Belastung für Unternehmen Neue Studie: Vermögensteuer schadet Wirtschaft massiv und bringt Fiskus wenig

Auch die Linke setzt auf die stärkere Besteuerung großer Vermögen.
Berlin Olaf Scholz ist eigentlich kein Politiker, vor dem sich Unternehmer besonders fürchten. Doch als SPD-Kanzlerkandidat hat er sich eine Forderung seiner Partei zu eigen gemacht, die der Wirtschaft Angst bereitet: Der Vizekanzler plädiert für die Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Als Bundesfinanzminister hat Scholz zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 rund 470 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Und im Wahlkampf wird nun diskutiert, wer die Krisenrechnung begleichen soll. SPD, Grüne und Linke schlagen in ihren Wahlprogrammen eine Vermögensteuer vor.
Eine neue Studie des Ifo-Präsidenten Clemens Fuest im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen bestätigt die Sorgen der Wirtschaft. Der Ökonom untersucht die Auswirkungen einer solchen Steuer und kommt zu einem vernichtenden Urteil: Die Vermögensteuer würde großen Schaden anrichten und dem Staat gleichzeitig geringere Einnahmen bescheren als erhofft.
„Insgesamt birgt das Projekt der Einführung einer Nettovermögensteuer für Deutschland erhebliche ökonomische und fiskalische Risiken“, schreibt Fuest in der 50-seitigen Studie. „Die Kombination aus Ertragsteuern und der neuen Vermögensteuer würde die effektive steuerliche Belastung von Investitionen massiv erhöhen.“
Jahrzehntelang hatte es in Deutschland eine Vermögensteuer gegeben, bis das Bundesverfassungsgericht 1995 in einem Urteil bemängelte, Immobilien würden wegen veralteter Bewertungsmaßstäbe bei der Vermögensteuer deutlich bevorzugt. Die damalige Bundesregierung unter Helmut Kohl (CDU) handelte nicht, ab 1997 wurde die Steuer nicht mehr erhoben. In den vergangenen Jahren erlebte die Steuer mit dem Aufkommen einer neuen Ungleichheitsdebatte in Deutschland ein Comeback. Auch die immensen Kosten durch die Coronakrise haben den Ruf nach einer Vermögensteuer wieder lauter erklingen lassen.
Vermögensteuer wegen Kosten der Coronakrise?
Ökonom Fuest hält die Begründung, mit der Steuer sollten die Kosten der Coronakrise gerecht verteilt werden, für nicht überzeugend. Denn dabei werde übersehen, dass die Ertragsteuern bereits dafür sorgen, dass Steuerzahler, die in der Krise keine Verluste erlitten oder sogar Gewinne erzielt haben, einen entsprechenden Beitrag leisten würden. „Außerdem ist der Bestand des Nettovermögens kein angemessener Indikator für krisenbedingte Gewinne oder Verluste“, heißt es in der Studie weiter.
Die SPD will Nettovermögen ab zwei Millionen Euro mit einem Prozent besteuern, Vermögen ab einer Milliarde Euro mit zwei Prozent. Zwischen 17 und 24 Milliarden Euro würde die Steuer nach Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Jahr einspielen, bei Freibeträgen für Unternehmen etwas weniger. Die Pläne der Grünen sehen ähnlich aus, das Konzept der Linken sieht vor, Vermögen ab einer Million Euro mit ein bis fünf Prozent zu besteuern.
Auch wenn ein Steuersatz von einem oder zwei Prozent gering klingt, nach Berechnungen von Fuest würden sie die Unternehmen trotzdem stark belasten. „Die ökonomischen Wirkungen der Einführung von Nettovermögensteuern sind bereits bei gering erscheinenden Steuersätzen signifikant“, heißt es in der Studie. Dabei wird die Grenzbelastung betrachtet, also die zusätzliche Steuer, die zu entrichten ist. Aus Sicht von Fuest ist dies für Investitionsentscheidungen die relevante Größe.
Bei sehr profitablen Investitionen (Rendite 13 Prozent) erhöhe eine Vermögensteuer von einem Prozent die effektive Durchschnittssteuer von rund 30 auf 38 Prozent. Bei weniger rentablen Investitionen (Rendite drei Prozent) steige die Steuerbelastung auf 65 Prozent. Gerade für Unternehmen mit eher niedriger Profitabilität würde demnach die Einführung einer Nettovermögensteuer einer Verdopplung der Ertragsteuern nahekommen, so Fuest.
„Erhebliche negative Auswirkungen auf Investitionen, Wachstum und Beschäftigung“
Angesichts dieser Belastungen fürchtet der Ökonom „erhebliche negative Auswirkungen auf Investitionen, Wachstum und Beschäftigung“. Nach einer Simulationsrechnung könnte das Bruttoinlandsprodukt acht Jahre nach Einführung einer Vermögensteuer um bis zu 6,2 Prozent niedriger sein als ohne.
Die Stiftung Familienunternehmen, die die Studie in Auftrag gegeben hat, sieht sich in ihrer Ablehnung der Vermögensteuer bestätigt. „Eine solche Steuer setzt einen Anreiz zum Kapitalabfluss ins Ausland“, sagt Vorstand Rainer Kirchdörfer. „Dies würde gerade die Familienunternehmen mit ihrem oft hohen Eigenkapitalanteil in ihrer Solidität angreifen.“
Wenn die Annahmen von Fuest zutreffen, dass eine Vermögensteuer zu geringerem Wachstum und weniger Beschäftigung führt, würde das auch die Steuereinnahmen schmälern. Dies bedeute, „dass Nettovermögensteuern das Steueraufkommen in Deutschland langfristig senken würden“, heißt es in der Studie. Den geschätzten Einnahmen von 17 Milliarden Euro könnten demnach ein Aufkommensverlust bei anderen Steuern von 38 Milliarden Euro gegenüberstehen.
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@Neumann: Ich erklär Ihnen das mal: wir lassen das Cash, das uns das Finanzamt nach Abzug von 31% lässt, weitestgehend im Unternehmen. Je mehr Cash-Puffer wir haben, je lockerer bauen wir aus. Das Jahr 2009 steckt uns noch genügend in den Knochen. Ohne Puffer kein Ausbau. Da das Finanzamt den Unternehmenswert mit 13,75-fachem Nachsteuerertrag ansetzt, bedeutet 1% Vermögensteuer eine sehr große Summe. Die haben wir außerhalb des Unternehmens überhaupt nicht. Also müssen wir erst ausschütten, wobei das Finanzamt wieder zulangt. So kommen die 44% zustande die dann am Ende vom Vorsteuergewinn beim Finanzamt landen. Wenn auch noch die Ausschüttungsbesteuerung verschärft wird, wird es noch viel mehr. Und da die Wertbestimmung eine Vergangenheitsberechnung ist, gute Nacht bei einem Abschwung. Wie Sie auf Ihre Logik kommen ist mir ein Rätsel. Was für eine GmbH ist Ihre? Kann ich noch was lernen?
Also, wir haben auch eine GmbH. Wenn es gut läuft, stellen wir Leute ein - müssen also keine Steuern zahlen. Das Finanzamt nimmt uns doch nicht das Geld, mit dem die GmbH wächst und die MitarbeiterInnen bezahlt werden, sondern etwas anteilig von dem Geld, was wir rausziehen - und mit der Vermögenssteuer dann auch einen kleinen Teil dessen, was wir mit der GmbH und anderem Vermögen haben. Wenn wir mit dem Vermögen arbeiten, wird es ja trotzdem mehr - aber dass wir das haben, und woanders krankt die Gesellschaft, können wir nicht ernsthaft fordern. Wir können natürlich streiten, wofür der Staat das dann im Sinne systemischer Senken ausgibt. Toll auch immer die Beispiele, dass in anderen Ländern so sehr viel weniger Steuer bezahlt würde - dann ab, hin da. Inwieweit am Ende die Wertschöpfung im Ländle durch systemische Quellen auch dank Investitionen erhöht wird, sollten wir nicht als Deutungshoheit hinausposaunen, sondern sehr differenziert tatsächlich einmal untersuchen - nicht als Gefälligkeitsgutachten, sondern systemisch.
Und noch was für Herrn Pella u.a.: Mag sein dass viele gar nicht verlagern können, aber was ist gewonnen wenn sie weniger Arbeitsplätze hierzulande aufbauen? Genau das wird die Folge sein, wenn das Finanzamt 44% und mehr abschöpft. Ob das dann auf lange Sicht überhaupt Mehreinnahmen für den Staat erzeugt ist auch noch die Frage.
@Heidel: Ich errechne im Nominalfall bei 1% Vermögensteuer, Beibehalt der Abgeltungsteuer und konstanter Ertragslage meiner GmbH sage und schreibe 44% faktische Ertragsteuer. Wo der Durchschnitt in der EU 21% ist. Mit Abschaffung der Abgeltungsteuer wird es noch mehr und wenn auf gute Jahre schlechte folgen kann Vollabschöpfung die Folge sein.
@Pella: Seit wann sind Fakten Blödsinn?
Hmm, Auftrag erteilt und eigene Einschätzung dadurch bestätigt. Als Systemforscher anders geschaut:
Die Gesellschaft hat Ausgaben und Wohlstand basiert auf der funktionierenden (Bildung, Gesundheit, Infrastrukturen, Sicherheit, Kostenvermeidung durch Nachhaltigkeit,....) Gesellschaft. Wer also soll die Ausgaben tragen? Der Glaube an noch zu steigerndes Wirtschaftswachstum? Es geht ja nicht darum, Reiche arm zu machen, sondern Lasten zu tragen. Wir Reichen tragen die Lasten schon? Klar, aber unser Reichtum ist ja auch nur möglich, weil auf der anderen Seite Menschen weniger reich und immer noch friedlich sind.
Dann die andere Frage: bei einer noch höheren Besteuerung würde die Investition sich nicht mehr lohnen? Langfristig sollte das der Markt regeln und solange ich investiere, zahle ich auch keine Steuern - erst wenn ich inaktiv werde oder ernte - und dann ist es wieder Ertrag. Es wird gern suggeriert das Risiko liege in der Steuer - aber die Steuer kommt doch erst, wenn das Risiko sich bezahlt macht.
Die beiden Großkirchen in Deutschland verfügen über ein geschätztes Vermögen von insgesamt 1 Billion Euro. Es geht um große Ländereien und Immobilien in Innenstädten. Es sind jedoch die Kunstschätze und Kirchen nicht mitgerechnet. Aufgrund der Total-Steuerfreiheit der Kirchen kommt also von den Kirchen kein Cent Vermögensteuer. Es kommt noch doller: Die beiden Großkirchen beraten zur Zeit muslimische Verbände, wie sie auch zu Total-Steuerfreiheit kommen können. Wenn Sie keine Vermögensteuer bezahlen wollen wissen Sie nun, was zu tun ist. Glückauf.
........... wenn mal kein Geld verdient wird........
Wer verlagert denn noch heute seinen Standort?
Die es konnten, haben bereits ihre Standorte verlagert.
Wie soll der Wähler noch mehr verdummt werden?
Man muss in der Tat kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um zu erkennen, dass eine Substanzsteuer Unternehmen massiv schadet, und so Investitionen und in Folge Beschäftigung (im Inland!) verringert. Im vereinfachten Ertragswertverfahren wird der Unternehmenswert durch den mittleren Jahresüberschuss ermittelt, z.B. als das 13,75 fache.
Bei 1% Vermögenssteuer und 1 Mio. EUR Jahresüberschuss fallen also zusätzliche 137.500 EUR Steuer an, d.h. die Steuerquote erhöht sich von bspw. 30% auf ca. 44% mit allen Folgen auf die Möglichkeit, in Innovationen und Klimaschutz zu investieren.
Schlimmer wirds, wenn wenn mal kein Geld verdient wird: die Bewertung sinkt zunächst nicht, Liquidität für die Vermögensteuer wird trotzdem benötigt, Substanz fließt weiter ab, oder der Betrieb muss schlimmstenfalls verkauft werden. Und jeder Erwerber sucht erst mal die Effizienzpotentiale und verlagert an seinen Heimatstandort z.B. in China oder Osteuropa.
Aber immerhin dem deutschen Gerechtigkeitsgefühl wurde Genüge geleistet...
Selten so ein Blödsinn gelesen.
Frau Heidel hat Recht. Das HB O läuft Gefahr, bei solch einer Berichtsgestaltung einige weitere zahlende Leser zu verlieren.
Die Redaktion befindet sich wohl auf`s "Gatteis".
Ein finanzstarker Lobbyverband gibt bei einem bekannten Gegner der Vermögensteuer eine "Studie" in Auftrag, und schwupps kommt das gewünschte Ergebnis heraus. Das hat nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern ist pure Wahlpropaganda. Und das Handelsblatt macht brav einen Bericht darüber, wo das alles noch einmal schön nachgebetet wird.