Cadillac CTS-V im Handelsblatt-Test America is great again

Übersehen kann man diesen amerikanischen Herausforderer des BMW M5 oder des Mercedes-AMG E 63 kaum. Die Business-Limousine, die technisch gewaltig auf Sport getrimmt wurde, zeigt auch optisch eine leicht aggressive Präsenz. Für einen Cadillac ist das eher ungewöhnlich.
Düsseldorf Das Kürzel „CTS-V“ wird selbst unter den Fans potenter amerikanischer V8-Fahrzeuge die ein oder andere gerunzelte Stirnfalte hervorrufen. Ein Cadillac, der auf Supersportler macht? Ausgerechnet vom Erfinder des überlangen, sanft im Fahrwerk schaukelnden Town Cars? Kann das funktionieren?
Ja, und die Leistungsdaten sprechen eher dafür als die klassische Limousinen-Karosserie es vermuten lässt: Der 6,2-Liter V8 unseres strahlend weißen Testwagens kommt aus der Corvette, wurde sogar noch um einen leistungsfördernden Kompressor ergänzt. 649 PS und 855 Newtonmeter Drehmoment fallen über die Reifen her, Spitze 320 km/h ist drin, und 3,7 Sekunden für den Sprint von Null auf 100 km/h, versprechen die Amis. Das ist doch mal eine Ansage.
Wer auf die amerikanische Website von Cadillac geht, bekommt Klartext zu diesem Auto, das in Deutschland als absoluter Exot gelten darf: „Arm yourself with power and precision ...“, heißt es da, und es ist kein bisschen übertrieben. Dieses Auto ist eine scharfe Waffe. Präzise, und so explosiv, dass ängstlichere Gemüter besser die Finger davon lassen.
Formal gesehen mag der CTS-V eine Limousine der oberen Mittelklasse sein, mit viel Luxus an Bord, vier Türen, klassischem Kofferraum-Heck. Wenn da nicht die vielen schwarzen Karbonteile unmissverständlich andeuten würden: Vorsicht, der kann auch richtig böse werden. Einige finden das prollig. Ich sage, der darf das.
Emotionaler ausgedrückt ist der Cadillac CTS-V der leistungsstärkste und renntauglichste Serienwagen, den die Amerikaner bisher auf öffentliche Straßen gebracht haben, und für 98.500 Euro Basispreis (Testwagen: ab 104.600 Euro) ist er noch nicht mal exotisch bepreist.

Das mit Alcantara bezogene Lenkrad ist besonders dick und griffig. Ansonsten wird, wie in der Preisklasse um 100.000 Euro herum üblich, der Sport mit viel Luxus umrahmt. Das Multimedia-Infotainment in der Mittelkonsole ist sehr modern und bietet mehr, als der Pilot auf den ersten Kilometern erfassen kann.
Eine feine Achtgang-Automatik ist an Bord, es könnten aber ruhig auch neun oder zehn Gänge sein, die Kraft dafür ist im Überfluss vorhanden. Zwar hat der Wagen weder einen Komfort-, noch einen Eco-Fahrmodus, aber die Schaltung scheint intuitiv zu spüren, wann uns nach welchem Fahrverhalten zumute ist. Wer das Gaspedal nur streichelt, wird erstaunt fast unmerkliches Hochschalten bei 1200 bis 1400 Umdrehungen wahrnehmen, so lässt es sich wunderbar entspannt cruisen.
Doch das Gebrabbel der unüberhörbaren Auspuffanlage deutet selbst in der 30er-Zone an, das unter der Motorhaube eine Bestie schlummert, und die möchte von der Leine. Ein bisschen mehr Druck aufs Pedal, und die Automatik schaltet zwischen 3000 und 4000 Touren rauf, schon liegt mehr Leistung an der Kurbelwelle an, als jeder koreanische Kleinwagen überleben würde.
Wer großen Sport will, wählt in der Mittelkonsole per Knopfdruck aus einem der vier Fahrmodi (Tour, Sport, Track und Snow) aus, und greift darüber hinaus vielleicht sogar noch über die perfekt sitzenden Schaltwippen hinterm Lenkrad ins Geschehen ein. Wirklich nötig ist das aber im Alltag so gut wie nie, die Automatik macht stets alles richtig.
War die harte, aber herzliche Sitzschale anfangs etwas eng, so haben wir schnell gelernt: Einfach mal herzhaft aufs Gas steigen. Die verformbare Körpermasse wird garantiert so tief ins fein gelochte schwarze Leder gepresst, dass sie sich dem Recaro-Sportgestühl schlagartig perfekt anpasst. In Kopf und Körper passiert zu der Zeit folgendes: Tritt aufs Gas, Hirnmasse schwappt im Schädel nach hinten, Adrenalinausstoß, feuchte Hände, Stoßatmung, Tunnelblick.
Kurz vor dem vegetativen Overkill ein Tritt auf die Bremse, Hirnmasse schwappt zurück auf Defaultstellung, der Fahrer atmet und schluckt wieder. Aber nun mit einem ins Gesicht zementierten Grinsen, von dem man noch den Enkeln berichten kann.
Wie auch vom Gekreische der fetten Bereifung, die nicht einfach nur quietschen, sondern sekundenlang laut um Hilfe schreien kann. Das ist unbezahlbar, für alles andere haben wir Mastercard. Also zum Beispiel für die Tankrechnung.
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Wer amerikanische Qualität kennt, über 100 TE anlegen und V8 fahren möchte, kauft sich ganz sicher keinen Cadillac. Das Fahrzeug ist kein ernsthafter Herausforderer gegen die genannte Konkurrenz in dieser Preisklasse...da spielen PS keine Rolle.