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Elektromobilität Familienkutsche mit Formel-1-Herz – der Renault Megane Grandtour E-Tech im Handelsblatt-Autotest

Der Megane Grandtour will den Familienkombi umweltfreundlicher machen. Im Test trifft der Franzose auf einen hartnäckigen und jungen Kritiker.
06.01.2021 - 10:38 Uhr 1 Kommentar
Der kompakte Kombi ist mittlerweile auch halbelektrisch erhältlich. Quelle: Renault
Renault Megane Grandtour E-Tech

Der kompakte Kombi ist mittlerweile auch halbelektrisch erhältlich.

(Foto: Renault)

Frankfurt Das gute Gewissen sitzt auf dem Rücksitz und heißt Tim. Mein achtjähriger Sohn mustert den Renault Megane mit kritischem Blick. „Das ist ja irgendwie auch ein Elektroauto, oder?“, fragt er. Und tatsächlich: Im Gegensatz zu unserem Familienauto ist dieser Kombi ein Plug-in-Hybrid, also halbelektrisch unterwegs.

Für „Fridays for future“ ist Tim noch etwas zu jung, aber er weiß, dass sich die Erde aufheizt. Aber auch sein Verhältnis zu Autos ist ambivalent. Schon bei seinen Spielzeugautos waren ihm Sportwagen deutlich lieber als die umweltfreundlichen Familienkombis, und auch auf der Straße schaut er ihnen deutlich häufiger nach – diesen inneren Widerspruch teilt er mit vielen Autofahrern.

Auch wenn mittlerweile viele Umweltschutz als Notwendigkeit sehen, steht der Fahrspaß oftmals noch im Vordergrund. Dieser Renault Megane soll so etwas wie der perfekte Kompromiss sein. Ein Familienauto, das sowohl groß und sportlich als auch sparsam ist.

Ausgestattet mit einem 1,6-Liter-Motor und Elektroantrieb kommt der Renault auf eine Leistung von 158 PS, die eine Höchstgeschwindigkeit von 183 Stundenkilometern erlaubt. Flott und komfortabel soll es auch auf der Langstrecke gehen, so das Versprechen.

Der kombinierte Verbrauch auf 100 Kilometer liegt gemäß WLTP-Standard, also nach Herstellerangaben gemessen, bei 1,3 Liter Sprit. Offiziell bewirbt der Hersteller sein Familienauto sogar mit ein bisschen Rennsport-Flair. Für das Antriebskonzept habe man auf die Erfahrungen aus der Formel 1 zurückgegriffen. Wer sich nun mit quietschenden Reifen aus der heimischen Reihenhaus-Boxengasse düsen sieht, dürfte trotzdem enttäuscht werden.

Auf der Straße zeigt sich der Megane unaufgeregt. Bei der Beschleunigung macht sich die zusätzliche Last für Batterie und E-Antrieb bemerkbar, eher träge reagiert das Fahrzeug beim Tritt auf das Gaspedal. Bei einer flotten Fahrt über die Autobahn ist die Batterie indes schneller geleert; das Problem teilt der Franzose mit jedem anderen E-Fahrzeug.

Das Logo ist beim Kombi genauso prominent platziert wie bei anderen Renault-Modellen. Quelle: Renault
Selbstbewusste Front

Das Logo ist beim Kombi genauso prominent platziert wie bei anderen Renault-Modellen.

(Foto: Renault)

Aus der Formel 1 stammt auch das Sechs-Gang-Getriebe, das sauber durchschaltet. Dynamisch ist der Megane nicht, dafür aber komfortabel. Im reinen E-Betrieb geht es durch die Straßen von Frankfurt. Wer den „B-Modus“ einschaltet und vorausschauend fährt, kann sich ein wenig Energie über die Rekuperation zurückholen. Eine Bremse braucht man dann nicht mehr. Die Spitzengeschwindigkeit ist dabei elektrisch auf 135 Stundenkilometer gedrosselt. Außerhalb der Innenstadt sollte man ohnehin lieber auf den Hybridbetrieb setzen

Mehr als 50 Kilometer sind rein elektrisch real aber ohnehin nicht drin, auch wenn der Hersteller 65 Kilometer verspricht. Dafür ist die Batterie mit 9,8 kWh einfach zu gering, sogar geringer als im deutlich kleineren Golf GTE. Darum landet man schon nach kurzen Ausfahrten unweigerlich an einer Ladestation.

Wer das Fahrzeug laden will, der muss Geduld mitbringen. Erst einmal für die Suche nach einer Ladestation. Selbst in einem Ballungsraum wie Frankfurt sind die noch spärlich gesät. Dafür kann Renault natürlich nichts. Selbst an gängigen Schnellladesäulen braucht der Vorgang Zeit, denn der Renault lädt mit maximal 3,7 kW. Eine volle Ladung dauert darum bis zu drei Stunden.

Der Ladevorgang wird darum teurer als gedacht: Tim muss ich mit Pizza und Eis bestechen, um die Ladezeit zu überbrücken, und danach ist noch ein längerer Spaziergang nötig. Der Ladevorgang an sich ist kinderleicht. Mit dem beigepackten Kabel einfach das Fahrzeuge mit der Ladesäule verbinden, schon kann es losgehen.

Das größte Problem des Renault Megane Grandtour ist aber, dass er seinem Namen nur bedingt gerecht wird. Denn gerade für eine große Ausfahrt fehlt ihm ein entscheidender Vorteil eines Kombis: Platz. Der Kofferraum packt– anders als bei vielen Verbrennerkonkurrenten – gerade einmal das Volumen eines Wocheneinkaufs. Ein Kinderwagen muss dann aber zu Hause bleiben. Die Rückbank ist zwar mit zwei Hebeln leicht umklappbar, bei einer vierköpfigen Familie kann es aber nur mit leichtem Gepäck in den Urlaub gehen.

Der Kofferraum fällt ohne umgeklappte Rückbank leider nicht allzu üppig aus. Quelle: Renault
Begrenzter Platz

Der Kofferraum fällt ohne umgeklappte Rückbank leider nicht allzu üppig aus.

(Foto: Renault)
Die Rückbank ist höher, darum ist die Kopffreiheit begrenzt. Quelle: Renault
Den Himmel auf dem Kopf

Die Rückbank ist höher, darum ist die Kopffreiheit begrenzt.

(Foto: Renault)

Für ein Auto, das als Familienwagen beworben wird, ist mir das zu wenig. Aber irgendwo müssen der doppelte Antrieb mit Benzintank, Ladekabeln und Batterien ja Platz finden. Weil Renault die Batterie unter dem Rücksitz verbaut hat, habe ich hier mit meinen 1,96 Meter Körpergröße wenig Luft nach oben.

Vom überschaubaren Stauraum lässt sich Tim nicht den Spaß am Megane nehmen. Ihn begeistert der 9,3-Zoll-große Bildschirm in der Mittelkonsole, der über eine überraschend gute Auflösung verfügt und sich intuitiv bedienen lässt. Problemlos lässt sich das Smartphone mit dem System koppeln und online updaten, was leider längst nicht Standard bei allen Herstellern ist.

Über den Bildschirm lässt sich mit dem Finger der Fahrmodus einstellen. Drei stehen zur Auswahl: Neben dem reinen E-Modus sind da noch „MySense“ und Sport, bei denen die Batterie unterschiedlich stark geschont wird. Anschaulich ist die Batterieanzeige, die den Stromfluss im Fahrzeug verdeutlicht.

Auch hinter dem Lenkrad hat Renault digital aufgerüstet, die Anzeigen werden hier auf einem 10,2-Zoll-Display dargestellt. Das Head-up-Display wird da fast überflüssig. Und bei den Assistenten ist der Megane Grandtour mit seinem adaptiven Tempomat, Spurhalteassistenten und Müdigkeitswarner ebenso auf der Höhe der Zeit.

Zwei Bildschirme, einer mit 9 Zoll und einer mit 10 Zoll, sollen die volle Übersicht liefern. Quelle: Renault
Digital aufgerüstet

Zwei Bildschirme, einer mit 9 Zoll und einer mit 10 Zoll, sollen die volle Übersicht liefern.

(Foto: Renault)

Äußerlich kann der Renault mich überzeugen, auch wenn der Testwagen in seinem Perlmuttweiß leider etwas unscheinbar daherkommt. Der Grandtour ist mit seiner nach unten gezogenen Schnauze kompakt und schnittig zugleich. Die zackigen Voll-LED-Leuchten machen Eindruck. Das hat wenig mit den klobigen Familienkombis der Vergangenheit zu tun. Ein Update ist hier dringend notwendig: Schließlich ist nach dem Van auch der Kombi von der SUV-Konkurrenz bedroht, die auch bei Familien an Beliebtheit gewinnt.

Dafür zahlt man allerdings einen Preis: Das nach hinten verengte Dach raubt nicht nur Kopffreiheit, sondern auch Stauraum. Unter dem Strich braucht sich der große Franzose aber bei Verarbeitung und Optik nicht hinter seinen deutschen Konkurrenten zu verstecken.

Damit dürfte der Grandtour schon mal ein Ziel erreicht haben. Die Franzosen wollen mit dem Kombi Geschäftskunden für sich einnehmen – also bei deutschen Konkurrenten wildern. Mit der halbelektrischen Variante hat man sich zwar viel Zeit gelassen, hat aber noch einen kleinen Vorsprung auf Konkurrenten wie den Opel Astra Sportstourer oder den VW Golf Variant.

Durch die staatliche Kaufprämie und den Vorteil bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils sind die halbelektrischen Modelle für Firmen und Dienstwagenfahrer längst mehr als eine Imagepolitur. Renault spielt bei den Flotten aber bislang nur eine untergeordnete Rolle. Vor allem weil die Franzosen elektrisch mit der Zoe nur etwas im Kleinwagensegment zu bieten hatten.

Auch als halbelektrische Variante kann sich der Franzose sehen lassen. Quelle: Renault
Dynamisch gezeichnet

Auch als halbelektrische Variante kann sich der Franzose sehen lassen.

(Foto: Renault)

Mit dem Megane Grandtour Hybrid will der Hersteller die Lücke schließen – und er steigt recht preisaggressiv ein. So startet das Modell bei einem Listenpreis von 35.000 Euro. Ausgestattet mit zusätzlichen Assistenzsystemen, Ledersitzen, breiteren Reifen und einer Bose-Anlage kostet das Testfahrzeug knapp 44.000 Euro – mit den staatlichen Zuschüssen reduziert sich der Kaufpreis um 7500 Euro. Gegenüber jedem Benziner ist der Renault damit konkurrenzfähig, auch in der Klasse der Dienstwagen.

Die Umweltbedenken von Tim dürften sich mit dem halbelektrischen Antrieb aber nicht wirklich zerschlagen lassen. So ist der ausgewiesene Verbrauch von 1,3 Liter Benzin auf 100 Kilometer eher ein theoretischer Wert. Während der Testfahrten verbrannte der Megane trotz E-Antrieb mitunter mehr als dreimal so viel wie vom Hersteller angegeben.

Dass Tim am Ende trotzdem überzeugt vom französischen Familienkombi ist, hat andere Gründe. Vor allem der lautlose Elektroantrieb und der große Touchscreen lassen ihn staunend zurück. Und das hat für einen traditionellen Autohersteller wie Renault ja vielleicht auch etwas Tröstendes. Mit ein bisschen Anstrengung ist der Autokunde von morgen noch nicht verloren.

An der Ladestation braucht der Megane etwas länger. Quelle: Renault
Am Kabel

An der Ladestation braucht der Megane etwas länger.

(Foto: Renault)


Technische Daten

  • Länge: 4,62 Meter
  • Breite: 1,87 Meter (mit Außenspiegeln: 2,06 Meter)
  • Höhe: 1,45 Meter
  • Radstand: 2,71 Meter
  • Batteriekapazität: 9,8 kWh
  • Kofferraumvolumen: 389 – 1.504 Liter
  • Antrieb: Benzin- und Elektromotor
  • gemeinsame Leistung 116 kW/158
  • maximales Drehmoment: 349 Nm ab 1 U/min
  • Sechs-Gang-Getriebe
  • 0-100 km/h: 10,7 s, Vmax: 185 km/h (rein elektrisch: 135 km/h)
  • Reichweite elektrisch: 65 km
  • Normverbrauch: 1,3 Liter/100 Kilometer
  • CO2-Ausstoß: 29 g/km
  • Preis: ab 34.990 Euro

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  • Eine Angabe über den tatsächlichen Benzin-Verbrauch wäre hilfreich gewesen. Wenn das Auto tatsächlich nur 4l/100km verbraucht (so suggeriert der Autor), dann wäre das doch ein Top-Wert! Und den dürfte man dann auch mal bei Namen nennen, Herr Autor. 50km rein elektrisch ein schlechter Wert? Damit dürften viele Pendler den täglichen Arbeitsweg hin und zurück allemal schaffen. Großartig eigentlich! Der Autor passt mit 1,96m Größe schlecht auf den hinteren Sitz? Ja mei, dafür gibts ja noch Vordersitze und die meisten Kinder/Frauen dürften dieses Gardemaß eher nicht erreichen. Wohl auch nicht in der Familie des Autors.
    Fazit: Das Auto ist sicherlich besser, als es beschrieben wird. Immerhin legt der Autor seine kleinherzigen Bedenken in einer Weise offen, die dem Leser nachvollziehbar ist.

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