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Arbeitsmarkt Covid-19-Tarifvertrag macht Kurzarbeit im öffentlichen Dienst möglich

Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich im Eiltempo auf einen Krisen-Tarifvertrag geeinigt. Das staatliche Kurzarbeitergeld wird auf 90 bis 95 Prozent des Nettoentgelts aufgestockt.
01.04.2020 - 12:09 Uhr 2 Kommentare
Viele öffentliche Einrichtungen sind in der Coronakrise geschlossen, Busse und Bahnen fahren seltener. Quelle: dpa
Straßenbahnen der Düsseldorfer Rheinbahn

Viele öffentliche Einrichtungen sind in der Coronakrise geschlossen, Busse und Bahnen fahren seltener.

(Foto: dpa)

Berlin Kurzarbeit soll künftig auch für rund 1,3 Millionen Arbeitnehmer bei den Kommunen möglich sein. Auf einen entsprechenden Tarifvertrag haben sich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die Gewerkschaften Verdi und DBB Beamtenbund und Tarifunion an diesem Mittwoch geeinigt. Er tritt sofort in Kraft und hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2020.

„Es geht darum, einerseits den Belastungen der Kommunen zum Beispiel durch Schließung von Bädern oder Museen Rechnung zu tragen und andererseits betroffene Beschäftigte im öffentlichen Dienst abzusichern“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Der Abschluss setze auch für andere Bereiche der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens Maßstäbe.

Die Coronakrise stellt auch die kommunalen Arbeitgeber vor große Probleme. Während es in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, in sozialen Diensten oder in den Jobcentern eher mehr Arbeit als gewöhnlich gibt, sind die meisten Theater, Museen, Bäder oder Bibliotheken zum Schutz der Gesundheit der Bürger geschlossen. Der Personennahverkehr ist ebenso eingeschränkt wie der Publikumsverkehr in Sparkassen oder anderen öffentlichen Einrichtungen.

Laut Verdi sieht der Tarifvertrag vor, dass in von Arbeitsausfall betroffenen Betrieben betriebsbedingte Kündigungen während der Kurzarbeit und für drei Monate danach ausgeschlossen sind. Das staatliche Kurzarbeitergeld liegt bei 60 Prozent des Nettoeinkommens, für Arbeitnehmer mit Kindern sind es 67 Prozent.

Um die betroffenen Beschäftigten materiell besser abzusichern, wird das Kurzarbeitergeld für die Entgeltgruppen 1 bis 10 – also bis zu einem Nettoentgelt von gut 2000 Euro in der untersten Erfahrungsstufe – auf 95 Prozent der Nettoentgeltdifferenz aufgestockt. Ab der Entgeltgruppe 11 sind es 90 Prozent. Die Regelungen gelten auch für kommunale Versorgungs- und Nahverkehrsbetriebe.

Ausnahmen beim Kurzarbeitergeld

Für die kommunale Kernverwaltung, also beispielsweise die Bauämter, und für den Sozial- und Erziehungsdienst wird der Tarifvertrag dagegen nicht angewendet. Grundsätzlich von der Kurzarbeit ausgenommen sind auch Schwangere und werdende Väter, bei denen sich das Kurzarbeitergeld auf die Berechnung des Elterngelds auswirken würde. Das Gleiche gilt für Auszubildende und Beschäftigte in Altersteilzeit.

Allen sei klar, dass der Tarifvertrag ausschließlich ein Beitrag sei, um eine absolute Ausnahmesituation zu regeln, sagte DBB-Tarifchef Volker Geyer. „Das ist kein Muster. Grundsätzlich haben wir im öffentlichen Dienst zu viel und nicht zu wenig Arbeit.“ Gleichwohl sei man bereit gewesen zu demonstrieren, dass die Tarifpartner im öffentlichen Dienst handlungsfähig seien und die Gewerkschaften auch in Krisenzeiten vollen Einsatz für die Beschäftigten brächten, betonte Geyer.

Die VKA hatte auf deutschlandweit einheitliche Regelungen für alle kommunalen Arbeitgeber gedrungen. Den Gewerkschaften war neben der Aufstockung des Kurzarbeitergelds besonders wichtig, dass die Regelungen nur befristet für die Krisenzeit gelten und dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.

Jede fünfte Firma von Kurzarbeit betroffen

Die Verhandlungen waren auf Wunsch der Arbeitgeber aufgenommen worden, weil in den Regelungen des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes bisher keine Vereinbarungen über Kurzarbeit enthalten sind. Die Vereinbarung für die Kommunen reiht sich ein in eine Reihe von Tarifverträgen, die eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds vorsehen.

Nach einer Aufstellung des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung und des Europäischen Gewerkschaftsinstituts in Brüssel geht es hierbei in der Regel um eine Aufstockung auf Werte zwischen 75 und 100 Prozent des Entgelts.

In anderen Branchen teilweise Aufstockungen bis zu 100 Prozent

Zu den Branchen, die schon seit längerem eine tarifvertragliche Aufstockung haben, gehören unter anderem die Chemische Industrie, die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, der Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen oder das Kfz-Handwerk in Bayern.

Entsprechende Regelungen gibt es außerdem bei der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn. Bei der Bahn erhalten die Beschäftigten 80 Prozent des Bruttogehalts. Beim Volkswagen-Konzern sind in Abhängigkeit der Entgeltstufen Aufstockungen auf 78 bis 95 Prozent vereinbart, wobei Beschäftigte in den unteren Entgeltgruppen die höchsten Zuschläge erhalten.

In der Metall- und Elektroindustrie besteht schon seit Jahren eine flächendeckende Regelung in Baden-Württemberg, wo das Kurzarbeitergeld je nach Umfang der Kurzarbeit auf 80,5 bis 97 Prozent des Nettogehalts erhöht wird. In Nordrhein-Westfalen haben sich IG Metall und Arbeitgeberverband kürzlich auf eine Regelung geeinigt, die die Nettoentgelte der Beschäftigten bei Kurzarbeit auf dem Niveau von etwa 80 Prozent absichert.

Das geschieht durch eine Abschmelzung der Sonderzahlungen und einen Arbeitgeberzuschuss von 350 Euro je Vollzeitbeschäftigtem. Dieser Abschluss wurde in anderen Tarifbereichen übernommen, die bislang noch keine Regelung hatten. In der Filmbranche und in der Systemgastronomie haben die Tarifparteien nach Beginn der Corona-Krise ebenfalls Vereinbarungen getroffen.

So ist in Schnellrestaurants festgelegt, dass das Kurzarbeitergeld der Beschäftigten auf 90 Prozent des Nettoentgelts aufgestockt wird. In der Filmbranche wird das Kurzarbeitergeld bis zur Beitragsbemessungsgrenze sogar auf 100 Prozent der Netto-Tarifgage erhöht.

Auch wenn es in immer mehr Branchen tarifvertragliche Regelungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gibt, werden sie nach Einschätzung der Autoren Thorsten Schulten vom WSI und Torsten Müller vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut insgesamt nur für eine Minderheit der Tarifbeschäftigten gelten. „Insbesondere in den klassischen Niedriglohnsektoren gibt es oft keine tarifvertraglichen Zuschüsse zum staatlichen Kurzarbeitergeld“, so Schulten und Müller.

Mehr: Kurzarbeitergeld schnell und einfach berechnen

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2 Kommentare zu "Arbeitsmarkt: Covid-19-Tarifvertrag macht Kurzarbeit im öffentlichen Dienst möglich"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Was für eine Frechheit das der öffentlich rechtliche Sektor hier erneut selbst bedient und bevorzugt. Die Allianz aus Verdi, Beamtenbund und kommunale Arbeitgeber nehmen den Staat, und damit die Bürger aus als wäre er eine Weihnachtsgans.
    Da wird den öffentlich Bediensteten/Beamten schon normal regelmäßig mehr gezahlt als privat beschäftigten Arbeitnehmern, dann bekommen Sie deutliche mehr Rente/Pension. Und nun lassen Sie sich die Kurzarbeit auch noch fürstlich entlohnen. Ein Risiko tragen sie ja eh nicht, und über die Leistung möchte ich mich hier auch nicht äußern.
    Lasst uns auf die Straße gehen und demonstrieren! ES IST EINE UNVERSCHÄMTHEIT.

  • "Um die betroffenen Beschäftigten materiell besser abzusichern, wird das Kurzarbeitergeld für die Entgeltgruppen 1-10 (...) bis zu einem Nettoentgelt von gut 2000 Euro (...) auf 95 Prozent der Nettoentgeltdifferenz aufgestockt. Ab der Entgeltgruppe 11 sind es 90 Prozent. Die Regelungen gelten auch für kommunale Versorgungs- und Nahverkehrsbetriebe." --> Wie immer werden Steuerzahler auch diesmal wieder besonders stark zur Kasse gebeten, wenn es um die Versorgung im öffentlichen Dienst geht .... Unfassbar!

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