Appell an die künftige Bundesregierung Rechnungshöfe warnen vor Lockerung der Schuldenbremse

„Es war uns wichtig, ein Signal für die Einhaltung der Schuldenbremse zu setzen“, sagt Klingen, Gastgeberin der Herbstkonferenz der Rechnungshofpräsidenten.
Berlin Die Rechnungshöfe von Bund und Ländern haben davor gewarnt, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu lockern. „Die Einhaltung der Schuldenbremse bleibt ein wesentlicher Beitrag zu einer nachhaltigen, künftigen Generationen gerecht werdenden Haushaltspolitik“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. „Sie darf nicht aufgeweicht werden.“
Die Präsidenten der Rechnungshöfe aus Bund und Ländern hatten sich zu ihrer Herbstkonferenz in Berlin getroffen. Ihre Erklärung ist auch eine Mahnung an SPD, Grüne und FDP, die nun mit den Sondierungen für eine Ampelkoalition beginnen.
„Es war uns wichtig, nach der hohen Schuldenaufnahme in der Pandemie und vor den Entscheidungen der Politik in den Koalitionsverhandlungen ein Signal für die Einhaltung der Schuldenbremse zu setzen“, sagte die Präsidentin des Berliner Rechnungshofs und Gastgeberin Karin Klingen.
Damit stellten sich Klingen und ihre Kollegen vorsorglich gegen Überlegungen in der Politik, die Schuldenregel aufzuweichen oder zu umgehen. So haben die Grünen in ihrem Wahlprogramm eine Reform angekündigt, um „eine begrenzte Kreditaufnahme in Höhe der Netto-Investitionen“ zu erlauben.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat zwar darauf hingewiesen, dass es dafür einer Verfassungsänderung und damit einer Zweidrittelmehrheit bedürfe, die nicht realistisch sei. Union und FDP lehnen Änderungen ab. Aber in der SPD sind viele dafür offen, die Schuldenbremse zu umgehen. So könnten Ausgaben für Investitionen in Fonds ausgelagert und dort mit Krediten finanziert werden. Selbst in der Union hatten einige für solche Konstrukte Sympathien gezeigt.
„Wir wollen keine Schuldenbremse light“, betonte hingegen die Berliner Rechnungshofpräsidentin Klingen. In der Erklärung mit ihren Kollegen aus Bund und Ländern wird auch Ideen, die Regeln mit Fonds auszuhebeln, eine Absage erteilt: „Eine Umgehung der Schuldenbremse durch Auslagerung der Kreditaufnahme aus den Kernhaushalten etwa in Fonds, Nebenhaushalte und andere Konstruktionen gilt es zu vermeiden.“
„Die Schuldenbremse ist keine Investitionsbremse“
Die Schuldenbremse war in den vergangenen Jahren stärker in die Kritik geraten, unter anderem auch von Ökonomen. Sie bemängeln, dass die Schuldenregel Investitionen erschwere, obwohl sich diese wegen der Niedrigzinsen rechnen würden. Hinzu kommen nun die hohen Schulden aus der Coronapandemie, die in den kommenden Jahren gemäß Schuldenbremse wieder getilgt werden müssen und so den Spielraum im Haushalt zusätzlich einschränken.
Die Rechnungshöfe widersprechen der Kritik. „Die Schuldenbremse ist auch keine Investitionsbremse“, heißt es in der Erklärung. Sie lasse schon jetzt die Stärkung von Investitionen durch entsprechende Schwerpunktsetzung in den Haushalten zu.
Die Rechnungshöfe fordern von der Politik verstärkte Sparanstrengungen statt mehr Schulden. Die Haushalts- und Finanzpolitik von Bund und Ländern müsse eine Konsolidierung verstärkt in den Vordergrund rücken. „Dies erfordert inhaltliche Prioritäten und Maßnahmen zur strukturellen Entlastung der Haushalte.“
Die Schuldenbremse habe erst die Spielräume geschaffen, die in der Pandemie zur Krisenbekämpfung genutzt wurden, betonen die Rechnungshöfe. Während der Coronakrise hatten Bund und Länder von einer Ausnahmeregel Gebrauch gemacht, die vorübergehend höhere Schulden zur Bekämpfung von Katastrophen erlaubt.
Allerdings gibt es Kritik, dass die Politik unter dem Deckmantel der Krisenbekämpfung auch viele Ausgaben mit Krediten finanzierte, die gar nichts mit der Pandemie zu tun hatten. Die Rechnungshöfe kündigten an, diese genau zu prüfen.
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