CDU/CSU Laschet verschafft sich Atempause – Brinkhaus bleibt bis April Fraktionschef

„Das ist ein Wahlergebnis, das sich jeder anders gewünscht hätte, auch ich selbst. Dass man da auch jetzt kritisch analysiert, finde ich richtig. Das offene Wort habe ich immer geschätzt.“
Berlin Das politische Schicksal von CDU-Chef Armin Laschet hing an diesem Dienstag an der Kompromissbereitschaft von Ralph Brinkhaus. Denn der bisherige Chef der Unionsfraktion möchte nur zu gern auch in dieser Wahlperiode wieder die Abgeordneten von CDU und CSU anführen. Laschet wollte aber, dass Brinkhaus sich allenfalls kommissarisch wählen lässt.
Der Streit über diese Frage prägte den gesamten Dienstag in der Union – bis wenige Minuten vor Beginn der ersten Fraktionssitzung, die bis in den Abend lief, ein Kompromiss gefunden wurde. Am Ende stand fest: Brinkhaus bleibt vorerst bis zum 30. April 2022 im Amt. Dafür stimmten 164 der 196 Abgeordneten, zwei enthielten sich. Weitere Kandidaten gab es nicht.
Die Parteichefs Laschet und Markus Söder (CSU) hatten laut Teilnehmern den Vorschlag eingebracht. Vor allem Laschet könnte er eine Atempause verschaffen. Nicht mehr. Und doch könnte sie für den Mann, der ein desaströses Wahlergebnis für die CDU einfuhr, entscheidend sein.
Denn die Frage über die Modalitäten der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden war an diesem Dienstag nur vordergründig. In Wirklichkeit stehen längst größere Fragen im Raum: Muss Armin Laschet alle Hoffnungen auf das Kanzleramt, auf den Parteivorsitz, auf irgendeine Rolle in der Partei beerdigen? Endet die Ära Laschet, bevor sie überhaupt begonnen hat? Oder bleibt die Unionsfraktion geschlossen und damit vertrauenswürdig, um unter Umständen Koalitionsverhandlungen zu führen, sollte es nicht zu einem Bündnis von SPD, Grünen und FDP kommen?
Wäre es an diesem Dienstag zu einer Kampfkandidatur um Brinkhaus’ Posten gekommen – an dem dem Vernehmen nach weitere prominente Christdemokraten Interesse hatten –, dann wäre Chaos in der Fraktion programmiert gewesen, die Union würde als zerstritten gelten, der Platz auf der Oppositionsbank wäre ihr sicher. „Dann kommt alles ins Rutschen“, hieß es warnend in der CDU-Führung.
Werben für Jamaika
„Arbeitsfähigkeit, Stabilität, ein Mandat“ seien wichtig, sagte der frisch gewählte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wenige Stunden vor der Sitzung. In Unionskreisen hieß es, es gebe „gute Gespräche mit FDP und Grünen, die Interesse an Gesprächen über Jamaika signalisieren“. Es war ein Appell an die staatspolitische Verantwortung der Abgeordneten.
„Wir sind zu Gesprächen bereit“, sagte auch CSU-Chef Söder. „Wir haben eine Matrix erarbeitet für mögliche Gespräche.“ Die CSU hat mehr Gewicht in der Fraktion als bisher, stellt sie doch fast ein Viertel der nur noch 196 Unionsabgeordneten.

Ralph Brinkhaus soll vorerst bis Ende April 2022 im Amt bleiben.
Zu der Zeit war aber die Gefahr real, dass ein Chaos im Kampf um die Fraktionsspitze die CSU-Jamaika-Matrix zur Makulatur machen könnte. Denn da war bekannt, dass Jens Spahn und Norbert Röttgen kandidieren würden und womöglich auch Friedrich Merz und Fraktionsvize Carsten Linnemann, wenn Brinkhaus den Plan einer einjährigen Amtszeit weiterverfolgt hätte.
Es sei „Schwachsinn“ zu glauben, dass sich die Partei in der Opposition besser erneuere als in der Regierung, warnten die Kritiker vor einer nicht zu kontrollierenden Fraktionssitzung mit Kampfabstimmungen. Dort würden neben Chaos und Wut vor allem persönliche Verletzungen zurückbleiben: „Macht nicht alles kaputt und lasst uns ein möglicher Partner für eine Koalition bleiben.“
Es gebe so große Differenzen zwischen SPD und FDP, von der Schuldenbremse über die Vermögensteuer oder einen Mietendeckel, dass wahrscheinlich ein Jamaika-Bündnis als die bessere Lösung für das Land erachtet werde.
Die Liberalen in der Partei warnten die Konservativen, auf einen „CDU pur“-Kurs zu setzen. So habe etwa Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen keine Mehrheit in Südthüringen erringen können. Auch habe der Hamburger Landeschef Christoph Ploß mit seinem konservativen Kurs alle Direktmandate in Hamburg verloren.
Während der Fraktionssitzung räumte Laschet laut Teilnehmerkreisen ein, dass er als Spitzenkandidat Fehler gemacht habe. „Ich bedauere das sehr“, sagte der CDU-Chef demnach. Dann entschuldigte er sich bei denen, die nun nicht im Bundestag sitzen.
Das Wahlergebnis sei ein schwerer Schlag für die Union gewesen. Das könne die Schwesterparteien nicht zufriedenstellen. Es sei ein trauriger, schlechter Tag für CDU/CSU. Besonders schlimm seien die Ergebnisse in Ostdeutschland, sagte Laschet mit Blick auf die Gewinne von SPD und AfD. Die Aufarbeitung müsse nun schnell stattfinden.
„Denen, die uns gewählt haben, sage ich: Gebt das nicht so schnell auf mit Jamaika“, mahnte Laschet. Es gebe starke Signale von der FDP in Richtung Union. Wie Olaf Scholz mit Koalitionspartnern umgehe, könne man in Hamburg sehen, als er dort eine Regierung geführt habe.
Nach der Sitzung bekräftigte Laschet seinen Willen, mit Grünen und FDP ein Bündnis auszuloten. „Wir werden jetzt in den nächsten Tagen mit FDP, mit Grünen sprechen. Unser Gesprächsangebot steht. Und ich denke, dass jetzt Sachgespräche unter Demokraten richtig sind.“
Laschet sagte weiter: „Wir haben diese Wahl nicht gewonnen.“ In einer unübersichtlichen Lage wie dieser „muss jede demokratische Partei bereit sein, auch Verantwortung zu übernehmen. Und das sind wir.“
Mit Blick auf kritische Äußerungen in der Fraktionssitzung sagte Laschet: „Das gehört dazu.“ Weiter meinte er mit Blick auf das historisch schlechte Abschneiden der Union am Sonntag: „Das ist ein Wahlergebnis, das sich jeder anders gewünscht hätte, auch ich selbst. Dass man da auch jetzt kritisch analysiert, finde ich richtig. Das offene Wort habe ich immer geschätzt.“ Trotzdem sei die Fraktionssitzung von dem Willen geprägt gewesen, jetzt gemeinsam für die Position der Union einzustehen.
In NRW läuft der Übergang besser
Während Laschet am Dienstag bis zuletzt um seine Position kämpfen musste, lief der Übergang im Landesvorstand der NRW-CDU am Montagabend ruhiger ab. Dort ging es um die Nachfolge von Laschet als Ministerpräsident und als Landesvorsitzender. Es habe ein „respektvoller Umgang“ geherrscht, hieß es hinterher in Düsseldorf.
Der Landesvorstand habe sich einmütig für eine schnelle Lösung und letztlich auch für den Chef der CDU-Wirtschaftsvereinigung, Verkehrsminister Hendrik Wüst, als Nachfolger ausgesprochen, berichteten mehrere Teilnehmer dem Handelsblatt.
Offiziell dementierte die Partei eine konkrete Personalentscheidung. Nach dem Wochenende werde Laschet einen Vorschlag unterbreiten. Laschet selbst ist für eine schnelle Klärung der Nachfolge, damit der neue Ministerpräsident mit einem Amtsbonus im Mai 2022 erfolgreich die Landtagswahl gewinnen kann.
In Düsseldorf hieß es mit Blick auf die Sitzung der Bundestagsfraktion in Berlin und die Aussicht auf Jamaika-Verhandlungen: „Wenn wir den Abend unfallfrei überstehen, dann geht es weiter.“ Und es gab zugleich den Verweis auf Bremen: Dort hatte die SPD bei der letzten Bürgerschaftswahl historisch schlecht abgeschnitten, die CDU gewann.
Und doch stellt seither die SPD mit Linken und Grünen die Regierung. Die Aussicht auf die Kanzlerschaft eines schwarz-gelb-grünen Bündnisses ist die letzte Chance für Laschet, wieder die nötige Autorität in Partei und Fraktion aufzubauen.
Mit Agenturmaterial.
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Bei Laschet kann man froh sein, dass Deutschland keinen Atomknopf hat, bei so viel Ungeschicklichkeit. Söder ist zu turboflexibel - mehr noch als Frau Merkel - und damit auch kein Kanzlerkandidat.
Merz mit Jamaika wäre folglich in Ordnung.
Der Andre ist ein AFD ler !! Diese Leute wollen nicht das Beste für Deutschland sondern Instabilität und wollen so an die Macht! Solche Leute sind charakterlich unterste Schublade. Egositen und Narzisten und wollen Menschen Manipulieren!
ganz klar NICHTS!
Die CSU/CDU hat im Kanzleramt nichts verloren, die alten Zöpfe Spahn, Laschet, Ziomiak, AKK, Altmeier, Leyen müssen weg. Eine komplette neue Mannschaft, in der alle Altersklassen vertreten sind und alle Wissensgebiete, muss her.
Die chaotischen Ideologen haben ausgedient.