Arbeitsmarkt Zahl der befristeten Jobs geht zurück – doch das ist für viele Beschäftigte keine gute Nachricht

Im Saisongeschäft des Gastgewerbes ist der Anteil befristeter Jobs traditionell hoch.
Berlin Für die Befürworter gelten Zeitverträge als Brücke in den Arbeitsmarkt, Kritiker sehen in befristeten Jobs dagegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die mit ständiger Unsicherheit verbunden sind. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat deshalb kurz vor Ablauf der Wahlperiode noch den Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, mit dem zumindest jene Jobs stärker reguliert werden sollen, die ohne sachliche Begründung ein Ablaufdatum haben.
Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt aber nun, dass die Zahl der Verträge auf Zeit zuletzt auch ohne Eingriff des Gesetzgebers stark zurückgegangen ist. Hauptgrund dafür dürfte die Corona-Pandemie sein.
Der Erhebung zufolge ist die Zahl der befristet Beschäftigten zwischen 2018 und 2020 von 3,2 Millionen auf 2,4 Millionen gesunken. Der Anteil der Zeitverträge an allen Beschäftigungsverhältnissen sank dabei von 8,3 auf 6,3 Prozent – das ist der niedrigste Wert seit 2004.
Für den starken Rückgang sieht Studienautor Christian Hohendanner vor allem zwei Ursachen: 2019, im Jahr vor der Pandemie, als viele Firmen über Fach- und Arbeitskräfteengpässe klagten, wurden noch viele Arbeitnehmer nach Ablauf ihres Zeitvertrags in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen.
So endete in der ersten Hälfte der Jahre 2016 bis 2019 jeweils nur etwa ein Viertel der Zeitverträge ohne eine Verlängerung oder eine unbefristete Übernahme des Beschäftigten. Im ersten Halbjahr 2020 stieg dieser Anteil dann auf fast ein Drittel. Das bedeutet, dass rund 278.000 Beschäftigte mitten im ersten Lockdown ihre Perspektive verloren, weil ihr Vertrag auslief. Besonders ausgeprägt war diese Krisenreaktion der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, im Gastgewerbe und in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie.
Die Coronakrise zeige, dass nicht alle Erwerbstätigen in gleicher Weise abgesichert seien, schreibt Hohendanner: „Neben geringfügig Beschäftigten und Kleinselbstständigen, die in der Covid-19-Pandemie zum Teil hohe Einkommenseinbußen zu verkraften hatten, gilt dies vor allem für befristet Beschäftigte, die naturgemäß nur für die Dauer ihres Vertrags Beschäftigungssicherheit genießen.“
Neueinstellungen gehen deutlich zurück
Im Corona-Jahr 2020 wurden nicht nur weniger Beschäftigte mit Zeitvertrag übernommen, sondern die Zahl der Neueinstellungen insgesamt brach ein. Im Zuge dessen ging auch die Zahl der befristeten Neueinstellungen von 1,1 Millionen in der ersten Jahreshälfte 2019 auf rund 800.000 im ersten Halbjahr 2020 zurück.
Dies treffe vor allem Berufsanfänger, Arbeitsuchende und Arbeitslose, die zum Teil in der Pandemie ihre Stelle verloren hätten, schreibt Hohendanner. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit in vielen Betrieben hat sich aber der Anteil der befristeten Verträge bei allen Einstellungen gegenüber 2019 kaum verändert und liegt weiter deutlich unter dem Niveau der Jahre bis 2018. Die Entwicklung der vergangenen Jahre mache deutlich, dass befristete Verträge tendenziell stärker in Aufschwungphasen genutzt würden, heißt es in der Studie.
„Sie erfüllen dann auch eine Brückenfunktion in unbefristete Beschäftigung, wie die Übernahmequoten während des Beschäftigungsbooms seit 2005 gezeigt haben.“ Es sei zu erwarten, dass bei einem Aufschwung auch Befristungen wieder an Bedeutung gewinnen werden.
Zurückgegangen in der Krise ist auch die sogenannte sachgrundlose Befristung, die Arbeitsminister Heil jetzt regulieren will. Für knapp 1,4 Millionen der im ersten Halbjahr 2020 registrierten gut 2,4 Millionen befristeten Beschäftigungsverhältnisse gab es keinen im Teilzeit- und Befristungsgesetz definierten Grund. Die Quote ist damit gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken.
Sachgrundlose Befristungen kommen am häufigsten in Betrieben mit 101 bis 250 Beschäftigten vor, wo ihr Anteil bei 5,7 Prozent der Gesamtbeschäftigung (ohne Auszubildende) liegt. Nach Branchen stechen vor allem die Nahrungs- und Genussmittelbranche, das Gastgewerbe und der Einzelhandel hervor.
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