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Bundeskanzlerin Merkels letzte Bundestagsrede: „Auf russische Provokationen nicht unkoordiniert reagieren“

Die Bundeskanzlerin wirbt in ihrer letzten Regierungserklärung für die Stärkung Europas. Besonders gegen einen Gegner könnten die Europäer nur gemeinsam vorgehen.
24.06.2021 - 12:30 Uhr Kommentieren
Eine besondere Rolle im Wiederaufbau nach der Pandemie spielen laut der Kanzlerin vor allem die Digitalisierung und der Übergang in eine grüne Wirtschaft. Quelle: Reuters
Angela Merkel im Bundestag in Berlin

Eine besondere Rolle im Wiederaufbau nach der Pandemie spielen laut der Kanzlerin vor allem die Digitalisierung und der Übergang in eine grüne Wirtschaft.

(Foto: Reuters)

Berlin Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in einer Regierungserklärung eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU angemahnt. Im ersten Schock der Corona-Pandemie hätten nationale Anstrengungen das Handeln bestimmt, bevor europäisch abgestimmt vorgegangen worden sei, sagte die Kanzlerin am Donnerstag im Bundestag.

„Wir wissen heute, dass wir das besser können und das auch in Zukunft besser machen werden“, sagte sie. „Deshalb sehe ich insbesondere in der Krisenreaktion, im Gesundheitsschutz, bei Schengen und im Binnenmarkt die Bereiche, in denen wir über eine Stärkung der europäischen Handlungsfähigkeit diskutieren müssen.“ Es sei wichtig, dass das Gespräch darüber beim Europäischen Rat begonnen werde.

„Die Koordinierung der ebenso einschneidenden wie im Wortsinne notwendigen freizügigkeitsbeschränkenden Maßnahmen kam viel zu zögerlich in Gang. Das muss im Falle eines Falles in Zukunft schneller gehen“, forderte Merkel. Auch jetzt noch gelinge es nicht ausreichend, Einreisen aus Drittstaaten zu koordinieren, insbesondere aus Virusvariantengebieten.

„Solange die Pandemie nicht überwunden ist, kann eine Debatte über Lehren aus der Krise nur ein erster Schritt eines längeren und tiefergehenden Prozesses sein“, sagte Merkel. „Aber dieser Prozess ist wichtig, denn die Fähigkeit und die Bereitschaft dazu werden darüber entscheiden, wie die Europäische Union künftige Herausforderungen dieser Größenordnung meistern wird.“

„Eine politisch erwirkte Freigabe“ der Patente von Impfstoffen lehnt Merkel weiter ab. Dies sei der falsche Weg. So wie heute sei die Welt auch künftig darauf angewiesen, dass Impfstoffe entwickelt würden. Dazu sei es wichtig, geistiges Eigentum zu sichern.

Merkel: EU muss Russland geeint antworten

Die Bundeskanzlerin hat zudem zu einem gemeinsamen Kurs gegenüber Russland aufgerufen. „Denn die Ereignisse der letzten Monate – und nicht nur in Deutschland – haben deutlich gezeigt, dass es nicht reicht, wenn wir auf die Vielzahl russischer Provokationen unkoordiniert reagieren“, sagte sie. „Stattdessen müssen wir Mechanismen schaffen, um gemeinsam und geeint auf Provokationen antworten zu können.“ Nur so werde man lernen, „den hybriden Angriffen Russlands etwas entgegenzusetzen“, so Merkel.

Die EU sei wegen ihrer räumlichen Nähe und ihrer Verantwortung gegenüber „Ländern in der östlichen Partnerschaft“ gefordert, „eine angemessene Antwort auf die russischen Aktivitäten zu geben“. Die Kanzlerin nannte die Ukraine, Weißrussland und Länder auf dem Westbalkan. Dafür müsse die EU auch den direkten Kontakt mit Russland und dem russischen Präsidenten suchen und Gesprächsformate schaffen.

Merkel hat von der EU neue Milliardenhilfen für die Türkei für die Versorgung von Flüchtlingen und eine Modernisierung der Zollunion mit dem Land gefordert. Der Umgang mit der Türkei und Russland werden zentrale Themen auf dem am Donnerstag beginnenden zweitägigen Gipfel der 27 EU-Staats- und Regierungschefs sein.

Die Türkei könnten von der EU weitere 3,5 Milliarden Euro für die Unterbringung von syrischen Flüchtlingen erhalten. Das sieht der Vorschlag der EU-Kommission für das Finanzpaket an die Türkei bis zum Jahr 2024 vor.

Auch SPD und Grüne wollen „mehr EU“

Den stärkeren nötigen Zusammenhalt der 27 EU-Staaten angesichts des Aufstiegs Chinas und einer Bedrohung durch Russland betonten auch andere Redner. Die EU müsse eine gemeinsame Antwort bei dem Umgang mit Ländern wie Russland oder China haben, mahnte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).

Er plädierte dafür, in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik künftig auf die Einstimmigkeit zu verzichten. Der AfD warfen mehrere Redner vor, mit ihrem nationalen Ansatz und der EU-Kritik deutschen Interessen zu schaden.

Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) betonten, dass die EU aber auch ihre Werte nach innen und außen verteidigen müsse. Sie kritisierten Ungarn für dessen umstrittenes Gesetz gegen sogenannte Werbung für Homosexualität. Das Verhalten von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auf dem anstehenden EU-Gipfel gilt nach Angaben von EU-Diplomaten derzeit als offen. Orban könnte notwendige Beschlüsse blockieren.

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock kritisierte zudem, die EU lasse es zu, dass Menschen etwa an der kroatischen Grenze abgewiesen würden.

Differenzen wurden in der Europa-Debatte etwa zwischen Union, SPD, Grünen und der FDP sichtbar. So verteidigten sowohl Vizekanzler Scholz als auch Laschet und Baerbock, dass die EU-Kommission für die Wiederaufbauhilfen in Höhe von 750 Milliarden Euro erstmals eigene Kredite aufnehmen kann.

Dagegen warnte FDP-Fraktionschef Christian Lindner vor einer Schuldenunion. Die neue Bundesregierung müsse sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehe: einer eher südeuropäisch geprägten lockeren Schuldenpolitik oder einer soliden Finanzpolitik.

Laschet wies die Kritik an den südlichen EU-Staaten dagegen zurück. Wie Scholz betonte er, dass die EU keine Kälte ausstrahlen dürfe, sondern Solidarität zeigen müsse. Deutschland gehe es nur gut, wenn es auch den anderen EU-Staaten gut gehe, betonten beide. 

Mehr: 24,6 Milliarden Euro fließen aus Brüssel – Warum das EU-Geld Deutschland dennoch nicht weiter voranbringt

  • dpa
  • rtr
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