Renault Twingo im Handelsblatt-Test: Einmal mit anderem Motor, bitte!
Benachrichtigung aktivierenDürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafftErlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviertWir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Anzeige
Renault Twingo im Handelsblatt-TestEinmal mit anderem Motor, bitte!
Er war ein Millionen-Bestseller für Renault, der Twingo. Weil er preiswert, zuverlässig und knuffig war, gefiel er den Frauen. Jetzt ist der neue Twingo da. Und „Alexandra“ lässt ihn sofort ganz schön alt aussehen.
Der Container im Hintergrund spricht bildlich Bände: Der neue Twingo kommt gut, wenn man einen unkomplizierten wendigen Cityflitzer sucht. Nur der Einstiegsmotor ist zäh und durstig.
(Foto: Frank G. Heide)
Düsseldorf Wäre er ein Tier, so trüge er sicher flauschig weiches Fell, und im Namen ein verniedlichendes „chen“ angehängt. Streicheln und hätscheln würden wir ihn, den extrem knuffigen Twingo, der uns optisch besser gefällt als der neue Smart. Renault hat ihn einem echten Evolutionsprozess unterworfen, und so passt er nun besonders gut in einen hart umkämpften Lebensraum. Seine Nische ist die Innenstadt, sein Biotop heißt Parkhaus. Er ist kaum länger als ein neugeborenes Nashorn, aber so hoch wie ein Springbock. Spezialisiert hat er sich darauf Haken zu schlagen, die Spur zu wechseln, wendig einzufädeln, und sich sogar vorwärts längs in kleinste Lücken reinzuquetschen.
Darwin hätte sicher sein Freude an dem Anpassungskünstler. Denn er hat sogar Preis und Blechkleid besonders gut an Bedürfnisse moderner Metropolenbewohner angenähert, mit denen er eine fruchtbare Symbiose eingehen möchte: Frische, fröhliche Zweifarblackierungen und Zierstreifen machen ihn unverwechselbar, leichtes Handling spricht vor allem Weibchen an. Und die Männchen freuen sich über seinen angeblich geringen Appetit, sowie die artgerecht anspruchslose Haltung und Hege.
Diese Art Nischendasein und Spezialisierung hat natürlich ihren Preis: Der Twingo ist kein Allrounder, auf Landstraße und Autobahn geht im sehr schnell die Puste aus. Hier lauern natürliche Fressfeinde in Überzahl und vernaschen ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Auch der stürmische deutsche Spätherbst, das war definitiv nicht die Jahreszeit des Twingo. Als - wie Anfang Dezember - Ausläufer des Orkantiefs „Alexandra“ bedrohlich an ausgewachsenen Bäumen und Hausdächern zerrten, konnte auch der französische Zwerg keine gerade Haltung annehmen.
Denn sein Fahrwerk ist kommod wie eine Chaiselongue, der Radstand extrem kurz und dazu ist er mittlerweile zwei Handbreit höher als ein Golf. Das führt bei Seitenböen zu segelähnlichem Fahrverhalten auf der Autobahn. Man müht sich Kurs zu halten, muss aber permanent gegensteuern.
Die Beifahrerin, die den Testwagen mit modisch blau-weißer Zweifarb-Lackierung und Zierstreifen eben noch knuffig fand, schaut schon kritisch herüber. Kommen wir aus dem Windschatten eines LKW heraus, pendelt das Wägelchen flott Richtung Mittelstreifen-Botanik mit Beton-Begrenzung.
Die wichtigsten Fragen
Als Stadtwagen genau das richtige Fahrzeug. Kleiner Wendekreis, schnell eingeparkt. Auf den Rücksitzen ist auch genug Platz. Der Kofferraum lässt sich super einfach erweitern.
Viele gute Kleinigkeiten: Ablagen für Wasserflaschen in den Türen, die Verstellung des Beifahrersitzes ist vom Fahrersitz aus gut zu erreichen, und 2,31 m einladen bei nur 3,80 m Länge.
Keine Spritzigkeit bei der Einstiegsmotorisierung, dafür aber zu hoher Spritdurst. Lahme Beschleunigung, brummende Türverkleidung.
Unter 10.000 Euro das ist schon eine Ansage für dieses sehr moderne kleine Auto. Wer allerdings bei der Motorisierung mehr Wert auf Spaß, und bei der Ausstattung auf Sicherheit und etwas Luxus bedacht ist, kommt schnell weit über 13.000 Euro. Das wäre mir zu teuer.
Nicht viel, und wenn dann eher nervig. Der Motor klingt angestrengt, reichlich Wind- und Fahrgeräusche kommen dazu. Die Türlautsprecher vertragen keine Bässe.
In der Theorie grüner als in der Praxis, wie bei allen Herstellern. Offizieller Normverbrauch: 4,1 Liter Super, Testverbrauch: 7 Liter.
Wendigkeit und Parkhaus-Tauglichkeit.
"Ach, hat Ihre Frau was Kleines bekommen?"
Frauen mäßig interessiert, Männer voller Mitleid.
Am besten nicht auf die Autobahn. Aber gut in der Stadt. Die Lenkung ist schon fast übertrieben leicht. Die Übersicht ist gut, man sitzt sehr hoch.
In die Hände von wenigfahrenden Stadtbewohnern, die keinen Wert auf Status und Klimbim legen.
Akustisch kreativ untermalt wird das Twingo-Tänzchen von undefinierbaren Brumm-, und Knistergeräuschen aus Richtung Beifahrertür. Sie liegen noch über dem Pegel der Windgeräusche, die bei Richtgeschwindigkeit ebenfalls an ein Segelboot in steifer Herbstbrise erinnern. Der Kleinwagen präsentiert sich innen zwar optisch en vogue weil durchgehend zweifarbig, aber die zahlreichen Kunststoffe sind segmenttypisch leicht, dünn, und brummen eben gerne mit. Dazu passt, dass die Türlautsprecher für satte Bässe unterdimensioniert sind, sie verstärken oft das dissonant Türgebrumme.
Verarbeitung und Bedienung des Twingo, der von Renault gemeinsam mit Daimler entworfen wurde und praktisch ein Bruder des neuen Smart Forfour ist, werfen auch an anderer Stellen Fragen auf. Wie kann es sein, dass man die Motorvibrationen nicht in den Griff bekommt? Der Fahrersitz fühlt sich im Stand an, als hätte er eine Massagefunktion, die sich nicht abschalten lässt.
Sauber verarbeitet und modern gestaltet: Auch der Innenraum präsentiert sich zweifarbig. Die Kunststoffe sind schlicht, aber nicht ohne Chic. Die Sitze bieten leider so gut wie keinen Seitenhalt.
(Foto: Frank G. Heide)
Warum versteckt man wichtige Schalter fast unerreichbar vor dem Schalthebel, tief unten im Bereich der Mittelkonsole oder links unten hinterm Lankrad? Ok, der Motor sitzt hinten, aber wieso lässt sich die Motorhaube erst nach Lektüre des Handbuchs öffnen, und dann auch nur eine Handbreit? Und warum schluckt der angeblich auf Mini-Sprit-Durst getrimmte Dreizylinder mit knapp ein Liter Hubraum im Testalltag sieben Liter Super?
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.