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Arbeitsmarkt Gut jeder zweite Beschäftigte hat ein Arbeitszeitkonto

Die Verbreitung von Arbeitszeitkonten hat stark zugenommen, zeigt eine IAB-Untersuchung. Doch explizite Langzeitkonten fristen ein Schattendasein.
19.06.2018 - 20:51 Uhr Kommentieren
Flexiblere Arbeitszeiten nutzen Unternehmen und Beschäftigten. Quelle: istock
Historische Stechuhr

Flexiblere Arbeitszeiten nutzen Unternehmen und Beschäftigten.

(Foto: istock)

Berlin Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will „Arbeit, die zum Leben passt“. Die IG Metall hatte zu Jahresbeginn 1,5 Millionen Beschäftigte auf die Straße gebracht, die für das Recht auf „kurze Vollzeit“ demonstrierten und streikten. Und bei der Deutschen Bahn haben sich mehr als die Hälfte der Beschäftigten die Tariferhöhung 2018 lieber in Form einiger zusätzlicher Urlaubstage auszahlen lassen.

Das Thema flexible Arbeitszeiten treibt die Beschäftigten um. Wenn Kinder geboren werden, der Hausbau ansteht oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen sind, würden viele Arbeitnehmer gerne beruflich kürzer treten. Auf der anderen Seite gibt es Phasen, in denen Mehrarbeit ganz willkommen ist – etwa wenn das Haus irgendwann abbezahlt werden muss.

Doch langfristige Arbeitszeitkonten, die eine Reaktion auf sich im Laufe des Berufslebens ändernde Wünsche und Bedürfnisse erlauben, fristen in Deutschland immer noch ein Schattendasein. Das zeigt eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis des IAB-Betriebspanels, für das jährlich rund 16.000 Arbeitgeber befragt werden.

Zwar bot im Jahr 2016 gut jeder dritte Betrieb ein Arbeitszeitkonto an, die Quote hat sich damit gegenüber dem Jahr 1999 fast verdoppelt. Auch der Anteil der Beschäftigten, die ein solches Konto nutzen können, ist im untersuchten Zeitraum von 35 auf 56 Prozent gestiegen. Doch um angesparte Überstunden oder aufgelaufene Fehlstunden auszugleichen, bleibt oft nur wenig Zeit.

So muss das Konto bei zwei von zehn Betrieben spätestens nach einem halben Jahr ausgeglichen sein, hier handelt es sich vor allem um Gleitzeitmodelle. In 40 Prozent der Betriebe haben die Beschäftigten sechs Monate bis ein Jahr Zeit. „Damit lassen sich Arbeitszeiten an kurzfristige, wie etwa saisonale Schwankungen anpassen“, schreiben die IAB-Forscher Peter Ellguth, Hans-Dieter Gerner und Ines Zapf.

Je größer der Betrieb, desto größer die Verbreitung

Knapp vier von zehn Betrieben mit Arbeitszeitkonten haben keinen festen Ausgleichszeitraum oder variieren diesen je nach Auftragslage. Dabei gilt: Je größer der Betrieb, desto größer die Verbreitung. Während im Durchschnitt aller Unternehmen 35 Prozent ein Arbeitszeitkonto anbieten, sind es bei Betrieben mit mindestens 250 Beschäftigten 81 Prozent.

Besonders weit verbreitet sind die Konten im Öffentlichen Dienst, in der Energiewirtschaft oder der Industrie. Unterrepräsentiert sind sie bei Banken und Versicherungen oder im Gastgewerbe.

Explizite Langzeitkonten, die die Arbeitszeitgestaltung über den Lebenslauf hinweg ermöglichen, bieten nur zwei Prozent der Betriebe ihren Beschäftigten an. Dieser Wert hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert, obwohl die damalige Große Koalition 2009 mit dem Flexi-II-Gesetz Erleichterungen beschlossen hatte.

So wurde etwa geregelt, dass die Konten in Geldeinheiten geführt und insolvenzgesichert sein müssen. Auch hat der Gesetzgeber Sorge getragen, dass ein Zeitguthaben beim Wechsel des Arbeitgebers nicht verfällt.  

Dennoch ist das Instrument kaum verbreitet. Zwar haben laut IAB rund drei Millionen Beschäftigte die Möglichkeit, ein Langzeitkonto zu nutzen. Davon machen aber nur rund 800.000 tatsächlich Gebrauch. Das entspricht etwa jedem fünfzigsten Beschäftigten.

Familienzeiten werden wichtiger

Bei den Verwendungsmöglichkeiten der Zeitguthaben dominieren heute Sabbaticals und Familienzeiten, vor allem Letztere haben an Bedeutung gewonnen. Eine steigende Tendenz gibt es auch  bei der Option, Zeit für Weiterbildungen anzusparen. Dagegen hat die Anzahl der Betriebe, die mit dem Zeitguthaben die Frühverrentung ermöglichen, abgenommen.  

Für die geringe Verbreitung der Zeitwertkonten nennen die IAB-Forscher mehrere Gründe: „Die gesetzlichen Regelungen werden als zu kompliziert empfunden und sind offensichtlich nicht ausreichend attraktiv für Arbeitgeber, die letztlich über die Einführung solcher Konten entscheiden“, schreiben sie.

Aber auch für die Zurückhaltung der Beschäftigten gibt es gute Gründe. So kann sich nicht jeder Angestellte leisten, für spätere Freistellungen auf Lohn zu verzichten oder Freizeit dafür zu opfern. Zudem ist es vielen Beschäftigten offenbar wichtiger, unter der Woche mehr Zeit etwa für die Kinder zu haben, als irgendwann ganz zu pausieren. „Konsequentes Ansparen für eine längerfristige Verwendung geht zulasten von Zeitoptionen im Alltag“, heißt es im IAB-Bericht.

Arbeit, die zum Leben passt, ist eben doch eine sehr individuelle Angelegenheit.

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