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70 Jahre Kriegsende Der moralische Zusammenbruch eines Volkes

Am 8. Mai vor 70 Jahren kapitulierte das Nazi-Reich. Neueste Forschungen belegen, wie sehr Millionen Menschen auch in den Jahren nach Kriegsende noch leiden mussten. Der Weg bis zum Wirtschaftswunder war hart.
08.05.2015 - 20:28 Uhr Kommentieren
Kriegsende in Deutschland: Eine Gruppe Kinder spielt in den Trümmern.
Zweiter Weltkrieg

Kriegsende in Deutschland: Eine Gruppe Kinder spielt in den Trümmern.

Düsseldorf Der 8. Mai 1945 gilt als der Tag an dem der Zweite Weltkrieg endete. Menschen mögen solche Daten – ob sie stimmen oder nicht. Sie geben Anlass zu Gedenkfeiern und Ähnlichem. Doch tatsächlich endete der Krieg – abgesehen davon, dass Japan erst am 2. September 1945 kapitulierte – in verschiedenen Gegenden Europas zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten: In Süditalien herrschte beispielsweise seit 1943 Frieden und für den überwiegenden Teil der französischen Bevölkerung war der Krieg im Herbst 1944 vorbei. Dafür kämpften Einheiten in Jugoslawien noch bis zum 15. Mai 1945 gegeneinander. Und in Polen hält so mancher den Abzug der letzten russischen Panzer im Jahr 1989 für das tatsächliche Ende des Zweiten Weltkriegs.

Doch selbst wenn man den 8. Mai 1945 festhält – die Kapitulation wurde um 23.01 Uhr deutscher Zeit verschickt, also frühmorgens russischer Zeit, weswegen man dort den 9. Mai begeht: Aber das Leiden war damit für Millionen Menschen noch lange nicht beendet. Das gilt nicht nur für deutsche Kriegsgefangene in Russland, an die man womöglich als Erstes denkt. Wie unsäglich das Grauen in mehreren Ländern wirklich war, hat Keith Lowe ist seinem beeindruckenden Buch „Der wilde Kontinent“ zusammengefasst. Die Fleißarbeit des hochgeachteten britischen Historikers hat sich gelohnt: Seine Darstellung einer aus den Fugen geratenen Welt ist nicht nur ergreifend – sie bietet auch viele neue Erkenntnisse.

Dazu gehört die Geschichte des Abstiegs. Denn nichts anderes war die Zeit nach dem 8. Mai 1945: ein Abstieg in die Anarchie. Der Aufstieg hin zum Wirtschaftswunder in den 50er-Jahren, der folgte erst deutlich später. Und die Erkenntnis, dass jeder, der das heutige Europa verstehen will, verstehen sollte, was in diesen prägenden Jahren geschehen ist. Bis 1947 herrschte auf dem Kontinent verbreitet das Gebot der Rache: „Statt reinen Tisch zu machen, wurde nach dem Krieg lediglich das Ressentiment zwischen ethnischen Gruppen und Nationen vertieft“, schreibt Lowe. Auf jeden Fall liegt die Deutung näher, 1945 nicht als Jahr der großen Befreiung zu feiern, sondern als eines der schlimmsten Jahre der Menschheit.

Der Krieg hatte dafür gesorgt, dass seit langem schwelende Konflikte aufgebrochen sind: Griechen und Bulgaren, Serben und Kroaten, Rumänen und Ungarn. Einige Folgen sind bis heute spürbar. Vor allem wurden in ganz Europa aber Deutsche misshandelt, versklavt oder ermordet. Die kulturelle Vielfalt des Kontinents wurde nach dem Krieg mindestens so sehr zerstört wie zu der Zeit, als die Kanonen donnerten und die Bomben fielen.

Europa hatte sich ins Mittelalter gebombt
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