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Armuts- und Reichtumsbericht Die meisten Bürger kommen finanziell gut durch die Pandemie – Verschuldung bei Geringverdienern steigt

Die Coronakrise trifft vor allem Menschen mit niedrigeren Einkommen, zeigt der Entwurf für den sechsten Armuts- und Reichtumsbericht. Zuvor war die Armut in Deutschland gesunken.
05.03.2021 - 20:28 Uhr Kommentieren
Der Armuts- und Reichtumsbericht wirft erstmals auch einen Blick auf das Vermögen der Superreichen. Quelle: picture alliance / blickwinkel/R
Vermögen

Der Armuts- und Reichtumsbericht wirft erstmals auch einen Blick auf das Vermögen der Superreichen.

(Foto: picture alliance / blickwinkel/R)

Berlin Bei einem Großteil der Deutschen hat die Corona-Pandemie bisher nicht zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation geführt. Bei drei von vier Bürgern ist das Einkommen im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie gleich geblieben oder sogar gestiegen.

Dies geht aus dem Entwurf für den sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor, der dem Handelsblatt vorliegt. Der Bericht, der unter Federführung des Bundesarbeitsministeriums alle vier Jahre erstellt wird, liegt derzeit zur Abstimmung in den Ressorts und soll im Frühjahr veröffentlicht werden.

80 Prozent der Teilnehmer einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung benötigten demnach in der Coronakrise im August 2020 keinerlei staatliche Unterstützung. Am häufigsten in Anspruch genommen wurde damals das Kurzarbeitergeld – und zwar von zehn Prozent der Befragten. Soforthilfe für Selbstständige hatten drei Prozent der Befragten erhalten.

Knapp 17 Prozent der Befragten hatten jedoch Schwierigkeiten, in der Zeit seit Beginn der Pandemie ihre laufenden Ausgaben zu decken. Besonders betroffen war das Fünftel der Bürger mit den niedrigsten Einkommen – von ihnen klagten 30 Prozent über entsprechende Probleme. Auch Selbstständige hatten oft Schwierigkeiten, noch für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

Die Verschuldung ist vor allem in den unteren Einkommensgruppen durch die Coronakrise angestiegen. Es zeige sich, „dass die mit der Pandemie verbundenen Einkommensrisiken in den unteren Einkommensbereichen größer sind“, heißt es im Berichtsentwurf. Dies habe auch damit zu tun, dass dort nur wenig Rücklagen oder andere finanzielle Spielräume vorhanden seien.

Sorge bereitet den Verfassern des Berichts, dass Kita- und Schulschließungen sich nachteilig auf Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen auswirken könnten. „Dies kann in den kommenden Jahren zu einer großen bildungspolitischen Herausforderung werden.“

Andererseits hätten die Erfahrungen der Krise dazu geführt, dass Befragte aus materiell eher benachteiligten Haushalten ihren Kindern jetzt eher dazu raten würden, ein Studium aufzunehmen. „Dies war in früheren Krisen eher umgekehrt, in denen Sicherheitserwägungen eher zu einer Verkürzung von Ausbildungen führten.“

Ein interessanter Punkt des Armuts- und Reichtumsberichts ist, dass weniger als die Hälfte der zur Coronakrise Befragten angaben, beunruhigt über die eigene wirtschaftliche Lage zu sein, sich aber neun von zehn Befragten Sorgen um die Gesamtwirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt machen.

Grünen fordern Krisenhilfen

„Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich und die Erfahrung von immer mehr Menschen, in der Krise hängen gelassen zu werden, ist Gift für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

Menschen mit wenig Einkommen müssten jetzt gezielt unterstützt werden, etwa durch ein Mindestkurzarbeitergeld, direkte Hilfen für Soloselbstständige und einen verlässlichen Krisenaufschlag für Grundsicherungsempfänger.

Dagegen listet das Arbeitsministerium im Bericht einen ganzen Katalog von Krisenhilfen auf, mit denen die Große Koalition auch den „Bedürfnissen der ökonomisch schwächeren Gesellschaftsmitglieder Rechnung getragen“ habe.

Unabhängig von der Pandemie wirft der Bericht ein Schlaglicht auf die materielle Situation der Haushalte in Deutschland. Das Armutsrisiko ist seit 2010 leicht gestiegen und betraf zuletzt je nach Quelle 15 bis 16 Prozent der Bevölkerung. Als armutsgefährdet gelten Menschen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen.

Zwar profitierten fast alle Einkommensbezieher davon, dass dank der guten Arbeitsmarktlage im Betrachtungszeitraum Löhne und Gehälter kräftig stiegen. Doch fiel das Plus in den mittleren und höheren Einkommensgruppen stärker aus als in den niedrigen, die teils sogar Einkommensverluste hinnehmen mussten.

Seit 2013 stetig zurückgegangen ist die sogenannte erhebliche materielle Deprivation, die mit echten Entbehrungen verbunden ist. Die Quote der Menschen, die sich vier von neun definierten Ausstattungsgegenständen wie Telefon, Fernseher oder eine ausreichend beheizte Wohnung nicht leisten konnten, lag zuletzt bei 3,1 Prozent.

Der Anteil der Einkommensreichen ist dagegen seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts konstant: Über mindestens das Doppelte des mittleren Einkommens verfügen etwa acht Prozent der Bürger, über mindestens das Dreifache etwa zwei Prozent.

Datenlage über hohe Vermögen verbessert

Deutlich wird auch die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland: Auf die untere Hälfte der Haushalte entfällt rund ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinen. Die Ungleichverteilung ist zuletzt aber etwas zurückgegangen.

Über ein individuelles Vermögen von mindestens 500.000 Euro verfügten 3,8 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil der Männer war dabei fast doppelt so hoch wie der der Frauen. Immobilienvermögen machten mit 70 Prozent den Großteil der Vermögen aus. Ihr im Jahr 2018 von den Befragten geschätzter Wert war gegenüber 2008 um 41 Prozent angestiegen.

Ererbte Vermögen machen im Schnitt rund 35 Prozent des Gesamtvermögens aus. In der unteren Hälfte der Verteilung liegt der Anteil nur bei etwa einem Viertel, in der oberen Hälfte bei über 30 Prozent, beim obersten Prozent sogar bei knapp 40 Prozent.

Verbessert wird mit dem sechsten Armuts- und Reichtumsbericht vor allem die Datenlage über sehr hohe Vermögen. Dafür hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eigens eine Stichprobe erhoben. Die in früheren Studien eher unterschätzte Rolle der Hochvermögenden wird so besser erfasst. Bezieht man die Superreichen ein, verfügt das obere Zehntel der Vermögensverteilung nicht nur über 59 Prozent des Gesamtvermögens, sondern über 64 Prozent.

Das durchschnittliche Bruttovermögen der Hochvermögenden war mit rund 2,2 Millionen Euro rund 17-mal so hoch wie das für die Gesamtbevölkerung berechnete. Bei den Superreichen stellt das Betriebsvermögen mit 54 Prozent die bedeutendste Vermögenskomponente dar.

Mehr: Wann bin ich reich? Das sagen Ökonomen

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