das verbaute Multimediasystem ist intuitiver als bei vielen westlichen Konkurrenten. Alles wird über große farbige Blöcke gesteuert. Über Android Auto oder Apple Carplay lassen sich gängige Smartphones verbinden. Dazu muss man allerdings ein bisschen suchen. Den USB-Anschluss hat MG unter der Mittelkonsole versteckt. Während der Fahrt will man da lieber nicht rumfummeln.

Lautstärke und Klimaanlage lassen sich dagegen wie gewohnt über Drehknöpfe steuern, die auch benutzerfreundlich platziert wurden. Das dürfte Traditionalisten freuen. Ärgerlich ist nur, dass sich die Sprachsteuerung im Testwagen nicht ansteuern lässt – die entsprechende Taste auf dem Lenkrad kann man drücken, man darf allerdings keine Reaktion erwarten.

Viel Kunstleder und Chrom dominieren im Innenraum.
Qualität im Innenraum

Viel Kunstleder und Chrom dominieren im Innenraum.

Mit seinem Frontantrieb ist der MG ZS EV ein erklärtes Stadtauto.
Nichts fürs Gelände

Mit seinem Frontantrieb ist der MG ZS EV ein erklärtes Stadtauto.

Auch wenn dieser MG wenig mit den einstigen Modellen der britischen Marke zu tun hat: Seine Premiere sollte viele Hersteller, die sich in der europäischen Mittelklasse positioniert haben, aufhorchen lassen. Denn qualitativ kann sich dieser Chinese locker mit Marken wie Fiat, Opel, Hyundai oder auch Renault messen.

Wer pedantisch auf Fehlersuche geht, wird am Ende zwar fündig. Aber perfekt ist in dieser Preisklasse eben niemand. Für Autofahrer, die eher auf den Preis als auf die Marke schauen, kann dieser Chinese eine echte Alternative sein.

Im Vergleich mit einem etwa gleich großen Peugeot 2008-e setzt dieser Chinese preislich deutlich niedriger an. Der Franzose ist ab 35.500 Euro zu haben. Der MG ZS EV startet dagegen samt fünf Jahren Garantie bei 28.420 Euro – wovon noch mal 6.000 Euro staatliche Umweltprämie abgezogen werden können. Selbst die getestete Vollausstattung kommt auf einen Preis von 32.000 Euro. Da dürfte den europäischen Volumenherstellern mit Blick auf die eigene Kostenkalkulation schnell das Lachen vergehen.

Technische Daten

Fünftüriges, fünfsitziges SUV der Kompaktklasse

  • Länge: 4,31 Meter
  • Breite: 1,81 Meter (mit Außenspiegeln: k. A.)
  • Höhe: 1,64 Meter
  • Radstand: 2,58 Meter
  • Kofferraumvolumen: 448 bis 1116 Liter
  • Antrieb: PMS-E-Motor
  • 105 kW/143 PS
  • maximales Drehmoment: 353 Nm
  • 0–100 km/h: 8,2 s
  • Vmax: 140 km/h (abgeregelt)
  • Durchschnittsverbrauch: 18,6 kWh/100 km
  • CO2-Ausstoß: 0 g/km
  • Batteriekapazität: 44,5 kWh
  • Reichweite: 263 km(WLTP), 335 km (NEFZ)
  • Laden: Wallbox (7 kW) ca. 7,5 h, Schnellladen (50 kW) 40 min (80 Prozent)
  • Preis: ca. 32.000 Euro

Mehr: Spaß statt Spießer – der Toyota RAV4 PHEV im Handelsblatt-Autotest

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