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Bundeshaushalt Asylrücklage wächst auf mehr als 30 Milliarden Euro an

Die Haushaltslage ist so gut, dass der Bund die Flüchtlingsrücklage nicht antastet. Die FDP zweifelt jetzt den Sinn der Rücklage an.
01.11.2018 - 16:50 Uhr Kommentieren
Der Finanzminister befindet sich in einer komfortablen Finanzsituation. Quelle: dpa
Olaf Scholz

Der Finanzminister befindet sich in einer komfortablen Finanzsituation.

(Foto: dpa)

Berlin In der nächsten Woche geht es im Bundestag wieder zu wie auf einem Basar. Die sogenannte „Bereinigungssitzung“ steht an. In Raum 2.400 im Paul-Löbe-Haus zurren die Haushaltspolitiker in einer Marathonsitzung bis tief in die Nacht die letzten Details des Etats 2019 fest.

Schon jetzt sind für die Sitzung lange Wunschlisten von Ministerien und Parlamentariern eingereicht worden. Niemand will sich nachsagen lassen, nicht für seinen Bereich oder seinen Wahlkreis gekämpft und etwas herausgeholt zu haben. Hier 20 Millionen für Kultur, dort 50 Millionen für ein Verkehrsprojekt, woanders 100 Millionen für die Forschung? Die Politik verfährt derzeit nach dem Motto: Was kost‘ die Welt?

Denn Geld ist derzeit im Überfluss vorhanden. Die Haushaltslage ist so gut, dass der Bund auch in diesem Jahr die Flüchtlingsrücklage nicht antasten muss. Das hat das Bundesfinanzministerium nun erstmals schwarz auf weiß bestätigt.

„Aus heutiger Sicht wird aufgrund des erneut positiven Haushaltsverlaufs in diesem Jahr ebenfalls keine Entnahme aus der Asylrücklage zur Finanzierung der flüchtlingsbezogenen Belastungen erwartet“, heißt es in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion, die dem Handelsblatt vorliegt.

Ursprünglich hatte das Finanzministerium vorgesehen, dieses Jahr 1,6 Milliarden Euro aus der Rücklage zu entnehmen, um damit laufende Kosten zu bestreiten. Doch wieder sprudeln die Steuereinnahmen in diesem Jahr stärker als zunächst erwartet. Hinzu kommt die quälende Regierungsbildung zu Beginn des Jahres, die eine lange vorläufige Haushaltsführung nötig machte, weshalb etliche geplante Ausgaben gar nicht abgeflossen sind. Aus diesen Gründen dürfte der Bund das Haushaltsjahr 2018 mit einem zweistelligen Milliardenüberschuss abschließen, erwarten Experten – womit die Flüchtlingsrücklage weiter anschwillt.

Schon jetzt liegen 24 Milliarden Euro darin. Wenn noch der Überschuss aus 2018 dazukommt, werden es über 30 Milliarden sein. Ursprünglich war die Rücklage dazu gedacht, die Folgen der Flüchtlingskrise zu schultern. Da die Mittel aber Jahr für Jahr nicht abgerufen werden, hat die Rücklage aus Sicht der FDP längst ihren eigentlichen Sinn verloren.

FDP will die Rücklage auflösen

Die Liberalen fordern daher, die Rücklage aufzulösen. Drei Milliarden könnten etwa in den geplanten Digitalfonds fließen, der Rest in die Tilgung jener Schulden, die die Bundesregierung während der Finanzkrise 2008 aufnehmen musste. Dazu hatte sich die Bundesregierung damals auch per Gesetz verpflichtet.

Doch die Rücklage ist längst im Bundeshaushalt verplant. Denn ab dem nächsten Jahr drohen die goldenen finanziellen Zeiten zu Ende zu gehen. Die jüngste Steuerschätzung fiel deutlich pessimistischer aus als die vorherigen, der Bund kann ab 2019 vorerst nicht mehr mit Mehreinnahmen rechnen. Da die Ausgabefreude der Koalition aber ungebrochen ist, würde der Bund ohne den Abbau der Flüchtlingsrücklage in den nächsten Jahren sogar ein Minus einfahren.

So plant der Bund für 2018 mit einem strukturellen, also konjunkturbereinigten Defizit in Höhe von fünf Milliarden Euro, für 2020 mit sieben und für 2021 mit neun Milliarden Euro. Um das Minus jeweils auszugleichen, greift Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auf die Asylrücklage zurück.

„Der Minister benutzt den Schattenhaushalt der Asylrücklage, um zu kaschieren, dass er in den kommenden Jahren ein Milliarden-Minus im Bundeshaushalt hat“, sagt FDP-Haushälter Otto Fricke. „Mit Blick auf die Finanzplanung für die nächsten Jahre scheint Minister Scholz die Solidität des Bundeshaushalts zugunsten der Einlösung teurer SPD-Wahlversprechen aufzugeben.“ Die große Frage sei, wie der Bund die Löcher stopfen wolle, wenn die Flüchtlingsrücklage aufgezehrt sei.

Fricke ist mit dieser Kritik keineswegs allein. Statt die Rücklage gemäß der Schuldenbremse zur Schuldentilgung zu nutzen, werde sie als „zusätzliches Haushaltsinstrument“ eingesetzt, moniert die Bundesbank. Auch der Bundesrechnungshof schlug kürzlich Alarm. So würden neben der Flüchtlingsrücklage immer weitere Fonds und Rücklagen wie der Digitalfonds, die Rüstungsrücklage oder die Rentenreserve aufgelegt.

„Die Tendenz zu einer Töpfchenwirtschaft, also der Veranschlagung und Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln außerhalb des Kernhaushalts, schreitet voran“, rügten die Prüfer die Koalition. „Wesentliche Haushaltsgrundsätze wie Einheit, Jährlichkeit, Vollständigkeit, Fälligkeit und Klarheit werden hierdurch aufgegeben oder zumindest beeinträchtigt.“

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