Elektromobilität Elektrisches SUV für Ungeduldige – der Hyundai Kona Elektro im Handelsblatt-Autotest
![Das koreanische SUV gehört zu den großen Gewinnern im deutschen Elektromarkt. Quelle: Hyundai [M]](/images/hyundai-kona-elektro/26124914/3-format2020.jpg)
Das koreanische SUV gehört zu den großen Gewinnern im deutschen Elektromarkt.
Düsseldorf Als ich den hellblauen Stromer mit dem weißen Dach zum ersten Mal sehe, denke ich kurz: Da muss doch was schiefgegangen sein? Eigentlich sollte ich ein SUV bekommen – und rechnete mit einem weiteren überdimensionierten Stadtpanzer. Vor mir stand aber eher ein hoher, etwas zu kurz geratener Kombi. Denn der Hyundai Kona Elektro ist eben mit seinen 1,57 Metern auch nur zwei Zentimeter höher als der VW ID.3.
Mir soll es recht sein, schließlich bin ich ohnehin eher eine Freundin kleinerer Autos. Der Autobauer aus Südkorea gehört bei der Elektromobilität zu den Vorreitern der Branche. Mit dem Ioniq ging Hyundai immerhin schon 2016 an den Start. Mit dem Kona folgte 2018 der zweite Stromer. Seit März gibt es nun die neueste Kona-Version: Und die ist schon jetzt mit weltweit 100.000 verkauften Exemplaren Marktführer im beliebten Kompakt-SUV-Segment.
Ein großer Pluspunkt für den Stromer aus Korea: Die Wartezeit ist deutlich kürzer als bei der Konkurrenz. Wo bei anderen Elektroautos schon mal sechs bis neun Monate ins Land gehen, ist der Kona innerhalb von ein paar Wochen lieferbar – und kommt damit noch in den Genuss der reduzierten Mehrwertsteuer. Denn die Produktion des Modells in Tschechien läuft heute schon auf Hochtouren, während andere die Stromerproduktion gerade erst hochfahren.
Das zahlt sich aus: Bei den Zulassungen lag der Kona Elektro im Juli nur hinter dem VW E-Golf und dem Renault Zoe. Aktuell hat er allerdings auch wenige Konkurrenten in seiner Klasse. Das wird sich spätestens im Vergleich mit dem VW ID.4, dem Tesla Model Y und dem Peugeot e-2008 ändern. Inklusive Prämie wird der Kona in der Grundvariante neu schon ab 22.970 Euro verkauft – was für ein elektrisches SUV ein guter Preis ist. Weil Hyundai seine Kaufprämie schon Ende 2019 angehoben hat, gehen jetzt inklusive der erhöhten Umweltprämie der Bundesregierung 11.000 Euro vom Startpreis ab, der zuletzt auf 33.970 Euro gesenkt wurde.
Und dafür bekommt man tatsächlich einiges geboten: Optisch hebt sich der Kona Elektro von seinem Verbrennerzwilling ab. Erkennbar ist das vor allem am Kühlergrill, der – anders als beim Verbrenner – geschlossen ist. Ansonsten ist das Design dynamisch, aber nicht aufdringlich – und sichtlich bemüht, den Massengeschmack zu treffen.

Gebaut wird der kompakte Elektro-SUV im Hyundai-Werk in Tschechien.

Der Elektromotor nimmt im Hyundai Kona Elektro bemerkenswert viel Platz ein.
Aufgrund seines äußerlich kompakten Erscheinungsbildes staunt man beim Einsteigen nicht schlecht. Im Innenraum bietet der Kona sehr viel Platz, inklusive zweifacher Ablagefläche im Frontraum. Die Armlehne geht fast nahtlos in die Armatur über und unter der Lehne gibt es noch eine zusätzliche Ablagefläche – für mich als Pendlerin ein Traum.
Und auch der Kofferraum bietet dann doch so viel Stauraum, wie man sich das bei einem SUV vorstellt. Mein mittelgroßer Hund findet zumindest ohne Probleme Platz. Lediglich die Beinfreiheit von Mitfahrern auf dem Rücksitz könnte größer ausfallen. Hier muss das Raumangebot der Batterie im Unterboden weichen.
Anders als der neue VW ID.3 oder auch Tesla setzt Hyundai bei seinem Stromer noch auf eine Kombination aus Touch-Display und haptischen Bedienelementen. Ein paar Sekunden, dann hat man den Dreh raus, und die Fahrt kann losgehen.
Wie jeden, der schon mal in einem Elektroauto gesessen hat, überkommt einen auch im Kona ein Glücksgefühl, wenn das Auto bei einem kurzen Tritt nach vorn schießt und ohne störende Schaltvorgänge immer weiter beschleunigt. Was anderes hatte ich bei einer Leistung von 204 PS aber auch nicht erwartet. Dafür ist bei 170 Stundenkilometern auf dem Tacho dann aber auch Schluss, in der günstigeren Ausführung mit 136 PS sogar schon bei 155 Stundenkilometern.
Der Mini-SUV hat außerdem einen angenehm kleinen Wendekreis und findet im Test auch in der Innenstadt mühelos einen Parkplatz. Nur auf der Landstraße ruckelt es dann doch ein bisschen, die Federung könnte besser sein.
Dafür hat Hyundai im Testwagen alle Sicherheitsassistenten verbaut, die die Koreaner aktuell zu bieten haben. Etwa den aktiven Spurhalteassistenten, der allerdings noch ausbaufähig ist: Anders als hochpreisigere Modelle schlurrt der Kona von links nach rechts, um in der Spur zu bleiben, und reagiert dabei für meine Verhältnisse etwas sehr spät, wenn er die gestrichelte weiße Linie nur knapp erkennt, die mich vom Gegenverkehr trennt.
Dafür funktioniert der Frontkollisionswarner mit Fußgängererkennung schon sehr gut. Annehmlichkeiten bieten außerdem eine Rückfahrkamera, Armlehnen vorn und hinten und eine elektrisch einstellbare Lendenwirbelstütze. Assistenzsysteme, die in der Serienausstattung durchaus überzeugen.
Manche Extras, die in einem Elektroauto unverzichtbar sind, gibt es allerdings nur gegen Aufpreis. Das Navigationssystem mit Ladesäulenkarte für einen E-Autofahrer kostet ebenso extra wie der für Vielfahrer sehr nützliche Totwinkelwarner, der mit einem lauten akustischen Geräusch dafür sorgt, dass man nicht im falschen Moment zum Überholvorgang ansetzt.
Die Wärme der Heizung holt sich der Testwagen aus der verbauten Wärmepumpe, die elektrische Abwärme der Batterie speichert. Die bekommt man allerdings erst mit dem Style-Paket, was auch einen Teil der Reichweitensteigerung der teureren Variante (ab 38.940 Euro) erklärt.

Mit seinem vergleichsweise kleinen Wendekreis schlägt sich der Hyundai Kona Elektro in der Stadt gut.

Im Kona sind noch vergleichsweise viele Knöpfe verbaut.
Obwohl das kompakte SUV an der Ladesäule schnell ist: An einer 50-kW-Ladesäule von Innogy an der Autobahn kann ich innerhalb von 15 Minuten immerhin umgerechnet 80 Kilometer aufladen. Und genau da kommt Normalität in den Tankvorgang. Die Ladestationen an der Autobahn muten wie normale Zapfsäulen an, auch das Ladekabel lässt sich genauso wie der Zapfhahn der Station entheben, einstecken, fertig. Schnell Kaffee und Croissant geholt, und schon kann ich beruhigt zur Arbeit fahren, wo ich mein Auto einfach in der Tiefgarage weiterlade.
Hätte ich diese Option nicht, würde ich auf dem Land ganz schön in die Röhre gucken. Die nächste Lademöglichkeit ist zwar „nur“ zehn Kilometer entfernt. Aber das ist dann auch eine Station mit 22 kW, hier müsste ich mir für mehrere Stunden schon einen ziemlich großen Kaffee gönnen, um mein Auto aufzuladen. Muss ich aber auch nicht so oft, mit 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer ist der Kona im Testverbrauch, je nach Fahrverhalten natürlich, vor allem für ein SUV ziemlich genügsam.
Wer übrigens glaubt, dass die Menschen in der Stadt einem Elektroauto gespannt hinterhergucken, der sollte mal mit dem Stromer durch ein Dorf fahren. Bewundernde Blicke, interessiertes Nachfragen und kleine Menschenansammlungen beim Ausparken auf dem Supermarkt-Parkplatz, begleitet von erstauntem Nicken. Das könnte allerdings auch an dem Anfahrgeräusch liegen, das für neue Elektroautos bis 30 km/h per Gesetz verpflichtend eingeführt wurde.
Beim Kona ist es wohl so gut hörbar, dass eine Freundin mich fragte, ob da Musik aus meiner Motorhaube komme. Das war mir neu, aber bei runtergelassenen Scheiben hört man den Kona tatsächlich auch als Fahrer sehr gut. Ich hätte nicht gedacht, dass es mit einem Elektroauto auf dem Land so entspannt sein kann. Die Ladeinfrastruktur wird immer besser, und eine Schnellladestation nur fünf Autobahnminuten von mir entfernt, das ist schon ein Fortschritt. Aber am Ende macht es bei einem Elektroauto, zumindest für Pendler wie mich, immer noch die Reichweite. Und die ist beim Hyundai Kona einfach unschlagbar.
Technische Daten des Hyundai Kona
Fünftüriger Kompakt-SUV
- Länge: 4,1 Meter
- Breite: 1,8 Meter
- Höhe: 1,557
- Radstand: 2,6 Meter
- Kofferraum: 332 – 1.114 Liter
- Elektromotor: 100 bis 150 kW (136 – 204 PS),
- maximales Drehmoment: 395 Nm
- Eingang-Getriebe, 0-100 km/h: 7,6 s
- Höchstgeschwindigkeit: 155 – 167 km/h
- Batteriekapazität: 39,2 – 64 kWh
- Reichweite (WLPT): 289 – 484
- Stromverbrauch: 14,7 kWh /100 km
- CO2-Ausstoß: 0g/km
- Ladedauer: 0:57 – 1:15 (50-kW-Schnellladestation) / 5:50 – 8:30 (Wallbox oder 4,6-kW-Ladestation)
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