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Bürokratie Digitale Verwaltung: Was Deutschland von Österreich lernen kann

Behördengänge online erledigen – Was in Deutschland noch nicht funktioniert, ist in Österreich längst gängige Praxis. Woran das liegt und wie Deutschland aufholen kann.
15.07.2021 - 16:36 Uhr Kommentieren
In der deutschen Verwaltung läuft ohne Akte noch nicht so viel – anders sieht es in Österreich aus. Quelle: imago images/CHROMORANGE
Aktensammlung

In der deutschen Verwaltung läuft ohne Akte noch nicht so viel – anders sieht es in Österreich aus.

(Foto: imago images/CHROMORANGE)

Berlin „Für die Beantragung ist das persönliche Erscheinen notwendig“ – ein Satz, der viele Digitalisierungsträume zerstört. Während im Büro, im Handel und im privaten Leben die Technisierung rasant voranschreitet, müssen sich die Deutschen für einen neuen Personalausweis, ein Nummernschild oder eine Geburtsurkunde noch zum nächsten Bürgeramt aufmachen.

Österreich ist da weiter: Im Digital Economy and Society Index der EU, der den Digitalisierungsgrad der Mitgliedstaaten vergleicht, erreicht das Land im Bereich digitale Verwaltung Platz acht und lässt Deutschland auf Platz 21 damit weit hinter sich. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft und Eco Austria im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat jetzt untersucht, woran das liegt und was Deutschland vom kleinen Nachbarn lernen kann.

Klaus-Heiner Röhl, Senior Economist für Unternehmen am Institut der deutschen Wirtschaft, hat die Studie gemeinsam mit österreichischen Kollegen von Eco Austria verfasst. „Nicht nur Estland bekommt es besser hin“, sagt er. „Auch Länder wie Österreich, die ähnliche Strukturen haben wie Deutschland, sind bei der digitalen Verwaltung weiter als wir.“

Der Fokus der Studie lag bewusst auf dem Vergleich der beiden Nachbarstaaten – eine ähnliche Staatsstruktur mitsamt Föderalismus, ähnlicher Bürokratie und einer ähnlichen Mentalität machen beide Länder zumindest auf dem Papier zu ebenbürtigen Digitalisierungskonkurrenten.

Wie funktioniert die digitale Verwaltung in Österreich?

Das Zauberwort lautet Zentralisierung, denn alle wichtigen Verwaltungsaufgaben in Österreich sind über ein Portal, das „BRZ PortalAustria“, verfügbar. Die dazugehörige App hat Zugriff auf etwa 450 Anwendungen der österreichischen Verwaltung, die alle Organe – also Gemeinde, Städte, Länder und Bundesorganisationen – nutzen können.

Auch die Bürgerdienste sind digitalisiert. Mithilfe der App „Digitales Amt“ können die Österreicher Geburtsurkunden oder Reisepässe beantragen oder einen neuen Wohnsitz anmelden. Die Identifizierung läuft über einen einzigen Zugang, der zum Beispiel mithilfe der Handy-Signatur freigeschaltet werden kann und einer handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt ist.

Auch die Unternehmensgründung funktioniert über das Unternehmensserviceportal USP rein digital. Während in Deutschland dafür noch sieben Schritte bei unterschiedlichen Behörden notwendig sind, die größtenteils vor Ort erledigt werden müssen, funktioniert das in Österreich von zu Hause aus. „Das ist ein wichtiges Signal, dass Unternehmensgründung einfach ist“, sagt Wissenschaftler Röhl.

Insgesamt verfehlt Deutschland bisher das von der EU gesetzte Ziel, 73 Verwaltungsleistungen online zur Verfügung zu stellen, um ganze 73 – keine der geforderten Leistungen kann digital erledigt werden. Bis Ende 2023 ist noch Zeit, dann müssen die Vorgaben erfüllt sein. Um das noch zu erreichen, kann sich Deutschland von Österreich einiges abschauen.

Wieso ist Österreich bei der digitalen Verwaltung so viel weiter als Deutschland?

„In Österreich haben sich alle Ebenen darauf geeinigt, eine Digitalisierungsagentur zu schaffen“, sagt Klaus-Heiner Röhl. Obwohl auch Österreich föderal organisiert sei, würden sich dort die Verwaltungsebenen nicht gegenseitig im Weg stehen.

Viele der Anwendungen seien erst auf Bundesebene implementiert worden, um eine technologische Grundlage für andere Dienste zu bieten, die dann auf Länder- oder kommunaler Ebene umgesetzt würden.

Schon in den 1990er-Jahren begannen die Österreicher, ihre Verwaltung zu digitalisieren. Quelle: Unsplash
Hochhauskulisse von Wien

Schon in den 1990er-Jahren begannen die Österreicher, ihre Verwaltung zu digitalisieren.

(Foto: Unsplash)

Außerdem hat Österreich das Großprojekt Digitalisierung der Verwaltung sehr früh begonnen: Das Projekt PortalAustria als Cloud-Anwendung begann bereits Anfang der 2000er-Jahre. Schon 1997 wurde das Bundesrechenzentrum BZR als privates Unternehmen in Staatshand aus dem Bundesrechenamt ausgegliedert und fungiert seitdem als nationale Digitalisierungsbehörde.

Was kann Deutschland von Österreich bei der digitalen Verwaltung lernen?

Die Studie des INSM hat drei zentrale Punkte ausgearbeitet, auf die sich Deutschland bei der Aufholjagd konzentrieren sollte: eine Digitalisierungsagentur, eine rechtlich gültige Handysignatur und ein Recht auf digitalen Service.

Wissenschaftler Röhl sieht eine Agentur, die für ganz Deutschland die Dienstleistung der Digitalisierung übernimmt, als einen zentralen Faktor – ein eigenes Ministerium hingegen hält er für wenig sinnvoll. „Der Ansatz ist nicht falsch, aber das hätte man schon vor Jahren machen sollen“, sagt Röhl, „jetzt braucht es keine neuen Ideen, sondern jemanden, der die bestehenden Probleme beseitigt“.

Als „Dreh- und Angelpunkt für erfolgreiches E-Government“ sieht die Studie eine digitale Unterschrift, zum Beispiel per Handy. In Deutschland herrscht allerdings immer noch das Schriftformerfordernis, das bisher nicht durch eine sichere digitale Lösung ersetzt werden konnte.

In Österreich funktionieren dank der neuen Identifizierungsmöglichkeiten mittlerweile auch die Sozialversicherungen und kommunalen Dienste wie die Erteilung von Baubewilligungen oder die Müllentsorgung digital.

Außerdem sollten Bürger per Gesetz ein Recht auf digitalen Service bekommen – eines, das zur Not auch einklagbar ist. Klaus-Heiner Röhl bezeichnet das als „Peitsche“, um den Druck auf die Politik weiter zu erhöhen. „In Österreich hat es ohne funktioniert“, sagt er. Doch in Deutschland scheint eine digitale Verwaltung ohne ein solches Instrument ein Wunschtraum zu bleiben.

Mehr: Weniger Bürokratie, niedrigere Steuern, digitale Verwaltung: Das erwartet der Mittelstand von der nächsten Regierung.

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