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Arbeitsmarkt Folgen der Coronakrise: Jeder zehnte Betrieb will weniger ausbilden

Wegen unsicherer Geschäftserwartungen schrauben die Unternehmen ihr Ausbildungsengagement zurück, zeigt eine IAB-Umfrage. Die Bundesregierung will mit neuen Hilfen gegensteuern.
22.02.2021 - 15:21 Uhr 2 Kommentare
Zurückhaltung bei der Ausbildung kann den Fachkräftemangel verstärken. Quelle: imago images/Rupert Oberhäuser
Auszubildende in der Metall- und Elektroindustrie

Zurückhaltung bei der Ausbildung kann den Fachkräftemangel verstärken.

(Foto: imago images/Rupert Oberhäuser)

Berlin Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist in Sorge: „Viele Betriebe zögern, ob sie angesichts der wirtschaftlichen Lage Ausbildungsplätze anbieten sollen“, sagte der SPD-Politiker jüngst dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Heil will deshalb den bestehenden „Schutzschirm für Ausbildungsplätze“ verlängern und ausbauen.

Dass Heils Befürchtungen berechtigt sind, zeigt eine neue Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Demnach plant ein Zehntel der ausbildungsberechtigten Betriebe, im kommenden Ausbildungsjahr weniger Lehrstellen anzubieten oder ganz auf die Ausbildung zu verzichten.

Ein Grund sind die weiter anhaltenden Belastungen durch die Corona-Pandemie. So gaben im Dezember drei von zehn vom IAB befragten Betriebe an, stark unter der Covid-19-Krise zu leiden.

Entsprechend haben sieben Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe von ihrem ursprünglichen Plan Abstand genommen, im Lehrjahr 2021/22 Lehrstellen anzubieten. Weitere vier Prozent reduzieren das Ausbildungsplatzangebot.

Insgesamt will ein gutes Drittel der Unternehmen mit Ausbildungsberechtigung trotz der Pandemie ausbilden. Zurückhaltend sind vor allem kleinere Betriebe und besonders unter dem Lockdown leidende Branchen. So wollen 28 Prozent der Befragten aus dem Gastgewerbe weniger oder gar keine Ausbildungsplätze besetzen, im verarbeitenden Gewerbe sind es zehn Prozent.

Finanzielle Gründe für sinkendes Ausbildungsengagement

93 Prozent der Betriebe, die ihr Ausbildungsengagement zurückfahren wollen, begründeten dies mit unsicheren Geschäftserwartungen. 71 Prozent nannten finanzielle Gründe. Hier setzt der Schutzschirm für Ausbildungsplätze an, den die Bundesregierung im August vergangenen Jahres aufgespannt hatte.

Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitern, die trotz pandemiebedingter Umsatzausfälle oder Kurzarbeit ihr Ausbildungsengagement beibehalten oder sogar erhöhen, können pro Lehrstelle eine staatliche Prämie von 2000 beziehungsweise 3000 Euro beantragen. Die Förderung ist beschränkt auf Ausbildungsverhältnisse, die spätestens am 15. Februar dieses Jahres begonnen haben.

Arbeitsminister Heil hat deshalb angekündigt, den Schutzschirm zu verlängern und im März ein Konzept dafür vorzulegen. „Es wird eine erneute, noch mal deutlich großzügiger als bisher bemessene Ausbildungsprämie geben“, sagte er. Deutlich mehr Unternehmen sollen sie nutzen können.

Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden von August 2020 bis Januar dieses Jahres insgesamt 29.500 Anträge auf Prämien positiv entschieden. In knapp 15.000 Fällen wurden die Prämien bereits ausgezahlt.

Interessant ist, dass fast zwei Drittel der bewilligten Prämien auf Unternehmen entfallen, die ihr Ausbildungsengagement sogar ausgebaut haben. Das kann aber auch damit zu tun haben, dass viele kleinere Betriebe nur alle zwei oder drei Jahre neue Auszubildende einstellen.

Zahl der gemeldeten Lehrstellen sinkt um acht Prozent

Die von der Coronakrise betroffenen Unternehmen befänden sich in einem Dilemma, heißt es in der IAB-Studie: „Einerseits fällt es ihnen angesichts ihrer finanziellen Lage und der wirtschaftlichen Unsicherheit derzeit schwer, ihr bisheriges Ausbildungsengagement aufrechtzuerhalten. Andererseits könnten ihnen mittel- bis langfristig genau deswegen Fachkräfte fehlen.“

Der Sprecher für berufliche Bildung der FDP-Bundestagsfraktion, Jens Brandenburg, betonte, die Bundesregierung werde den Rückgang des Ausbildungsengagements „mit noch so vielen Prämien nicht ändern, wenn sie die berufliche Bildung nicht endlich grundlegend vorantreibt“. Erforderlich sei eine „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ mit einer praxisnahen Berufsorientierung, flexiblen Bildungswegen und digitalen Lehrangeboten.

Nach Daten der BA standen im Januar 12.000 unbesetzten Ausbildungsstellen, die für einen Ausbildungsbeginn bis spätestens Dezember 2020 gemeldet waren, fast 56.000 Bewerber gegenüber, die noch auf Lehrstellensuche waren. Von Oktober 2020 bis Januar 2021 wurden der BA 358.700 Ausbildungsstellen gemeldet – acht Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Das IAB ist seit 2004 eine Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit und erforscht im gesetzlichen Auftrag des Bundes den Arbeitsmarkt, „um politische Akteure auf allen Ebenen kompetent zu beraten“, wie es auf der Website des Instituts heißt.

Mehr: Ifo-Geschäftsklimaindex steigt kräftig: Stimmung der Firmenchefs verbessert sich

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2 Kommentare zu "Arbeitsmarkt: Folgen der Coronakrise: Jeder zehnte Betrieb will weniger ausbilden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Es ist meiner Meinung nicht das Problem des "Marktes" und damit der Firmen, schauen sie mal welchen Ausbildungsstand Schüler/-innen heute haben. Viele sind - aus eigener Erfahrung - einfach nicht fähig zu einer beruflichen Ausbildung.
    Es hapert an Mathe und mangelnden Deutschkenntnissen sowie Allgemeinbildung.
    Die Qualität des Bildungssystems ist einfach unterirdisch - insbesondere der Hauptschulen.
    Ist auch kein Wunder bei dieser Unterfinanzierung und wenig zukunftsträchtigen Ausstattung und Ausrichtung.

    Herr Berchtold, die Ausbildung müsste die Qualität haben, so dass die Abgänge auch für die Anforderungen des Arbeitsmarktes geeignet sind. Das klappt in keinem bekannten Fall in Deutschland - ich bezweifle sogar den Willen dazu. Die Qualifikationen unseres politischen Führungspersonals lässt ja sogar schon zu wünschen übrig.
    Wille zur Eigeninitiative und Leistungswille lernt man meines Wissens in keiner staatlichen Institution.
    Das wäre sozusagen ein no go.

  • Wenn der Markt versagt, muss der Staat einspringen. Es ist schon lange überfällig, staatliche überbetriebliche Ausbildungs-Stätten zu gründen. Eine einjährige Ausbildung z.B. für Elektro-Berufe oder Klima-, Lüftung-, Heizungsbau würde ausreichen, junge Männer und mutige Frauen auszubilden. Danach ab in die Betriebe. Ausbildung kostet nun mal Geld, Wissen und Können fallen nicht vom Himmel, Gottheiten sind Ammenmärchen. Bei Marktversagen muss der Staat einspringen, sonst könnte es gar so weit kommen, dass man den Kapitalismus ruiniert, denn vergessen wird, dass Staaten jeweils Gesamt-Kapitalisten sind, die gegeneinander konkurrieren. In China hat man das gut verstanden. Im Westen hat man noch Denk-Blockaden und hält sich mit libertärem Denken-Jogging noch viel zu lange auf, bis es zu spät ist. Es ist immer wieder zu beobachten, dass Kapitalisten leichtfertig in Kauf nehmen, den Kapitalismus zu ruinieren, von dem sie gut leben und der bisher so enorm erfolgreich war. Das ist schon fast Schizophrenie.

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