Ladeinfrastruktur „Infrastruktur wächst nicht mit“ – Mangel an Ladesäulen bremst den Wandel zur E-Mobilität

Fahrer erwarten Live-Infos zur Verfügbarkeit.
Köln Es ist ein E-Autorennen der anderen Art: Beim „E-Cannonball“, das seit 2018 in Deutschland ausgetragen wird, geht es um geschickte Streckenplanung. Wer im kritischen Moment keine Ladesäule findet, dem droht die Schmach des Liegenbleibens. Und jede Säule könnte bereits von Konkurrenten belegt sein.
Der Kampf um Ladepunkte gehört längst auch zum Alltag herkömmlicher Elektroauto-Nutzer. 2020 stieg deren Zahl deutlich: 194.000 reine E-Autos wurden hierzulande neu zugelassen – laut Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach ein Plus von 207 Prozent. Die auf bis zu 9000 Euro gesteigerte Kaufprämie der Bundesregierung habe „einen riesigen Push ausgelöst“, sagt Johannes Schlaich, Mobilitätsforscher an der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Allein: „Die Infrastruktur ist nicht in gleichem Maß mitgewachsen.“
Laut dem „EV Readiness Index 2021“ des Autoleasing-Spezialisten Leaseplan sind Norwegen und die Niederlande in Europa am besten auf E-Mobilität vorbereitet. Dort gibt es pro Einwohner gut sechsmal mehr öffentliche Ladestationen als in Deutschland, das Rang sieben belegt.
„Wir benötigen mehr Risikobereitschaft der Energiewirtschaft, in die Infrastruktur zu investieren“, sagt Stefan Reindl, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Auch die Autohersteller müssten stärker investieren.
Schließlich müsse politisch die Förderung privater Lademöglichkeiten vorangetrieben werden – nicht nur im Eigenheim, sondern auch in Mietshäusern. „Hier sehe ich den größten Hebel, die Vorbehalte gegenüber dem Elektroantrieb zu beseitigen“, sagt Reindl.
Potenzial durch Digitalisierung
Digitale Lösungen bieten aus Sicht des Mobilitätsexperten Schlaich großes Potenzial für eine bessere Nutzung der bestehenden Infrastruktur: „Die Säulen sind ein knappes Gut, da ihre Aufstellung teuer ist. Es ist deshalb entscheidend, die vorhandenen Säulen effizienter zu nutzen.“ Noch lückenhafte digitale Karten des Ladesäulennetzes müssten endlich verbessert werden.
Wünschenswert seien zudem zuverlässige Live-Infos zur Verfügbarkeit – zumal immer wieder Ladestationen von Verbrennern zugeparkt würden. „Im Parkhaus wird man ja heute auch schon zu freien Plätzen geleitet“, sagt Schlaich. Idealerweise könne man freie Ladesäulen dann auch direkt reservieren – für mehr Sicherheit auf Fernreisen.
Schlaich weist auf die emotionale Bedeutung des Themas hin: „Die Angst vor dem leergelaufenen Akku hält heute noch viele Autofahrer vom Elektro-Umstieg ab.“ Künstliche Intelligenz macht die Vision rund: „Das Fahrzeug plant anhand des persönlichen Mobilitätsverhaltens voraus, wann ein Aufladen nötig sein wird, sucht und empfiehlt eine verfügbare Ladesäule und reserviert diese auch noch selbst.“
Damit Autos Ladeplätze schnell verlassen, kämen Strafparkgebühren infrage – bis zu automatischen Nachrichten an das Ordnungsamt. Der Anbieter EnBW hat im November eine „Blockiergebühr“ ab einer Parkzeit von vier Stunden eingeführt. Für jede weitere Minute zahlen Nutzer 9,75 Cent – bis zur Obergrenze von 12 Euro.
Nach Schlaichs Vorstellung müssten Ladesäulenbetreiber verpflichtet werden, offene Schnittstellen zu schaffen, um anbieterübergreifenden Datenaustausch und die Anzeige der Verfügbarkeiten zu ermöglichen. Dies könne von staatlicher Seite zur Bedingung für eine öffentliche Förderung der Säule gemacht werden.
Fuhrparkmanager sind genervt
Der eigentliche Ladevorgang ist bereits weitgehend standardisiert: Etabliert hat sich das sogenannte CCS-System, durch das sich beinahe jedes Elektroauto an jeder Ladesäule aufladen lässt. Die Defizite liegen also nicht im eigentlichen Stromtanken, sondern vor allem in dessen Abrechnung. Hier wartet ein wahrer Dschungel an unterschiedlichen Modellen und Tarifen. „Ein leidiges Thema“, sagt Automobilforscher Reindl.
Die Abrechnungssysteme müssten politisch in eine Einheitlichkeit gezwungen werden. „Technisch dürfte der Zahlvorgang über übliche Bezahlsysteme keine allzu große Herausforderung darstellen.“ Einheitliche Abrechnungssysteme würden auch den Wettbewerb fördern und überteuerte Tarife verhindern.
Die unübersichtliche Abrechnungssituation an öffentlichen Ladesäulen sei „katastrophal“ und ein großes Hemmnis für Fuhrparkbetreiber, klagt Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbands Fuhrparkmanagement (BVF). „In Deutschland gibt es derzeit knapp 300 Tarife für Autostrom.“ Viele Ladesäulen würden von lokalen Stromanbietern monopolistisch betrieben. Sobald man das Gebiet des jeweiligen Anbieters verlasse, benötige man neue Apps, Chips oder Tankkarten.
„Die Administration eines Fuhrparks wird dadurch unnötig erschwert“, sagt Schäfer. Abrechnungen müssten oft händisch gebucht werden, was die Prozesse verteuere. Fuhrparkverantwortliche befänden sich in einem Zwiespalt zwischen dem Wunsch nach Investitionen in nachhaltige Mobilität und einer ineffizienten Bürokratie. „Wer neue Technologien etablieren will, der muss dafür sorgen, dass die Nutzung einfach ist“, sagt Schäfer.
Die Bundesnetzagentur hat Änderungen in die Wege geleitet. So sollen Ladesäulenbetreiber bewegt werden, auch den Strom der Konkurrenz anzubieten – zu deren Preisen und Konditionen. Voraussetzung dafür sind neue technische Vorgaben für Stromversorger: Diese müssen ab dem 1. Juni in der Lage sein, Betreiber von Ladepunkten auf bundesweit einheitliche Weise zu beliefern. Die Initiative der Bundesnetzagentur sei zu begrüßen, sagt BVF-Geschäftsführer Schäfer. Die Änderungen dürften aber nicht bei freiwilligen Selbstverpflichtungen enden.
Zunehmend drängen Roaming-Anbieter auf den Markt, um das Chaos zu durchbrechen. Die Aachener Firma Smartlab mit dem Portal ladenetz.de etwa bündelt das Angebot an Ladesäulen, die von regionalen Stadtwerken betrieben werden. Durch eine frische Kooperation mit dem Joint Venture Ionity könnten Kunden von ladenetz.de nun zusätzlich auf 340 Schnellladeparks zugreifen. Solche Roaming-Angebote seien die Zukunft, sagt Schlaich: Ähnlich wie im Mobilfunkmarkt erwartet der Experte eine „Entwicklung hin zu übersichtlichen und vernünftigen Preisen“.
Für Tempo soll auch die 2019 gegründete Nationale Leitstelle Infrastruktur sorgen. Im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums soll sie bis 2023 ein öffentliches Schnellladenetz mit 1.000 Standorten schaffen und die Infrastruktur-Akteure vernetzen.
Beim Ausbau müsse man den jeweiligen örtlichen Bedarf im Blick haben, sagt Schlaich. Die deutlich teureren Schnellladesäulen seien nicht immer nötig. „An Autobahnraststätten muss es natürlich schnell gehen – vor der eigenen Haustür genügt aber auch eine günstige Lösung wie ein Ladepunkt in einem Laternenmast.“
Mehr: EnBW verspricht 10.000 Schnellladepunkte für Elektroautos
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So ist es, Her Bajohr...
Ist das so? Nicht wahr? Das habe ich vor 5 Jahren als der ganze Nonsens um die E-Mobilität losging schon angeführt. Was sind das für Vollidioten die immer noch E-Autos etc. probagieren und glauben der Strom kommt aus dem Netz. Das wird noch schlimmer dank der komplett verfehlten Energiewende. Grüner Stahl der dann mittels E-Ofen eingeschmolzen werden soll. 50MW alle 30 Minuten um 120 t Stahlbad zu erzeugen. Dazu EU-Cloud mit riesigen Rechenzentren. In 2025 538 000 E-Auto Neuzulassungen im Schlaraffenland D. Das Alles wird eine Frau Baerbock und Konsorten in der getreulichen Nachfolge unsrer Oberphysikerin sicher bewerkstellingen. Soviele Windräder können wir aber in Europa gar nicht mehr unterbringen. Vieleicht werden die jetzt gestapelt. Nur Handyempfang und Internet ist immer noch nicht überall gut in Schlaraffia D.