Bundespolitik So könnte ein deutsches Digitalministerium aussehen

Die Digitalexpertin, der NRW-Minister und die Digital-Staatsministerin sind drei Kandidaten.
Berlin Armin Laschet (CDU) will es, Christian Lindner (FDP) will es und die große Mehrheit der Deutschen will es laut Umfragen auch: ein Digitalministerium. Das neu geschaffene Ressort soll nach der Wahl möglichst dafür sorgen, Deutschland von einer Fax-Republik in einen „digitalen Vorreiter“ zu verwandeln, wie es die CDU ausdrückt.
Dabei gibt es allerdings ein Problem: Digitalisierung ist ein „Querschnittsthema“, das in allen Ministerien eine Rolle spielt. Das neue Digitalministerium müsste also aus einer Transplantation vieler anderer Bereiche entstehen, inklusive Braindrain, also des Abgangs hochqualifizierten Personals aus anderen Ministerien.
Wie könnte ein Digitalministerium also konkret aussehen?
Das Handelsblatt hat sich mit Digitalexperten, Beamten und Kennern des politischen Berlins getroffen und auf Basis dieser Gespräche eine detaillierte Blaupause für ein eigenes Digitalministerium entworfen.
Damit ein Digitalministerium Schlagkraft entwickeln könnte, müssen zwei Grundbedingungen auf jeden Fall erfüllt sein: Das Ministerium müsste über eigene Haushaltsmittel sowie eine eigene Gesetzgebungskompetenz verfügen. Ohne auch nur eins von den beiden wäre das neue Ressort machtlos.
Sechs inhaltliche Abteilungen
Das Ministerium selbst könnte dann aus sechs inhaltlichen Abteilungen bestehen. Den Nukleus bilden drei Abteilungen aus dem Bundesinnenministerium: „Digitale Gesellschaft“ wäre die Grundsatzabteilung, die sich mit allen Grundsatzfragen rund um das Thema Digitalisierung beschäftigt.
Die Abteilung „Digitale Verwaltung“ nimmt das Thema E-Governance in die Hand. Hinzu käme die Abteilung Cyber- und Informationssicherheit, die Behörden, Unternehmen und Bürger gegen Cyberangriffe wappnet und dafür sorgt, dass neue Techniken die Sicherheit nicht gefährden.
Ebenso würde die Abteilung „Digitale Infrastruktur“ aus dem Verkehrsministerium ins neue Digitalressort wandern, genauso wie die Förderung digitaler Geschäftsmodelle aus dem Wirtschaftsministerium. Komplettiert würde das neue Digitalressort durch das „Informationstechnikzentrum“, das sich um die IT der Bundesverwaltung kümmert und das bislang im Bundesfinanzministerium angesiedelt ist.
Auch einige Behörden gehören an das Digitalministerium angeschlossen. Solche, die sich mit der Datenverarbeitung beschäftigen, um die Bevölkerung zu informieren, wie etwa das Statistische Bundesamt und der Deutsche Wetterdienst. Aber natürlich auch die bisherigen Digitalbehörden: die Agentur für Sprunginnovation und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
Minister Pinkwart, Pausder, Bär?
Ohne eine starke Ministerin oder einen starken Minister an der Spitze wäre aber das neue Digitalministerium wenig einflussreich. Schon jetzt laufen sich einige Kandidaten für das Amt warm. Die naheliegendste Personalie wäre Dorothee Bär (CSU), die schon jetzt als Staatsministerin die Digitalisierung voranbringen soll.
Bär wird für die schleppende Digitalisierung verantwortlich gemacht, allerdings ist ihr Spielraum auch stark begrenzt. Für sie sprechen aber zwei parteipolitische Vorteile: Sie ist CSU-Mitglied und eine Frau. Zwei Aspekte, die in einer Regierung mit Unionsbeteiligung durchaus gefragt wären.
In einer Jamaika- oder Ampel-Koalition würde die FDP auf das Ressort drängen. Als Minister böte sich der nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart an. Er hat immerhin bereits Praxiserfahrung in der Leitung einer solchen Behörde, die nach der Wahl 2017 in NRW an das Wirtschaftsministerium angeschlossen wurde.
Die SPD könnte Generalsekretär Lars Klingbeil ins Rennen schicken. Auch die Grünen haben mit dem Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek einen ausgewiesenen Digitalexperten in ihren Reihen. Und dann gibt es auch noch etliche Überraschungskandidaten. In Berlin kursiert etwa auch der Name der Digitalexpertin Verena Pausder. Eine solche externe Besetzung ohne Parteibezug gilt aber als unwahrscheinlich.

Bei der Digitalisierung liegt Deutschland deutlich hinter anderen Ländern.
Den personellen Kern der Ministeriumsarbeit könnte Markus Richter übernehmen. Der 45-Jährige ist derzeit Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik. Auch im neuen Digitalministerium wäre er die erste Wahl für das Amt des Staatssekretärs.
An seiner Seite könnte der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) in der Rolle des parlamentarischen Staatssekretärs das Ministerium nach außen, also zum Beispiel in Ausschüssen oder Fraktionen, vertreten. Jarzombek ist derzeit Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für die Digitale Wirtschaft und Start-ups.
Doch am Ende hängt die Besetzung der Posten von Staatssekretären und Abteilungsleitern vor allem davon ab, welche Partei das Ministerium tatsächlich besetzt. Ein FDP-Minister Pinkwart etwa könnte einige Spitzenbeamte aus NRW mitbringen, und auch in der SPD gibt es einige Experten wie den Berliner Staatssekretär Frank Nägele, die infrage kämen.
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