E-Bike-Hersteller „Tesla unter den E-Bikes“: Vanmoof sammelt 108 Millionen Euro ein und will den Weltmarkt erobern

Vanmoof profitiert vom durch die Coronakrise beschleunigten Trend zum E-Bike.
Düsseldorf Das Amsterdamer Fahrrad-Start-up Vanmoof der Brüder Taco und Ties Carlier bekommt frisches Geld von Investoren. Nachdem die Gründer im vergangenen Jahr im Mai bereits 12,5 Millionen und im September 34 Millionen Euro eingesammelt haben, beträgt das Volumen der jüngsten Finanzierungsrunde 108 Millionen Euro.
Es ist laut Vanmoof die größte Series-C-Investition, die jemals für eine europäische E-Bike-Marke getätigt wurde. Geldgeber sind die in Asien ansässige Private-Equity-Firma Hillhouse Investment, Gillian Tans, die ehemalige Chefin von Booking.com, der amerikanische Investmentfonds Norwest Venture Partners, der britische Risikokapitalgeber Felix Capital, das Risikokapitalunternehmen Balderton Capital sowie Triple Point Capital. Die USA sind derzeit der am schnellsten wachsende Markt.
Während des Corona-Lockdowns 2020 sorgten die elektrischen Premium-Bikes bei Vanmoof für ein rasantes Wachstum von 220 Prozent weltweit. So eine Bestellflut hatten die beiden Gründer in der elfjährigen Geschichte ihres Unternehmens noch nie zuvor erlebt: „Die Einführung von E-Bikes im täglichen Stadtverkehr ist ein globaler Trend, der sich seit vielen Jahren anbahnt. Covid-19 hat diese Entwicklung beschleunigt“, sagt Mitgründer Ties Carlier. „Unsere Investoren teilen unsere Vision einer intelligenten und sauberen Mobilitätszukunft“, sagt Taco Carlier. Zehn Millionen Räder wollen die Brüder in den nächsten fünf Jahren verkaufen – ihr Unternehmen sehen sie als „Tesla unter den E-Bikes“.
Allein in den ersten vier Monaten des vergangenen Jahres verkaufte Vanmoof nach eigenen Angaben mehr Fahrräder als in den beiden vorangegangenen Jahren zusammen. Insgesamt verbuchten die Gründer, die sich als Marktführer in dem Segment betrachten, 2020 ein Wachstum von 300 Prozent. Einen Börsengang in den kommenden zwei bis drei Jahren sieht Carlier als einen „logischen nächsten Schritt“, wie er dem Handelsblatt sagt.
Fahrradboom ist von Dauer
Allein in Deutschland wurden laut Branchenverband ZIV 2020 mit 1,95 Millionen Elektrorädern 43 Prozent mehr verkauft als im Vorjahr. Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden 3,5 Millionen Neuwagen zugelassen. Bereits im ersten Halbjahr 2021 stiegen die Verkaufszahlen um rund neun Prozent auf 1,2 Millionen Räder. Weltweite Prognosen gehen davon aus, dass der E-Bike-Markt in den nächsten sechs Jahren auf mehr als 46 Milliarden Dollar anwachsen wird. Dabei dürfte die Wachstumsrate doppelt so hoch ausfallen wie noch vor der Coronakrise prognostiziert.
Mit dem frischen Geld wollen die Brüder Carlier nicht nur in 50 Städte weltweit bis Jahresende expandieren, sondern auch die Produktionskapazitäten erhöhen und die Lieferzeiten verkürzen. In der Fangemeinde wird außerdem darüber spekuliert, ob das Gründerteam noch in diesem Jahr sein viertes Modell, S4 und X4, auf den Markt bringt, das einen herausnehmbaren Akku bekommen könnte. Bislang musste man sein 2200-Euro-Gefährt (das zuletzt 200 Euro teurer wurde) mit in die Wohnung oder runter in den Keller schleppen, um es aufzuladen. Bei einem Gewicht von mehr als 20 Kilogramm dürfte das manchen Käufer abgeschreckt haben.
Auch der Service über die obligatorische App soll weiter verbessert werden. Ties Carlier: „Die Wartung eines Vanmoof-E-Bikes wird so einfach sein, wie Essen online zu bestellen.“ Das Besondere an den smarten Rädern, denen man ihren E-Motor nicht ansieht: Sie verfügen über einen integrierten GPS-Sensor – damit können sie von den hauseigenen „Fahrradjägern“, die Vanmoof beschäftigt, leicht geortet und dem Besitzer nach einem Diebstahl zurückgebracht werden. Gelingt das nicht, bekommt der Besitzer das Rad einfach ersetzt.
Brüder Carlier sind Seriengründer
Vanmoof hat inzwischen 200.000 Fahrräder weltweit verkauft – im Direktvertrieb, aber auch über einige eigene Shops. Ähnlich machen es die beiden Rivalen Cowboy aus Belgien und Ampler aus Estland, die sich mit den Niederländern ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktführerschaft in dem Segment liefern. Über 650 Mitarbeiter arbeiten inzwischen für Vanmoof.

Ein wesentlicher Wachstumstreiber war die Einführung der neuen Modelle S3 und X3.
Die Carlier-Brüder haben sich mit Vanmoof als erfolgreiche Seriengründer etabliert. Taco, 42, und Ties, 41, haben bereits Payfield entwickelt, einen Zahlungsdienstleister für Veranstaltungen, sowie Dutchband, ein Unternehmen, das Technologie zur Identifikation bei Events anbietet.
Mit Vanmoof haben sich Industriedesigner Taco und sein Bruder, Ingenieur für Automatisierungstechnik, den Traum von einem idealen Stadtrad erfüllt. Der Name ist Programm: „Moof“ steht für Bewegung, das „Van“ macht klar, dass dieses Produkt aus den Niederlanden kommt.
Die Gründung von Vanmoof soll ihren Ursprung in mehreren Strafzetteln haben, die Taco Carlier wegen ständig defekter Lampen an seinem Hollandrad von der Polizei erhielt. Daraufhin fingen die Brüder an, an einem Prototyp zu tüfteln, der Komponenten wie LED-System oder Schloss direkt im Rahmen integriert hat.
Mehr: Vanmoof-Besitzern drohen Bußgelder und Stilllegung ihrer Räder
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