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Wasserstoff-Autos Mit angezogener Handbremse in die Zukunft

Die ersten Serienautos mit Wasserstoff-Antrieb sollen 2015 die Straßen erobern. Während die asiatischen Autobauer sich optimistisch geben, sind die deutschen Hersteller zurückhaltender. Aus guten Gründen.
01.01.2015 - 12:25 Uhr Kommentieren
Für Autos mit Brennstoffzelle wie den Toyota Mirai fehlt häufig noch die Infrastruktur.

Für Autos mit Brennstoffzelle wie den Toyota Mirai fehlt häufig noch die Infrastruktur.

Düsseldorf 2015, das Jahr in dem wir endlich umweltfreundlich Auto fahren? Fast könnte man es glauben, denn mindestens zwei große Hersteller bieten Serienfahrzeuge an, deren Elektromotoren von Wasserstoff-Brennstoffzellen angetrieben werden.

Technisch handelt es sich bei Brennstoffzellenautos um Fahrzeuge mit einem Elektromotor. Der Strom in der Brennstoffzelle wird durch die chemische Reaktion von Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft erzeugt. Die großen Vorteile: keine Angst mehr vor dem Liegenbleiben, kein stundenlanges Laden an der Steckdose und dennoch null Emissionen. Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf.

Toyota, weltgrößter Autohersteller und Hybrid-Pionier mit dem Prius, nennt sein Brennstoffzellenauto „Mirai“ (Zukunft) daher einen „Wendepunkt“ in der Geschichte des Automobils. Die viertürige Limousine kann mit einer Wasserstoff-Tankfüllung rund 500 Kilometer weit fahren und in weniger als fünf Minuten aufgetankt werden. Ab Frühjahr 2015 wird der Mirai in Japan für umgerechnet rund 50.000 Euro angeboten werden, ab Sommer 2015 kommt er auch in den USA sowie Europa auf den Markt.

Hierzulande kalkuliert Toyota mit einem Basispreis fürs Leasing von mehr als 78.500 Euro, in den USA werden es umgerechnet nur stark subventionierte 36.000 Euro sein. Und man geht mit einer limitierten Serienproduktion von nur einigen Hundert Fahrzeugen an den Start, von denen die meisten in Firmenfuhrparks laufen werden.

Honda forscht, ebenso wie Toyota, seit mehr als 20 Jahren an der Brennstoffzellen-Technologie, ist beim Serienstart aber noch nicht ganz so weit. Das FCV Concept der Japaner feiert im Rahmen der Detroit Motor Show am 12. Januar 2015 seine US-Premiere. Verkauft wird er in den USA aber erst nach der Markteinführung in Japan, die bis März 2016 erfolgen soll.

Der FCV soll das erste Wasserstoff-Fahrzeug sein, bei dem der Antriebsstrang einschließlich der Brennstoffzelle ganz im Motorraum platziert ist.

Beiden japanischen Firmen kam kurz vor Jahresschluss der koreanische Autokonzern Hyundai zuvor, der 2015 schon mal 1.000 Exemplare seines Kompakt-SUV ix35 auf den Markt bringen will, das mit Brennstoffzellen fährt. Anders als Toyota und Honda zeigt Hyundai also kein spezielles Zukunftsauto, sondern setzt auf ein bereits bekanntes Modell, dem eine neue Antriebseinheit eingepflanzt wird.

Die Pläne der Koreaner sind ehrgeizig: Hyundai und Kia wollen bis 2020 insgesamt 16 neue Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Markt bringen. Damit würde die koreanische Autoallianz zum weltweit zweitgrößten Hersteller von umweltfreundlichen Fahrzeugen nach Toyota aufsteigen. Momentan haben die beiden Konzernschwestern sieben Modelle mit alternativem Antrieb im Portfolio.

Daimler hat den Vorsprung eingebüßt

Der Ausbau der Infrastruktur für Brennstoffzellen-Fahrzeuge lässt in Deutschland noch viele Wünsche offen. Bis Ende 2015 sollen deutschlandweit 50 Wasserstoff-Tankstellen die Mobilität der Brennstoffzellen-Autos unterstützen. In Nordrhein-Westfalen soll das Angebot um sechs Stationen auf acht Tankstellen wachsen. Quelle: PR

Der Ausbau der Infrastruktur für Brennstoffzellen-Fahrzeuge lässt in Deutschland noch viele Wünsche offen. Bis Ende 2015 sollen deutschlandweit 50 Wasserstoff-Tankstellen die Mobilität der Brennstoffzellen-Autos unterstützen. In Nordrhein-Westfalen soll das Angebot um sechs Stationen auf acht Tankstellen wachsen.

(Foto: PR)

Dass man die asiatische Wasserstoff-Konkurrenz ernst nehmen sollte, glaubt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer, der das CAR-Institut der Ruhr-Universität Duisburg-Essen leitet. Er verweist auf die Erfolge der Japaner mit dem Hybrid-Antrieb, an die vor 15 Jahren auch niemand so recht glauben wollte. 

Und die Deutschen? Daimler hatte mit zahlreichen Brennstoffzellen-Prototypen seit Mitte der 1990er Jahre eigentlichen einen Vorsprung bei der Entwicklung herausgefahren. Aus der angekündigten Serienreife für das Jahr 2004 (O-Ton des damaligen Daimler-Chefs Jürgen Schrempp: „das erste Null-Liter-Auto“) wurde aber nichts, weil die komplexe Technik schlicht zu teurer war.

Schrempps Nachfolger Dieter Zetsche kündigte vor drei Jahren vollmundig („Wasserstoff ist das bessere Öl, deswegen ist es Zeit für einen Ölwechsel“) erneut ein Serienmodell für 2014 an und Daimler demonstrierte mit einer Weltumrundung zweier Brennstoffzellen-B-Klassen deren Zuverlässigkeit. Doch am Ende wurde das Brennstoffzellenauto mit Stern auf der Haube eher kleinlaut auf 2017 verschoben. Von dem aktuellen Gemeinschaftsprojekt mit Ford und Renault-Nissan versprechen sich die Schwaben bessere Kosteneffekte als bei einem Alleingang.

Dampfende Revolution, um 80.000 Euro
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Toyota bringt das erste serienmäßige Auto mit Brennstoffzelle früher als gedacht auf den Markt. Ursprünglich war der Verkaufsstart für 2015 geplant. Der Wagen namens "Mirai" soll schon im Dezember über Japans Straßen rollen. Das Wasserstoffauto wurde auch unter der Abkürzung FCV für "Fuel Cell Vehicle" bekannt.

Der Konzern forscht bereits seit mehr als 20 Jahren an der umweltfreundlichen Brennstoffzellentechnologie. Nun soll sie in Japan für umgerechnet etwa 48.000 Euro auf den Markt kommen ...

(Foto: PR)
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Toyotas erstes in Serie produzierte Brennstoffzellenauto soll ab September 2015 soll als "Mirai", so das japanische Wort für „Zukunft“, auch in Deutschland zum Leasen angeboten werden. Toyota kalkuliert hierzulande aber mit einem Verkaufspreis von 78.540 Euro. Die Limousine verzichtet völlig auf CO2- und Schadstoffemissionen, aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf.

(Foto: PR)
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Die viersitzige und 4,89 Meter lange Limousine hat eine Systemleistung von 113 kW / 154 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 335 Newtonmetern. Die Betankung mit Wasserstoff dauert rund drei Minuten. Toyota spricht beim Mirai vom Einsatz der weltweit effizientesten Brennstoffzelle.

(Foto: PR)
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Blick auf den Antrieb: Zu sehen ist der Hochdruck-Wasserstofftank (gelb). Er speichert den Wasserstoff bei einem Druck von 700 bar - dafür ist er in drei Schichten mit Kohlefaser verstärkt. In einer chemischen Reaktion wird in den Brennstoffzellen aus Wasser- und Sauerstoff Elektrizität gewonnen, die wiederum den Elektromotor des Autos antreibt. Der Wagen soll laut Toyota in nur drei Minuten aufgetankt sein.

(Foto: PR)
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Die neuen Brennstoffzellen-Stacks nutzen weltweit erstmals feinmaschige 3-D-Kanäle, die eine gleichmäßige Stromerzeugung auf den Zelloberflächen garantieren. So ist die Leistungsdichte 2,2 Mal höher als beim Versuchsträger Toyota FCHV-adv, außerdem ist nicht länger ein Befeuchter erforderlich. Der kompakte Konverter steigert die Spannung zudem auf bis zu 650 Volt, wodurch die Größe des Elektromotors und die Anzahl der Brennstoffzellen verringert werden konnten.

(Foto: PR)
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Die aus drei Schichten kohlefaserverstärkten Kunststofftanks speichern den Wasserstoff bei einem Druck von 700 bar. Obwohl ihr Gewicht und ihre Größe im Vergleich zum Toyota FCHV-adv verringert wurden, stieg ihre Speicherkapazität um 20 Prozent.

(Foto: PR)
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Die unterflurige Montage der Brennstoffzellen-Stacks und Wasserstoff-Tanks reduziert den Fahrzeugschwerpunkt des Mirai, die Unterbodenverkleidung und aerodynamisch geformte Leuchten den Luftwiderstand. Das Brennstoffzellenfahrzeug verfügt neben dem Kühlergrill über zwei weitere Lufteinlässe rechts und links. Sie versorgen die Brennstoffzelle mit Sauerstoff, der für die chemische Umwandlung des Wasserstoffs nötig ist, und kühlen zugleich das System.

(Foto: PR)

Ähnlich das Bild im Volkswagen-Konzern: Technologisch ist man soweit, die im Gegensatz zu Öl praktisch unbegrenzt vorkommende Ressource Wasser als Treibstoff zu nutzen. Aber produzieren will man noch nicht.

Auf der Los Angeles Auto Show im November 2014 präsentierten die Wolfsburger einen Golf Variant HyMotion, außerdem einen Passat HyMotion mit identischem Brennstoffzellenantrieb und einen Audi A7 Sportback h-tron quattro, ein Plug-in-Hybrid mit Brennstoffzelle und Allradantrieb.

Das Signal ist klar: Diesmal wollen sich die deutschen Autobauer offenbar nicht - wie beim Hybridantrieb - von den Japanern überholen lassen. So fährt der Wasserstoff-Golf ebenso wie der Mirai mit einer Tankfüllung bis zu 500 Kilometer weit. Und seine vier Hochdruck-Wasserstoff-Kohlefasertanks im Unterboden sind in drei Minuten wieder aufgetankt. Identische Werte gibt Audi für seinen A7 Sportback h-tron quattro an.

Doch selbst Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg bleibt nach vier Generationen Brennstoffzellen-Entwicklung und Prototypen-Tests skeptisch, und verweist vor allem auf die mangelnde Infrastruktur: „Schon beim Erdgasauto wird über ein zu dünnes Netz geklagt, dabei gibt es in Deutschland rund 1.000 Tankstellen. Wasserstoff bekommt man dagegen nur an rund einem Dutzend Stationen.“

Die Wirkungsweise: Brennstoffzellen erzeugen mithilfe einer chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrischen Strom, mit der sich ein Elektromotor antreiben lässt. Quelle: PR

Die Wirkungsweise: Brennstoffzellen erzeugen mithilfe einer chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrischen Strom, mit der sich ein Elektromotor antreiben lässt.

(Foto: PR)

Eine Wiederholung der Hybrid-Erfolgsgeschichte ist laut Autoprofessor Dudenhöffer bei der Brennstoffzelle darum nicht zu erwarten. „Hybrid braucht keine eigene Infrastruktur“, sagt der Auto-Professor, „und eine solche für Brennstoffzellen-Fahrzeuge aufzubauen ist eine doppelte Herkulesaufgabe, die Toyota nicht allein bewältigen kann.“ Man brauche einen starken Partner, aber die Mineralölkonzerne hätten daran kein Interesse .

Und selbst wenn es demnächst 50 Tankstellen sein sollen, wie das Clean Energy Partnership (CEP) jetzt ankündigte, so ist der Weg noch weit. Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt in einer aktuellen Studie den Anfangsinvestitionsbedarf alleine in Deutschland auf rund drei Milliarden Euro, um ein flächendeckendes Tankstellennetz für Wasserstoff auszubauen.

Von Daimler zusammen mit Partnern wie Shell und Linde angekündigte 400 Wasserstofftankstellen werden kaum vor dem Jahr 2023 fertig sein.

Für einen Liter Sprit müssen drei verbrannt werden

Bis zu diesem Zeitpunkt könnten theoretisch bei der technischen und preislichen Weiterentwicklung von Batterien Fortschritte erzielt werden, die Brennstoffzellen viel weniger attraktiv erscheinen lassen. So zitierte kurz vor Weihnachten das britische Magazin „Autocar“ BMW-Vertriebschef Ian Roberston dahingehend, dass BMW zwar weiter an einem PHEV-Prototypen arbeite, es aber zweifelhaft sei, ob es das Wasserstoffauto je zur Serienreife schaffe. Als einen der Gründe nannte Robertson die Entwicklung bei den Li-Ionen-Batterien.

Hatte es 2013 in der Entwicklung bei Bosch und Continental noch geheißen, dass man bis Anfang 2020 brauchen werde, um die Leistungsfähigkeit der Batterien zu verdoppeln, so sei man diesem Ziel inzwischen wohl sehr nahe. Und Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn hat bereits angekündigt, dass man bei der nächsten Generation des meistverkauften Elektroautos der Welt, dem Leaf, die Reichweite auf über 400 Kilometer verdoppeln werde.

Auch Autoprofessor Dudenhöffer verweist darum darauf, dass die Wettbewerber des Brennstoffzellen-Antriebs, wie batteriebetriebene E-Autos, aber auch Gas-befeuerte Fahrzeuge, am Ende die kostengünstigere Alternative für den Käufer sein dürften. „Die Bedingungen für den Wasserstoff-Antrieb könnten nicht komplizierter sein“, fasst der Experte zusammen, und ergänzt: „Es wird wohl eine hübsche Übung bleiben, aber die Marktchancen für die nächsten zehn bis 15 Jahre sind gleich Null.“ 

Martin Arendt aus der Brennstoffzellenforschung am VW-Konzernsitz in Wolfsburg ist ebenfalls wenig optimistisch: „In Serie geht die Technik bei uns in diesem Jahrzehnt nicht mehr.“ Dafür gibt es einen weiteren Grund, über den die Autohersteller nicht so gern sprechen. „Um zu reinem Wasserstoff zu gelangen, muss dieser unter hohem Einsatz von Energie aus der sehr engen Verbindung mit Sauerstoff, also aus Wasser, oder aus den Kohlenwasserstoffen herausgelöst werden“, erklärt Daniel Moser von Greenpeace.

Laut einer Studie kommen Brennstoffzellen als Energielieferanten für den Massenmarkt nicht infrage. Denn bei deren Membran kommt das Edelmetall Platin zum Einsatz, das sehr teuer und nur begrenzt vorhanden ist. Quelle: PR

Laut einer Studie kommen Brennstoffzellen als Energielieferanten für den Massenmarkt nicht infrage. Denn bei deren Membran kommt das Edelmetall Platin zum Einsatz, das sehr teuer und nur begrenzt vorhanden ist.

(Foto: PR)

Die Energiebilanz der Brennstoffzelle sei trotz ihres hohen Wirkungsgrads sehr negativ. „Nur maximal 40 Prozent der eingesetzten Energie wird genutzt“, sagt er. „Um die Energie eines Liters Sprit zu erhalten, müssen davon beinahe drei verbrannt werden.“

Wer für sein gutes Umweltgewissen mit Brennstoffzellen-Antrieb zu erschwinglichen Preisen unterwegs sein möchte, der steigt im Moment am besten in den Bus. Unter anderem in Hamburg, Berlin und Karlsruhe sind Linienbusse mit dem alternativen Antrieb bereits seit 2006 im Einsatz.

(Mit Material von dpa, spotpress)

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