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Elektromobilität Toyotas erster Elektro-Versuch – der Lexus UX300e im Handelsblatt-Autotest

Mit dem Lexus UX 300e wagt die Toyota-Nobelmarke den Einstieg in die Elektromobilität. Doch der ist für die erfolgsverwöhnten Japaner schwierig.
24.11.2021 - 10:10 Uhr 1 Kommentar
Optisch fällt der breite Kühlergrill des Lexus direkt ins Auge.
Grillsaison

Optisch fällt der breite Kühlergrill des Lexus direkt ins Auge.

Düsseldorf Toyota wird in Deutschland gern unterschätzt. Dabei sind die Japaner nicht nur einer der größten Autohersteller der Welt, sondern auch einer der erfolgreichsten. Während bei VW in Wolfsburg über Effizienz und Auslastung hart verhandelt wird, ist Toyota trotz Chipmangel und Coronakrise sehr erfolgreich und profitabel. Nur in einem Zukunftsfeld spielt Toyota aktuell noch keine Rolle.

Batteriebetriebe Elektroautos hat der Konzern lange vernachlässigt. Während Konkurrenten wie Tesla und VW das Segment langsam erobern, hatte die Weltmarke Toyota lange kein einziges batteriebetriebenes Elektroauto im Angebot. Auch wenn es nie so klar formuliert wurde: Insgeheim hoffte man wohl, sich mit den vielfach verkauften Hybridmodellen so lange unterhalb der CO2-Vorgaben bewegen zu können, bis man schließlich mit serienreifen Wasserstoffmodellen den Markt erobern würde.

Diesen Plan kann man mittlerweile als gescheitert bezeichnen. Denn das einzige Wasserstoffmodell des Konzerns, der Toyota Mirai II, dürfte auch in seiner Neuauflage bestenfalls ein Auto für die Nische bleiben, und die CO2-Vorgaben dürften – zumindest in Europa – mit reinen Hybridmodellen bald nicht mehr zu erreichen sein. Also baut auch Toyota nun batteriebetriebene Elektroautos, allerdings schweren Herzens.

Die Nobelmarke Lexus soll nun mit dem UX 300e vorfühlen, wie der Weg aussehen könnte. Die Voraussetzungen scheinen gut: Schon phonetisch eignet sich die Marke eigentlich perfekt für die E-Mobilität: Immerhin klingt der Name der Toyota-Premiummarke wie Luxus mit „e“. Die eingefleischte Lexus-Kundschaft ist darüber hinaus auch bereit, ein bisschen mehr für ein Auto zu zahlen. In den USA bewegt Lexus die Marke auf Augenhöhe mit BMW und Mercedes.

Anfang 2021 legte man sich dort mit Elektropionier Tesla an und versprach jedem Tesla-Kunden in den USA 1000 Dollar Prämie, wenn sie ihr Elektroauto gegen einen Lexus eintauschten: „Du hattest deinen Spaß. Jetzt ist es an der Zeit, kompromisslos zu sein.“

Die ausgestellten Heckleuchten geben dem Lexus UX 300e eine reptilienhafte Optik.
Aggressives Heck

Die ausgestellten Heckleuchten geben dem Lexus UX 300e eine reptilienhafte Optik.

Auf die obligatorische Analog-Uhr kann Lexus trotz großem Touchscreen nicht verzichten.
Wem die Stunde schlägt

Auf die obligatorische Analog-Uhr kann Lexus trotz großem Touchscreen nicht verzichten.

Der Lexus UX 300e ist zwar die schnelle Reaktion der Japaner auf den Elektroboom – besonders kompromisslos ist er aber nicht. Denn technisch steht das Auto auf der Basis eines Verbrennermodells. Bereits 2018 feierte der UX seine Premiere. Beim Design verfolgt er die neue Philosophie von Akio Toyoda, der damals versprach: keine langweiligen Autos mehr.

Ein Versprechen, das der UX einhält: Ob einem der breite Kühlergrill und die futuristisch-kubistische Optik gefällt, ist sicher Geschmackssache. Aber langweilig ist die Optik des UX sicher nicht. Das markentypische Blau fällt auf im weiß-silber-schwarzen deutschen Einheitsbrei, eckig und zackig kommt der Lexus daher. Anders als die deutschen Nobelmarken wollen die Japaner optisch provozieren.

Doch verkauft wurde der kompakte UX bislang vor allem als Hybrid. Als Elektroauto wiegt das Modell allein durch die Batterie rund 250 Kilo mehr, weshalb die Karosserie verstärkt wurde.

Dieses wortwörtlich schwere Verbrennererbe merkt man dem UX 300e leider allzu oft an: Unter der Motorhaube ist nicht – wie bei vielen anderen Elektroautos – ein zweiter Kofferraum verbaut, sondern ein Elektromotor, der links und rechts jede Menge Platz hat. Der Kofferraum fällt mit 367 Litern nicht nur kleiner aus als bei der Konkurrenz, die dynamische Optik raubt zusätzlichen Stauraum. Wie beim BMW iX3 ist ein Elektroantrieb in einem Verbrenner halt immer ein Kompromiss.

Die Restreichweite gibt der Lexus nicht in Prozent an. Stattdessen sieht man tatsächlich eine Zapfsäule und eine Tanknadel – so als wäre man gar nicht elektrisch unterwegs. Kompromisslos ist das nicht. Und auch der heulende Sound, der den Verbrenner ablösen soll, ist ein Kompromiss, den man sich besser gespart hätte.

Immerhin entschädigt der erste Eindruck des Innenraums. Bei der Verarbeitung kann Lexus kaum ein Hersteller die Stirn bieten. Das sauber verarbeitete schwarze Leder macht einen guten Eindruck. Die verbaute Analoguhr wirkt gesetzt und elegant. Das ist die Oberklasse, die man erwartet. Für einen Premiumhersteller hätte Lexus allerdings etwas öfter zu Aluminium statt zum günstigen Hartplastik greifen können.

Dass der UX 300e rein elektrisch unterwegs ist, kann man nur am „Electric“-Schriftzug und dem fehlenden Auspuff erkennen.
Dezente Hinweise

Dass der UX 300e rein elektrisch unterwegs ist, kann man nur am „Electric“-Schriftzug und dem fehlenden Auspuff erkennen.

Der Lexus UX 300e setzt auf den japanischen Chademo-Standard.
Exotischer Anschluss

Der Lexus UX 300e setzt auf den japanischen Chademo-Standard.

Radiosender, Lautstärke und viele Assistenten lassen sich über das Lenkrad steuern. Allerdings wirkt der Innenraum durch seine Armada an Knöpfen etwas überladen. Und auch das Touchpad, mit dem das Multimediasystem bedient wird, ist in der Anwendung so knifflig, dass man es während der Fahrt lieber nicht bedient.

Kraft hat der Lexus mit seinen 204 PS genug, weiß aber nicht immer damit umzugehen. Wer allzu forsch aufs Gaspedal drückt, dem müssen die Assistenten schon helfen, damit die Vorderreifen auf nasser Fahrbahn nicht durchdrehen. Im Test passiert das versehentlich zwei Mal. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern ist dieser Lexus auf der Autobahn trotzdem kein Raser, muss es aber auch nicht sein.

Beeindruckend verhält sich der Lexus in den Kurven. Hier spielt die Toyota-Premiummarke ihre ganze Erfahrung aus. Der Lexus reagiert ausgesprochen direkt und extrem präzise. Die speziell entwickelten Stoßdämpfer stabilisieren das Fahrzeug hervorragend, wenn es etwas zu schnell in die Kurven geht.

Anders als bei vielen Konkurrenten wird die 54,3-kWh-Batterie per Luft gekühlt oder erwärmt, um immer im optimalen Temperaturbereich zu arbeiten, betont der Hersteller. Obendrauf gibt es zehn Jahre Garantie auf die Batterie. Im Test ist das bei perfekten Außentemperaturen kaum zu prüfen. Was auffällt: Die Reichweitenprognosen im Lexus sind verlässlich. Große Ausreißer gibt es nicht.

Die Maximalreichweite gibt der Hersteller mit 315 Kilometern an – Konkurrenten wie der Audi Q4 e-tron oder der BMW iX3 kommen weiter. In unserem Test fällt sie noch etwas geringer aus.

Die Zahl der Chademo-Ladestationen ist in Deutschland überschaubar.
Laden beim Discounter

Die Zahl der Chademo-Ladestationen ist in Deutschland überschaubar.

Unter der Motorhaube ist kein zweiter Kofferraum, sondern tatsächlich ein Motor, der aber deutlich weniger Platz braucht als beim Verbrenner.
Elektrischer Antrieb

Unter der Motorhaube ist kein zweiter Kofferraum, sondern tatsächlich ein Motor, der aber deutlich weniger Platz braucht als beim Verbrenner.

Für die Ladung hat der UX 300e zwei Anschlüsse – und beide haben ein Problem. Per gängigem Typ-2-Stecker lässt sich der Japaner laden – allerdings sehr langsam. Maximal 6,6 kW Wechselstrom fließen dann in die Batterie. Eine volle Ladung dauert neun Stunden. Das ist maximal akzeptabel, wenn man über eine eigene Wallbox verfügt. An öffentlichen Ladesäulen würde man wohl mit wütenden Blicken und zusätzlichen Gebühren rechnen müssen.

Beim Schnellladeanschluss setzen die Japaner quasi als einer der letzten Hersteller auf den Ladestandard Chademo, der in Japan verbreitet ist, in Zentraleuropa aber quasi keine Rolle mehr spielt. An solchen Stationen lädt der Lexus in der Theorie zwar mit 50 kW – allerdings muss man dafür das Glück haben, eine der wenigen Chademo-Ladesäulen zu finden.

Auf einer Karte schaue ich, wo passende Schnellladestationen mit dem japanischen Anschluss in der Nähe stehen. Das Angebot ist überschaubar: Genau drei gibt es, alle auf Supermarkt-Parkplätzen.

Immerhin: Bei Lidl soll das Laden umsonst sein. Dass man sein Premiumauto ausgerechnet an einem Discounter-Parkplatz laden muss, passt allerdings nicht zum Anspruch der Lexus-Fahrer.

Als ich ankomme, biegt just in diesem Moment ein VW ID.4 auf den Parkplatz ein – genau wie ich auf der Suche nach Strom. Neben dem VW parkt bereits eine Mercedes C-Klasse als Plug-in-Hybrid. Obwohl diese Ladesäule meine einzige Chance ist, das Auto schnell zu laden, muss ich mit 30 Prozent Restreichweite wieder umdrehen. Die zweite Chademo-Ladesäule hat ein technisches Problem und akzeptiert keine Kreditkartenzahlung. Um am nächsten Tag noch zur Arbeit zu kommen, lasse ich den Testwagen zur Sicherheit stehen.

Im Vergleich mit der Konkurrenz fällt der Kofferraum relativ klein aus.
Wenig Stauraum

Im Vergleich mit der Konkurrenz fällt der Kofferraum relativ klein aus.

Toyotas erster Ausflug in die Elektromobilität ist schwer.
Die lange Reise

Toyotas erster Ausflug in die Elektromobilität ist schwer.

Lexus hat sich mit Chademo wahrlich keinen Gefallen getan. In Japan mag das funktionieren, in Deutschland ist der Anschluss ein riesiger Wettbewerbsnachteil. Trotz großer Reichweite dürfte eine Langstreckenfahrt im Lexus zur Odyssee entlang der wenigen Chademo-Ladepunkte werden. Und neue kommen wohl nicht mehr dazu: Die EU hat sich längst auf CCS-Säulen festgelegt und fördert auch nur Schnellladesäulen mit diesem Anschluss. Das hat auch Toyota verstanden: Im neuen vollelektrischen Toyota bZ4X, den der Konzern für Mitte 2022 angekündigt hat, werden auch die Japaner auf CCS setzen.

Im Wettbewerb mit Konkurrenten wie dem Audi Q4 e-tron oder dem BMW iX3 dürfte es der Lexus UX 300e hierzulande sehr schwer haben – insbesondere weil der Preis vor Abzug der staatlichen Kaufprämie mit 47.550 Euro schon sehr selbstbewusst ausfällt. Kaufen kann man das Auto in Deutschland aber ohnehin nicht, Toyota setzt auf ein Leasingmodell.

Der Einstieg in die Elektromobilität dürfte für Toyota darum schwerfallen. Doch noch hat der Konzern genug Zeit, den Rückstand aufzuholen. Unterschätzen sollte man die Japaner besser nicht.

Lexus UX 300e – Technische Daten

Viertüriges Elektro-SUV

  • Länge: 4,49 Meter
  • Breite: 1,84 Meter
  • Höhe: 1,54 Meter
  • Radstand: 2,64 Meter
  • Kofferraumvolumen: 367 Liter 
  • Elektroantrieb
  • Systemleistung: 150 kW/204 PS
  • maximales Drehmoment: 300 Nm
  • CVT-Getriebe
  • Lithium-Ionen-Batterie mit 54,3 kWh
  • 0–100 km/h: 7,5 s
  • Vmax: 160 km/h
  • Reichweite: 315 km (WLTP)
  • Preis: ausschließlich im Leasing

Mehr: Toyota kommt spät, aber verlässlich – das kann das neue Elektroauto bZ4X

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1 Kommentar zu "Elektromobilität: Toyotas erster Elektro-Versuch – der Lexus UX300e im Handelsblatt-Autotest"

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  • Es ist doch immer wieder schön zu lesen, wie in der deutschen Presse die vermeintlich deutschen Premiumprodukte gelobhudelt werden, indem man ausländische Kandidaten mit Kleinigkeiten abwatscht.
    Mehr Alu im Innenraum? Dem Autor empfehle ich mal einen genaueren Blick auf den Innenraum von VW und Co. ID3 und ID4 glänzen mit Plastik und sind obendrein dürftig verarbeitet. Ganz zu schweigen vom Thema Bedienung (die gerade bei VW stark in die Kritik geraten ist). Wird aber immer wieder gern unterschlagen, weil deutsche Premiumautos (die oftmals nicht mehr in Deutschland gebaut werden) einfach unschlagbar sind. Das ist an Arroganz nicht mehr zu überbieten.

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