Bilster Berg - Die „kleine Nordschleife“ „Unsere Kernkompetenz heißt Asphalt“

Das Bilster Berg Drive Resort wird am 1. Juni 2013 feierlich eröffnet. Die Natur-Rennstrecke in Ostwestfalen soll Kunden die Möglichkeit zu geben, ihre Fahrzeuge auf der Rennstrecke zu testen, Veranstaltungen auszurichten und Präsentationen durchzuführen. In begrenztem Rahmen wird auch Motorsport möglich sein.
Bad Driburg Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff ist passionierter Motorsportler. Mit seinem Jaguar E-Type hat er die klassischen Rennstrecken dieser Welt kennengelernt. Und kam dabei auf die Idee, für Gleichgesinnte quasi vor der eigenen Haustür eine eigene Rennstrecke zu bauen. Eine Schnapsidee im überregulierten Deutschland? Man denke nur mal an die Umweltauflagen und das finanzielle Risiko, das auch dem altehrwürdigen Nürburgring so sehr zu schaffen macht.
Doch wenn das Bilster Berg Drive Resort am 1. Juni 2013 offiziell und mit rund 1.000 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik, und Autoindustrie feierlich eröffnet wird, dann ist das Gelingen des Projekts auf dem Gelände eines ehemaligen ostwestfälischen Munitionsdepots schon bewiesen: Der Bau einer reinrassigen Rennstrecke ist nicht nur möglich, sondern kann sogar profitabel sein.
Privat geht eben doch vor Staat. 34 Millionen Euro Kapital wurden völlig bankenunabhängig eingesammelt, nur so konnte die 4,2 km lange Strecke mit sagenhaften 70 Meter Höhenunterschied entstehen, die 19 Kurven und 44 Kuppen und Wannen aufweist. Auf einer kompletten Runde sind über 200 Höhenmeter zu bewältigen.
“Wichtig war mir eine sehr selektive Streckenführung” sagt Oeynhausen, der für die Planung den Rennstreckenpapst Hermann Tilke engagierte. Tilke zeichnet für nahezu alle Formel 1-Pisten verantwortlich, die in den vergangenen Jahren gebaut wurden. Schließlich sollen nicht nur Testwagen der Industrie und Kunden von Automobilkonzernen mit Sportwagen hier ihre Runden drehen.
Das Geschäftsmodell des Grafen gleicht dem eines Golf-Clubs. Das erforderliche Fremdkapital sammelte für ihn seit 2009 die Düsseldorfer DomiZiel GmbH ein, bevorzugt bei Investoren mit Benzin im Blut ein, die sein Hobby teilen. Rund 170 autobegeisterte private Geldgeber investierten so auf Basis eines Fonds-Konzepts jeweils mindestens 100.000 Euro und sind nun Miteigentümer.
Als Gesellschafter am Bilster Berg kann man einen zur Garage umgebauten Munitionsbunker mieten, um seine eigenen automobilen Schätze sicher zu lagern. Ab und zu kommt man vorbei, um auf der Naturstrecke ungestört von Starenkästen und Radarfallen seine Runden zu drehen. Leider kann der geschäftstüchtige Kreis Höxter durch das Aufstellen solcher Anlagen im Umkreis des Drive Resorts den Anreisenden eine allzu rasante An- oder Abfahrt kräftig versalzen.
Ein großer Posten des Investitionsbudgets wurde von den Anwälten und den Beratern verschlungen. Schon alleine die Beantragung der Genehmigung forderte juristischen Sachverstand. Und einige “Nachbarn” ließen es sich nicht nehmen, alle gerichtlichen Instanzen auszuschöpfen. Doch Oeynhausen ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Schritt für Schritt brachte er das Projekt voran. Dabei wurde nach eigener Angabe kein einziger Euro Subvention beantragt. Er wollte sich nicht vorwerfen lassen, Steuergelder zu beanspruchen.
Die Premierenfahrt fand mit einem Porsche Cayenne bereits 2012 statt. Zwischen Baggern und Bauzäunen steuerte der Graf den SUV ambitioniert in Renngeschwindigkeit noch über die unasphaltierte Strecke und legte bereits eine passable Rundenzeit hin.

Neben der Rennstrecke gibt es auch einen ausgedehnten Offroad-Parcours. Die verschiedenen Strecken sind nach Schwierigkeitsgrad wie Skipisten in Rot, Schwarz und Blau unterteilt. Waschplätze, Werkstätten und eine Tankstelle sorgen dafür, dass niemand das Gelände verlassen muss, um die Fahrzeuge in einem ansehnlichen Zustand zu lassen.
Erst als im April Profis die Strecke unter die Räder nahmen, war er sich seiner Sache endgültig sicher. Denn die eingeladene Rennfahrer-Elite kam samt und sonders mit einem breiten Grinsen von der mit besonders schonendem Asphalt versehenen Piste zurück. Die hatte ihren Spitznamen schnell weg: Als "kleine Nordschleife" firmiert sie, weil das Streckenprofil sehr an den Verlauf des legendären Bestandteils des Nürburgrings erinnert, dem Jackie Stewart einst den Beinamen "Grüne Hölle" verpasste.
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