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Bürokratische Hürden Ausländische Studenten haben einen schweren Start in Deutschland

Die Zulassung zu deutschen Hochschulen erfolgt oft zu spät, der Einstieg gelingt damit nur unzureichend. Das führt zu höheren Abbruchquoten.
16.10.2019 - 08:54 Uhr Kommentieren
Viele ausländische Studierende starten aufgrund bürokratischer Hürden erst verspätet in ihren Studiengang. Quelle: dpa
Voller Hörsaal zum Semesterauftakt

Viele ausländische Studierende starten aufgrund bürokratischer Hürden erst verspätet in ihren Studiengang.

(Foto: dpa)

Berlin Eigentlich ist es eine Erfolgsgeschichte: Seit Jahren steigt die Zahl der ausländischen Studenten in Deutschland. Im Wintersemester 2017/18 gab es 282.000 Studierende aus dem Ausland an deutschen Hochschulen – zehn Jahre zuvor waren es erst 178.000. Sie gelten als die äußerst wertvolle Ressource für den Arbeitsmarkt, da sie nicht mühsam aus dem Ausland angeworben werden müssen, sondern am Ende des Studiums Land und Sprache bereits kennen.

Auch international steht Deutschland bei der Attraktivität für ausländische Studenten OECD-weit auf einem sehr guten 4. Rang, lobt die Industrieländerorganisation. Das liege nicht nur am guten Preis-Leistungsverhältnis. Während anderswo vielfach hohe Gebühren anfallen, ist das Studium hierzulande fast kostenlos. Daneben seien in der Bundesrepublik aber „auch die Möglichkeiten für Ausländer, während des Studiums zu arbeiten und nach dem Studium in Deutschland zu bleiben, sehr gut“, heißt es bei der OECD.

Die Lage ist also gut, könnte aber noch viel besser sein. Denn viele Ausländer geben auf: 2016 brachen nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes 45 Prozent der ausländischen Bachelor-Studenten ihr Studium ab, im Master waren es 29 Prozent. Das ist deutlich mehr als bei den Einheimischen, wo 28 beziehungsweise 19 Prozent nicht zu Ende studierten.

Ein Grund ist vielfach mangelnde Integration von Anfang an: Denn ein großer Teil der Ausländer beginnt das Studium bereits mit einem Fehlstart. Nach einer Studie des Stifterverbands und des Studenten-Finanzdienstleisters Fintiba treffen fast 40 Prozent der ausländischen Studenten nicht rechtzeitig zu Semesterbeginn in Deutschland ein. Das liege vor allem daran, dass sie die Zulassung erst kurz zuvor erhalten und dann noch lange auf Visa warten müssen.

18 Prozent kämen sogar mehr als zwei Wochen zu spät und verpassen so die Einführungsveranstaltungen. De facto könnte der Anteil der Zuspätkommer sogar noch höher liegen, denn die Autoren gingen davon aus, dass sie am ersten Tag der Gültigkeit ihres Visums einreisen.

Basis für die Analyse der Fehlstarter waren Daten von 899 Studierenden der Fintiba-Datenbank. Das Unternehmen bietet ausländischen Studenten online Hilfe für den Weg nach Deutschland – wie etwa Kranken-, Einreise- und Mietkautionsversicherung und vor allem Sperrkonten für den Finanzierungsnachweis.

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Wenn Studenten abbrechen, schadet das nicht nur ihnen selbst – die Hochschulen müssen Nachrücker benennen, Wohnheime Zimmer neu vergeben, und der Wirtschaft gehen möglicherweise wertvolle Fachkräfte verloren.

Die Autoren empfehlen den Hochschulen daher dringend, Zulassungsbescheide mindestens 90 Tage vor Semesterbeginn zu versenden. „Nur so kann ein Studienstart gelingen“, sagt Stifterverbandsexperte Mathias Winde. Denn Ausländer bräuchten wegen der vielen Behördengänge und der Wohnungssuche viel mehr Zeit als Inländer.

Weil jedoch an vielen Hochschulen die Bewerbungsfristen erst drei Monate vor Semesterstart enden, „sollten sie entsprechende Kontingente für internationale Studierende bereits im Vorfeld abstecken und diese früher informieren, wie es einige Hochschulen bereits tun“, sagt Winde.

Die Länder Bremen und Niedersachsen zeigen, dass es schnell gehen kann: Dort hatte der Studie zufolge lediglich ein Drittel der Ausländer weniger als drei Monate Zeit zwischen Zulassung und Studienbeginn. In Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin galt das für zwei Drittel.

Die meisten Studenten aus dem Ausland kommen von außerhalb der EU: Mittlerweile stellen sie drei Viertel der ausländischen Studenten – vor zehn Jahren waren es noch zwei Drittel. Die meisten kommen aus China (37.000), Indien (17.000) und Russland (11.000).

Formulare häufig nur auf Deutsch

Daneben drängen die Autoren darauf, dass die Wartezeiten für Visa dringend gesenkt werden müssten. Dazu müsse Deutschland die Ausstattung in den Botschaften der deutlich gestiegenen Nachfrage nach Visa anpassen und zudem die Zusammenarbeit zwischen den Vertretungen und den Ausländerbehörden im Inland, die den Visa zustimmen müssen, verbessern.

Städte, Studentenwerke und Hochschulen müssten auch besser zusammenarbeiten, um ausländische Studenten bei der für sie besonders schwierigen Wohnungssuche zu unterstützen.

Ein großes Problem ist die Sprache: Heute sind fast sieben Prozent aller Studiengänge auf Englisch. Nach Daten des Studentenwerks waren zuletzt jedoch fast 40 Prozent der ausländischen Studenten „überwiegend englischsprachig“. Fast ein Fünftel kommt ganz ohne Deutschkenntnisse. Und „selbst Studierende mit guten Deutschkenntnissen stoßen etwa in Behörden schnell an ihre Grenzen“, mahnt der Stifterverband.

Daher sollten Hochschulen und Behörden die nötigen Formulare auch auf Englisch bereitstellen. Es könne auch nicht sein, dass selbst die Datenbank der Kultusminister zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise nur in Deutsch verfügbar ist.

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