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Bürokratie Corona-Hilfen: Unternehmen und Steuerberater am Limit

Pandemie-Programme, neue Grundsteuer, Jahresabschlüsse – die Zunft der Steuerberater warnt vor Überlastung und sendet einen Hilferuf an die Politik.
01.10.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Die Steuerbürokratie ist durch die Corona-Hilfen enorm angewachsen. Die Branche fühlt sich durch das hohe Arbeitspensum zunehmend überfordert. Quelle: dpa
Steuerberater

Die Steuerbürokratie ist durch die Corona-Hilfen enorm angewachsen. Die Branche fühlt sich durch das hohe Arbeitspensum zunehmend überfordert.

(Foto: dpa)

Berlin Für Unternehmen und Selbstständige, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, hat die Regierung zahlreiche Hilfsprogramme aufgelegt. Nun steht bald die Schlussabrechnung an. Doch noch sind die Details hier weitgehend unklar.

Das ist nicht nur für die Unternehmer kritisch, denen die Rückzahlung von Hilfsgeldern droht. Auch die mit der konkreten Abwicklung der Programme betrauten Steuerberater sind am Limit.

„Neben dem Alltagsgeschäft wie Steuererklärungen, Jahresabschlüsse sowie Lohnbuchhaltung ist das alles ein enormes Arbeitsaufkommen, bei gleichbleibender Personalausstattung“, sagte der Präsident der Bundessteuerberaterkammer (BStBK), Hartmut Schwab, dem Handelsblatt. „Im Grunde genommen ist das alles kaum zu schaffen.“

Er fordert, die Steuerberater in dieser „angespannten Situation“ nicht unnötig weiter zu belasten. Die Schlussabrechnung der Corona-Hilfen müsse „einfach, unbürokratisch und rechtssicher“ möglich sein.

Zuletzt waren rund 45.000 Steuerberater beim Bundeswirtschaftsministerium registriert, um für ihre Mandanten auf die Hilfsprogramme zugreifen zu können. Dabei geht es mittlerweile um eine lange Liste unterschiedlichster Corona-Maßnahmen: die Überbrückungshilfen I bis III, die November- und Dezemberhilfe, die Neustarthilfe, die Nachanträge zur Überbrückungshilfe III, die Überbrückungshilfe III Plus und die Neustarterhilfe Plus.

Für die verschiedenen Programmlinien liegen aktuell rund 1,8 Millionen Bewilligungen vor, wie das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage mitteilte. Allein bei der Überbrückungshilfe III existieren rund 410.000 Anträge bei einem Volumen von 20 Milliarden Euro. Die Steuerberater müssen komplexe Vergleichsrechnungen erstellen und abwägen, welches Programm für den Mandanten passend ist.

Auch beihilferechtliche Aspekte spielen eine Rolle

Hat ein Unternehmen Zahlungen aus mehreren Programmen in Anspruch genommen, muss jedes der unterschiedlichen Programme in der Schlussabrechnung berücksichtigt werden. Dabei geht es auch um beihilferechtliche Aspekte. Insgesamt darf das Unternehmen die ihm grundsätzlich zustehende Fördersumme nicht überschreiten.

Es können Rückzahlungen oder Nachzahlungen erfolgen, betonte das Bundeswirtschaftsministerium – „je nach den tatsächlich angefallenen Kosten und erlittenen Umsatzeinbrüchen“.

Die Schlussabrechnungen müssen demnach bis zum 30. Juni 2022 vorgelegt werden. Für die Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen werde das Verfahren der Schlussabrechnung derzeit konzipiert.

Für die ersten Hilfsprogramme können laut Ministerium voraussichtlich im Dezember 2021 die Schlussabrechnungen elektronisch eingereicht werden. Zudem sei eine zusammengefasste Einreichung der Schlussabrechnungen für die verschiedenen Programmlinien vorgesehen, „um eine effiziente Bearbeitung für die prüfenden Dritten und Bewilligungsstellen zu ermöglichen“.

Für die ersten Corona-Hilfsprogramme können laut Ministerium voraussichtlich im Dezember 2021 die Schlussabrechnungen elektronisch eingereicht werden. Quelle: dpa
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)

Für die ersten Corona-Hilfsprogramme können laut Ministerium voraussichtlich im Dezember 2021 die Schlussabrechnungen elektronisch eingereicht werden.

(Foto: dpa)

Kammerpräsident Schwab fordert: „Inhaltliche Regelungen müssen frühzeitig feststehen und dürfen nicht mehr nachträglich verändert werden.“ Die staatliche IT-Infrastruktur müsse stabil sein und von Anfang an fehlerfrei funktionieren.

Außerdem müsse es bei der Schlussabrechnung möglich sein, beantragte Hilfen uneingeschränkt nachträglich zu korrigieren – etwa wenn Anträge falsch gestellt wurden, weil es Unsicherheiten bei den Programmvorgaben oder beim Beihilferecht gab. Hier geht es auch um Haftungsrisiken für Steuerberater.

Steuerberater halten Fristen für utopisch

Die Bundessteuerberaterkammer hält vor allem die Frist für utopisch. Denn in den Kanzleien herrscht ohnehin ein enormes Arbeitsvolumen: Laufende Buchhaltung, Beratung, Kurzarbeitergeld, die Steuererklärungen 2020 sowie die Offenlegung der Jahresabschlüsse und die Grundsteuererklärungen konkurrieren mit den zeitaufwendigen Corona-Hilfen.

Die Frist für die Schlussabrechnung muss darum nach Ansicht der Kammer um mindestens ein halbes Jahr ausgeweitet werden. Zudem müsse die bereits verlängerte Abgabefrist der Jahressteuererklärungen 2020 für steuerlich Beratende um weitere drei Monate bis Ende August 2021 ausgeweitet werden. Gleiches gelte für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2020, um alles etwas zu „entzerren“.

Zusätzlich erschwert wird die Situation durch die reformierte Grundsteuer. „Das wird ein riesiger Kraftakt“, erklärt BStBK-Präsident Schwab. „Um die Grundsteuer neu berechnen zu können, müssen mehr als 35 Millionen Immobilieneinheiten neu bewertet werden.“ Für Steuerpflichtige und ihre Berater heiße dies: Daten herbeischaffen und Unterlagen vorbereiten.

Derzeit sieht die Finanzverwaltung vor, dass zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 die Feststellungserklärungen für die Grundstückswerte elektronisch abgegeben werden müssen.

Hier sieht BStBK-Präsident Schwab ein „eklatantes Missverhältnis“ bei der gewährten Bearbeitungszeit: „Steuerpflichtige müssen innerhalb von vier Monaten alles herbeischaffen, die Verwaltung hat für die weitere Bearbeitung mehr als 24 Monate Zeit.“ Auch hier plädiert die Kammer für eine Fristverlängerung.

Schwab sieht die Forderungen für seine Zunft als gerechtfertigt: „Seit fast anderthalb Jahren betreuen die Steuerberater ihre Mandanten bei den Corona-Hilfen und dies unter enormem Zeitdruck und mit vielen rechtlichen Unklarheiten.“

Das helfe maßgeblich dabei, „die Wirtschaft über Wasser zu halten“. Dass dies gelinge, zeigten aktuelle Wirtschaftsdaten: Die befürchtete Insolvenzwelle im Mittelstand sei ausgeblieben.

Mehr: Wie Finanzämter und Steuerfahnder Corona-Betrug auf die Spur kommen wollen

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