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Bundestagswahl Rentner, Staatsgeldempfänger, Migranten: Wer hat welchen Einfluss auf die künftige Politik des Landes?

Rentner haben andere Prioritäten als Erstwähler, Frauen andere als Männer. Welche Politik gemacht wird, hängt auch von der Zusammensetzung der Wahlbevölkerung ab. Einblicke in fünf Wählergruppen.
26.09.2021 - 13:32 Uhr Kommentieren
Am Sonntag sind Bundestagswahlen. Quelle: dpa
Wahllokal

Am Sonntag sind Bundestagswahlen.

(Foto: dpa)

Berlin Rund 60,4 Millionen Wahlberechtigte entscheiden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes am Sonntag über die Zusammensetzung des nächsten Bundestags – und damit indirekt über die Kanzlerin oder den Kanzler. Aber welche Wählergruppe hat welchen Einfluss? Und was bedeutet das für die Gestaltungsoptionen in bestimmten Politikfeldern? Ein paar Einblicke in die Wählergruppen.

Gerontokratie – Die Herrschaft der Alten

Rund 38 Prozent der Wahlberechtigten sind 60 Jahre oder älter, etwa jeder fünfte ist mindestens 70 Jahre alt. Gegen diese Gerontokratie – die Herrschaft der Alten – lässt sich schwer Politik machen. Leistungskürzungen bei Rente, Gesundheit oder Pflege sind für jede Partei tabu, die die Senioren nicht verprellen will.

Und die Wählergruppe der Alten ist, dem demografischen Wandel folgend, immer stärker geworden. 1972, in der damaligen Bundesrepublik, waren nur 27 Prozent der Wahlberechtigten 60 Jahre oder älter. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 betrug der Anteil dann schon rund 36 Prozent.

Hinzu kommt, dass die Wahlbeteiligung – mit Ausnahme der jüngsten und der ältesten Altersgruppe – mit steigendem Alter zunimmt. Die Senioren sind also nicht nur zahlenmäßig eine entscheidende Kraft, sie machen auch besonders eifrig von ihrem Wahlrecht Gebrauch.

Die Neulinge – Wie ticken die Erstwähler?

2,8 Millionen Jugendliche sind seit der letzten Bundestagswahl volljährig geworden und dürfen jetzt zum ersten Mal ihre Stimme abgeben. An allen Wahlberechtigten haben die Erstwähler damit einen Anteil von 4,6 Prozent. Sie sind zwar mit CDU-Kanzlerin Angela Merkel groß geworden, aber ihre Sympathie gehört mehrheitlich den Grünen.

Gut 60 Millionen Wahlberechtigte entscheiden über die Zusammensetzung des nächsten Bundestags. Quelle: dpa
Stimmabgabe an der Wahlurne

Gut 60 Millionen Wahlberechtigte entscheiden über die Zusammensetzung des nächsten Bundestags.

(Foto: dpa)

So hatte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Juni im Auftrag des Senders RTL ermittelt, dass 42 Prozent der 18- bis 20-Jährigen die Partei von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wählen würden. Auch in einer Insa-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ von Ende August lagen die Grünen mit 30 Prozent vorn – in diesem Fall aber in der größeren Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen.

Einen Dämpfer für Baerbocks Hoffnungen, gerade bei den Jüngeren punkten zu können, brachte jedoch vor wenigen Tagen die Erhebung „Teengeist“. In deren Rahmen befragen die Agentur Fischerappelt und das Meinungsforschungsinstitut Appinio regelmäßig junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren zu ihrer persönlichen Lebenswelt und politischen Präferenzen.

Das überraschende Ergebnis: Bei der Sonntagsfrage lag die Union mit 26 Prozent der Stimmen vorn und sechs Prozentpunkte vor den Grünen. Die FDP käme bei den Jugendlichen auf 14 Prozent, die SPD auf elf Prozent, Linke und AfD erhielten jeweils sechs Prozent. Auch im direkten Vergleich der Spitzenkandidaten liegt CDU-Mann Armin Laschet mit 17 Prozent vor Baerbock (15 Prozent) und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (neun Prozent).

Die Frauen – Leichter Überhang

Von den 60,4 Millionen Wahlberechtigten sind 31,2 Millionen oder 51,7 Prozent Frauen und 29,2 Millionen Männer. Der leichte Überhang ergibt sich durch die längere Lebenserwartung der Frauen aber allein bei der Generation 60 plus.

In der letzten Legislaturperiode waren die Frauen – gemessen an ihrem Anteil an den Wahlberechtigten – im Parlament stark unterrepräsentiert. Sie stellten weniger als ein Drittel der Abgeordneten des Bundestags. Ob sich daran viel ändern wird, ist fraglich. Denn von den 6211 Kandidatinnen und Kandidaten, die sich um ein Mandat bewerben, sind wiederum nur knapp ein Drittel Frauen.

Staatsgeldempfänger – Jeder zweite Wahlberechtigte profitiert

Etwa jeder zweite Wahlberechtigte bei dieser Bundestagswahl erhalte „gutes Geld vom Staat“, sagte Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, kürzlich vor Journalisten in Berlin. In einer groben Überschlagsrechnung hat sich die Stiftung dafür angeschaut, wie viele Rentner, Versorgungsempfänger, Staatsdiener und Transferbezieher es unter den Wahlberechtigten gibt, also beispielsweise Empfänger von Arbeitslosen-, Kurzarbeitergeld oder Grundsicherung.

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Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen oder das Kindergeld sind dabei noch gar nicht eingerechnet worden. Auch ist natürlich zu berücksichtigen, dass etwa für die Rente oder das Arbeitslosengeld auch Beiträge gezahlt worden sind. Dennoch zeigt die Überschlagsrechnung, wie schwer es einer künftigen Regierung fallen dürfte, Leistungskürzungen durchzusetzen – und wie wichtig eine solide Finanzierung der Sozialsysteme ist.

Menschen mit Migrationshintergrund – Zurückhaltung beim Wählen

Der Anteil der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund steigt seit Jahren und liegt aktuell bei etwa zwölf Prozent. Bei der Wahl vor vier Jahren waren es noch rund zwei Prozentpunkte weniger. Nach dem Mikrozensus lebten 2019 in Deutschland rund 7,4 Millionen volljährige Deutsche, die entweder selbst eingewandert sind oder aus einer Einwandererfamilie stammen.

Nach einer Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) lag die Wahlbeteiligung der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund bei der Bundestagswahl 2017 etwa 20 Prozentpunkte niedriger als bei den Bürgerinnen und Bürgern ohne Einwanderungsgeschichte.

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Und sie engagieren sich auch außerhalb von Wahlen seltener politisch als der Durchschnitt der Bevölkerung. Im SVR-Integrationsbarometer 2018 gaben nur knapp 53 Prozent der Befragten mit Einwanderungsgeschichte an, sich „eher stark“ oder „sehr stark“ für Politik zu interessieren. Bei den Befragten ohne Migrationshintergrund lag der Anteil mit knapp 70 Prozent deutlich höher.

Die niedrige Wahlbeteiligung und das geringere politische Interesse könnten gravierende Folgen haben, schreiben die Studienautoren: „Denn mit der kontinuierlichen Zunahme des Bevölkerungsanteils mit ausländischen Wurzeln steigt die Zahl der Menschen, deren Interessen innerhalb des politischen Systems potenziell unberücksichtigt bleiben.“

Was das Wahlverhalten angeht, differenzieren weder die offizielle Wahlstatistik noch die Exit Polls nach dem Migrationshintergrund. Die Parteipräferenz lässt sich also nur über Befragungen herausfinden. Lange Zeit hatte die SPD bei Wählern mit Migrationshintergrund die Nase vorn, doch Studien deuten darauf hin, dass sich die Parteipräferenzen in den zurückliegenden Jahren verschoben haben.

Nach einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung nannten 2019 nur noch 13 Prozent der Türkischstämmigen die SPD als bevorzugte Partei, vier Jahre zuvor waren es noch 50 Prozent. Demgegenüber gewann die Union in der Wählergunst von 17 auf 53 Prozent.

Bei den Spätaussiedlern hat die Union im Vier-Jahres-Vergleich ein wenig Ansehen eingebüßt, lag aber 2019 mit 47 Prozent weiter klar vorn. Stark zulegen konnte die AfD, die in der Wählergunst der Spätaussiedler von drei auf 16 Prozent kletterte.

Mehr: Weckruf für ein müdes Land: 21 Ideen für mehr Wachstum

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