Bürokratie und Energiekosten: Unternehmen kämpfen um jeden Euro, jedoch sind die Hürden hoch
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Wer ein Gefühl dafür bekommen will, welche bürokratischen Hürden Unternehmen nehmen müssen, um ihre Energiekosten auf ein verkraftbares Niveau zu senken, sollte einen Blick in einen der Fristenkalender fürs Energierecht werfen, die Beratungsunternehmen, Verbände und Fachverlage ins Internet stellen. Die Kalender sind übers Jahr prall gefüllt mit Terminen. Sie verweisen auf Fristen für die Abgabe von Erklärungen gegenüber der Bundesnetzagentur, der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), den Hauptzollämtern oder dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
Eine Hauptursache für die überbordende Bürokratie ist in einem Webfehler der Energiepolitik zu sehen: Seit Jahren werden die Kosten der Energiewende im Wesentlichen auf den Strompreis aufgeschlagen und auf alle Stromverbraucher verteilt. Das führt zu absurden Ergebnissen: Für eine Kilowattstunde Strom, die im Großhandel vier Cent kostet, zahlt der private Endverbraucher 30 Cent. Der Rest geht für Steuern, Abgaben und Umlagen drauf. Die größten Posten sind dabei die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die Netzentgelte.
Viele energieintensive Unternehmen würden Stromkosten von 30 Cent je Kilowattstunde geradewegs in den Ruin treiben. Das hat auch die Politik erkannt. Sie ist daher grundsätzlich bereit, diesen Unternehmen unter bestimmten Bedingungen Entlastungen zu gewähren.
Und diese Konditionen haben es in sich. Sie schlagen sich nieder in der Besonderen Ausgleichsregelung des EEG, in der Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung, in der Stromnetzentgeltverordnung, in den Regelungen zur Kompensation emissionshandelsbedingter Mehrkosten beim Strom und einer Reihe weiterer verwandter Regelungen.
Dickicht von Regeln und Ausnahmen
Zuletzt sind noch Kompensationsregelungen für die Kosten hinzugekommen, die Unternehmen durch den nationalen CO2-Preis entstehen. Sie betreffen allerdings nicht den Strompreis, sondern den Einsatz fossiler Brennstoffe wie Öl und Gas in den Sektoren Wärme und Verkehr. Parallel dazu existiert ein komplexes Regelwerk für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten im Europäischen Emissionshandelssystem.
Die Kosten der Bürokratie
Bürokratie vernichtet Jobs, verhindert neue Technologien und Innovationen. In mehreren Teilen zeigt das Handelsblatt die massive Folgen auf und analysiert mögliche Auswege.
Bund und Länder setzen Genehmigungsverfahren aus, um die Schäden in den Hochwassergebieten schnell zu beheben. Kann das auch ein Vorbild für die Klimakrise sein?
In der Summe ist ein Dickicht von Regeln und Ausnahmen entstanden, das nur noch Profis durchblicken. Der Geschäftsführer eines norddeutschen Industrieunternehmens mit mehreren Hundert Mitarbeitern, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, berichtet: „2005 habe ich etwa fünf Prozent meiner Arbeitszeit darauf verwenden müssen, mich mit Fragen rund um den Energieverbrauch unseres Unternehmens zu befassen. Mittlerweile wende ich dafür 30 Prozent meiner Arbeitszeit auf.“
Mehrere Vollzeitkräfte befassen sich in seinem Unternehmen mit Energiemanagementsystemen, die Voraussetzung dafür sind, bestimmte Kompensationen in Anspruch zu nehmen. „Unsere Wettbewerber in Frankreich, Polen oder Belgien halten sich den Bauch vor Lachen, wenn sie hören, was bei uns los ist“, sagt der Geschäftsführer.
Reinhold von Eben-Worlée
„Energieintensive Unternehmen in Deutschland ersticken in Bürokratie.“
(Foto: Anne Grossmann / Die Familienunternehmer)
Und Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Familienunternehmer-Verbands, klagt: „Energieintensive Unternehmen in Deutschland ersticken in Bürokratie. Um irgendwie die eigene Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können, müssen sie auf Teufel komm raus alle möglichen Entlastungen beantragen.“
Um das überhaupt leisten zu können, „müssen die Betriebe umfangreiche Messungen und Abgrenzungen vornehmen, Regelungs- und Steuerungseinrichtungen sowie Messstellen einbauen, um auch die letzte Kilowattstunde mitzuzählen und anzugeben“, sagt von Eben-Worlée. „Darüber hinaus sind Prüfungen der Energiemanagementsysteme oder Energieaudits für die kleineren energieintensiven Unternehmen angezeigt, die ebenfalls heftig sind“, erzählt von Eben-Worlée.
„Das Irre daran ist, dass die Unternehmen eigenes Personal für diese unproduktive, aber hochkomplexe Arbeit benötigen, der Staat stellt für die Überwachung extra Beamte ein, und zusätzlich müssen Dienstleister finanziert werden, die alle möglichen Anträge bestätigten und Zertifikate ausstellen.“
Eine Vollzeitstelle zur Bewältigung der Energie-Bürokratie
Der Verbandspräsident weiß sehr genau, wovon er spricht. Er ist selbst direkt betroffen: „Allein für unseren Chemiebetrieb haben wir eine Vollzeitstelle besetzt, die sich ausschließlich mit diesem Bürokratiewahnsinn auseinandersetzt, inklusive der Bewertung des sich stets wandelnden Energierechts. Ohne die Hilfe externer Dienstleister ist dies kaum noch zu bewältigen.“
Alternativen gibt es nicht. Denn keines der Unternehmen kann darauf verzichten, die verschiedenen Kompensationsregeln in Anspruch zu nehmen. Wer eine Entlastung nicht genehmigt bekommt, kann in ernste wirtschaftliche Schwierigkeit geraten.
Wehe dem, der den Kalender mit den entscheidenden Terminen nicht permanent im Blick hat. Laut Gernot Engel, Energierechtsexperte der Kanzlei Luther, gelten für viele Regelungen materielle Ausschlussfristen. „Das heißt: Wer zum Stichtag nicht liefert, bekommt definitiv keine Entlastung für den entsprechenden Veranlagungszeitraum.“ Dabei rede man oft über zweistellige, in manchen Fällen auch über dreistellige Millionenbeträge. „Das kann für manche Unternehmen existenzbedrohende Folgen haben“, warnt Engel. Entsprechend hoher Druck laste auf den zuständigen Mitarbeitern.
Für jede Entlastung ein komplett neues Verfahren
Wenn man alle Kompensationsregeln addiert, kommt man Jahr für Jahr auf hohe Milliardenbeträge. Allein das Entlastungsvolumen der Besonderen Ausgleichsregelung beläuft sich auf fünf Milliarden Euro pro Jahr. Dass die Behörden angesichts der hohen Beträge genau hinschauen, ob und in welchem Umfang Erstattungen erfolgen können, überrascht daher nicht.
Allerdings wird für jede Entlastung ein komplett neues Verfahren erfunden. „Es ist leider so, dass sich für die verschiedenen Entlastungen ganz unterschiedliche und zum Teil sehr komplexe Antragsverfahren entwickelt haben, obwohl es im Prinzip oft um dieselben Daten geht“, sagt Engel. „Es wäre sehr sinnvoll, eine Plattform für Unternehmensstammdaten zu entwickeln, damit die Firmen nicht für jedes Verfahren einen komplett neuen Antrag stellen müssen.“
Stattdessen werde das System immer komplexer. „Gerade Mittelständler sind mit einer überbordenden Bürokratie konfrontiert und kommen an die Grenze des Leistbaren“, sagt Engel. Außerdem seien die Anforderungen in vielen Fällen „völlig überzogen“, klagt der Anwalt. „So müssen beispielsweise Mitarbeiter von Unternehmen, die eine Kontovollmacht bei der Deutschen Emissionshandelsstelle erhalten sollen, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.“
Neue Bürokratie zeichnet sich ab
Eine grundsätzliche Wende zum Besseren ist nicht in Sicht. Immerhin gibt es aber auch Hoffnungsschimmer: Es ist weitgehend Konsens, dass die EEG-Umlage innerhalb der nächsten Jahre abgeschafft werden soll. Die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren dürften dann aus Steuermitteln und aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung bestritten werden.
Die Umlage taucht dann nicht mehr auf der Stromrechnung auf, es wäre nicht mehr erforderlich, die Besondere Ausgleichsregelung zur Reduktion der EEG-Umlage zu beantragen. Viele Unternehmen werden aufatmen, wenn es endlich so weit ist.
Doch während sich an dieser Stelle ein Abbau von Bürokratie abzeichnet, entsteht an anderer Stelle neue: So knüpft das Bundesumweltministerium die Kompensation von Kosten, die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen durch den CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Wärme entstehen, an die Bedingung, das Geld in Energieeffizienz und Klimaschutztechnologie zu investieren.
Selbstverständlich müssen diese Maßnahmen exakt dokumentiert werden, behördliche Überprüfungen stehen an. Der nächste Papierberg entsteht.
2 Kommentare zu "Bürokratie-Serie: Energie: Unternehmen müssen um jeden Euro kämpfen, um ihre Energiekosten auf ein verkraftbares Niveau zu senken"
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Frau Karin Schmitt
Sehr geehrter Herr K.,
Ihrem Kommentar fehlen Fakten: - Woher ist Ihnen der "Sinn der Sache" bekannt? - Wer wollte/will Deindustrialisierung in Deutschland? - Wessen Ziel soll "Morgenthau 2.0" in den letzten Jahren gewesen sein? - Was verstehen Sie unter "Krautistan"? Mit welcher Begründung? - Warum haben Sie nicht den Mut, Ihre Meinung, mit Fakten begründet, unter Ihrem Namen zu äußern?
So ist Ihr Kommentar wertlos für mich, wie jeder Text, der dem Leser keine Antworten auf die wichtigsten "W"-Fragen liefert. Spam.
Herr Manfred K.
Die Bürokratie ist der Sinn der Sache.Wer nicht freiwillig geht muß vertrieben werden.Die Deindustriealisierung ist das erklärte Ziel.Morgenthau 2.0.Unternehmer mit Weitblick werden rechtzeitig den Standort wechseln,Der Rest muß mit krautistan untergehen.Es ist alternativlos.
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Sehr geehrter Herr K.,
Ihrem Kommentar fehlen Fakten:
- Woher ist Ihnen der "Sinn der Sache" bekannt?
- Wer wollte/will Deindustrialisierung in Deutschland?
- Wessen Ziel soll "Morgenthau 2.0" in den letzten Jahren gewesen sein?
- Was verstehen Sie unter "Krautistan"? Mit welcher Begründung?
- Warum haben Sie nicht den Mut, Ihre Meinung, mit Fakten begründet, unter Ihrem Namen zu äußern?
So ist Ihr Kommentar wertlos für mich, wie jeder Text, der dem Leser keine Antworten auf die wichtigsten "W"-Fragen liefert. Spam.
Die Bürokratie ist der Sinn der Sache.Wer nicht freiwillig geht muß vertrieben werden.Die Deindustriealisierung ist das erklärte Ziel.Morgenthau 2.0.Unternehmer mit Weitblick werden rechtzeitig den Standort wechseln,Der Rest muß mit krautistan untergehen.Es ist alternativlos.