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Anhörung im Landtag Die Zweieinhalb-Stunden-Chance des Gustl Mollath

Weil der Unternehmer auf ein riesiges Schwarzgeldsystem hinwies, landete er 2006 in der Psychiatrie. Seitdem ranken sich Verschwörungstheorien um den Fall, in dem Justiz, CSU und HypoVereinsbank die Hauptrollen spielen.
08.06.2013 - 11:20 Uhr
Gustl Mollath: Der frühere Unternehmer wurde von einem Gericht für paranoid erklärt. Quelle: dpa

Gustl Mollath: Der frühere Unternehmer wurde von einem Gericht für paranoid erklärt.

(Foto: dpa)

München Für Anhänger von Verschwörungstheorien rund um die CSU waren die vergangenen Wochen ein gefundenes Fressen: Die Verwandtenaffäre im Landtag, der Steuerfall Uli Hoeneß und der Fall Gustl Mollath weckten Erinnerungen an das alte Feindbild einer allmächtigen und allgegenwärtigen CSU, das noch aus den Zeiten eines Franz Josef Strauß stammt. Im Fall des gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachten Mollath wird es Dienstag spannend: Für zweieinhalb Stunden darf dieser im Landtag zu seinem Fall aussagen.

Der Fall Mollath kratzt am Urvertrauen in den Staat und er wirft, ganz unabhängig von seinem Ausgang, kein gutes Licht auf die Justiz. Da sitzt ein Mann vor allem deshalb seit sieben Jahren in der Psychiatrie, weil er auf ein von seiner Frau mit verantwortetes millionenschweres Schwarzgeldsystem der HypoVereinsbank hingewiesen hat. Ein Gericht erklärte den damals noch erfolgreichen Unternehmer deshalb 2006 für paranoid und ließ ihn einweisen - doch inzwischen sind die von Mollath behaupteten Grundzüge der illegalen Geldtransfers in die Schweiz bewiesen.

Seit ein paar Wochen geht im bayerischen Landtag ein Untersuchungsausschuss der Frage nach, ob Mollath Unrecht angetan wurde. Und außerdem geht es um die Frage, ob die CSU-Justizministerin Beate Merk im Zusammenhang mit seinem Fall gelogen hat und damit Mollaths bis heute andauernde Unterbringung verlängerte. Die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Freie Wähler erreichten, dass der in Bayreuth untergebrachte 56-Jährige für zweieinhalb Stunden vor dem Ausschuss aussagen darf. Erstmals sei damit ein „unverstellter Blick“ auf die Person Mollaths möglich, erklärten die drei Fraktionen im Vorfeld.

Tatsächlich wirkt die Darstellung des Falls sowohl durch die Gegnern als auch durch die Unterstützer des ehemaligen Sportwagen-Restaurators ziemlich einseitig. Justizministerin Merk und manche andere halten Mollath bis heute für gemeingefährlich. So schätzte ihn auch das Gericht in Nürnberg nach einem Rechtsstreit mit seiner inzwischen geschiedenen Frau ein und veranlasste die Einweisung.

Einweisungsrichter war Freund des Geliebten der Ex-Frau

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU): Wie handelte sie im Fall Mollath? Quelle: dpa

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU): Wie handelte sie im Fall Mollath?

(Foto: dpa)

Das Bild des gefährlichen Wirrkopfs versuchen die Anhänger dieser Theorie mit den vielen Briefen Mollaths zu belegen. Er schrieb an über 600 Bundestagsabgeordnete, an den Papst und Kofi Anan, erwähnte dabei Martin Luther King, die Mondlandung oder Idi Amin. Und inmitten dieser Konvolute fanden sich dann die Hinweise auf die Steuervergehen. Viele Gründe für die Ermittler, die Hinweise auf Steuerhinterziehung für Hirngespinste zu halten.

Auf der anderen Seite aber gibt es auch viele Argumente, Mollath ernst zu nehmen. An erster Stelle steht, dass anders als die Justiz die HypoVereinsbank seine Anzeigen genau prüfte und bald feststellte, dass Mollath über Insiderwissen verfügte. Seine Ex-Frau und andere wurden rausgeworfen, der interne Bericht der Bank wurde aber erst im vergangenen Jahr öffentlich.

Eine ARD-Dokumentation wies jüngst zudem auf weitergehende Ungereimtheiten hin. So war etwa der Richter, der Mollath einweisen ließ, Handballtrainer des Geliebten und jetzigen Ehemanns von Mollaths damaliger Frau. Und es gab die durch eidesstattliche Erklärungen belegte Aussage von Mollaths Ex-Frau, diesen fertig machen zu wollen.

Ein Schöffe aus dem damaligen Prozess gegen Molath sagte in der ARD-Dokumentation, er bewerte das Urteil aus heutiger Sicht „als Fehlurteil.“ Die von Mollath aufgezählten Details zur Geldwäsche seien nicht zur Sprache gekommen. Der Richter habe Mollath mit Rauswurf gedroht, wenn er davon erzählen wollte.

Angesichts der großen Emotionen, die mit dem Fall verbunden sind, bemüht sich die Opposition im Vorfeld der Vernehmung um Sachlichkeit. Fest steht für den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Florian Streibl (Freie Wähler) schon jetzt aber ein „außerordentliches Versagen“ der Justiz.

  • afp
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