Finanzministerium Grüne kritisieren Scholz für fehlende Antworten beim Steuerkonzept – „Antworten bis über den Wahltag hinauszögern“

Der SPD-Kanzlerkandidat präsentierte im Sommer Eckdaten für sein Steuerkonzept. Kamen die Berechnungen dazu aus dem Ministerium?
Berlin Die Grünen werfen SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vor, die Beantwortung von kritischen Fragen zur Ausarbeitung eines Steuerkonzepts im Bundesfinanzministerium bewusst zu verzögern. Scholz wolle die Angelegenheit „einfach aussitzen und Antworten bis über den Wahltag hinauszögern“, sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus.
„Die Beantwortungspraxis von Olaf Scholz ist zum Skandal im Skandal geworden“, sagte Paus. Mittlerweile sei klar, dass Scholz’ Vorgehen System habe. „Ich habe das bei Wirecard, im Cum-Ex-Skandal und jetzt wieder bei Ausarbeitung des SPD-Steuerkonzepts erleben müssen“, so die Grünen-Politikerin.
Im Juni war aus dem Leitungsstab des Bundesfinanzministeriums an eine Fachabteilung der Auftrag ergangen, eine Steuerreform mit bestimmen Einkommensgrenzen durchzuspielen. Das Fachreferat spannte dafür auch ein öffentlich finanziertes Institut ein, das Berechnungen anstellte. Entsprechende Informationen des „Spiegels“ wurden dem Handelsblatt damals bestätigt.
Pikant dabei ist, dass der SPD-Kanzlerkandidat zwei Wochen später in einem Interview für sich und seine geplante Steuerreform warb. Zudem nannte Scholz auch die Einkommensgrenzen und Entlastungen, um die es in den Berechnungen ging. Seitdem steht der Verdacht im Raum, dass Scholz sein Ministerium für Arbeiten einspannt, die er im Wahlkampf nutzt.
Das Ministerium hat den Vorwurf zurückgewiesen: Solche Berechnungen für einen Minister seien üblich. Allerdings blieb die Frage unbeantwortet, wofür Scholz sie zu diesem Zeitpunkt brauchte. Eine Steuerreform war nicht mehr möglich.
Opposition will Aufklärung
Die Opposition verlangt Aufklärung. Schon Ende Juli stellte die Grünen-Politikerin Paus ein Auskunftsersuchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Sie bitte „unter Hinweis auf das besondere öffentliche Interesse im Zusammenhang mit einem möglichen Verstoß gegen das Parteiengesetz“ um Zugang zu sämtlichen amtlichen Informationen im Zusammenhang mit den Berechnungen.
Auf die Informationen wartet Paus immer noch. In zwei weiteren Schreiben Mitte und Ende August bat sie um eine „zeitnahe Beantwortung“ und forderte das Bundesfinanzministerium auf, „die Fristen zur Beantwortung strikt einzuhalten und von gegebenenfalls weiteren Verzögerungen abzusehen“.
Nun hat sich die Finanzpolitikerin der Grünen direkt an den Bundesfinanzminister Scholz gewandt. „Mit Bedauern“ müsse sie zur Kenntnis nehmen, dass das Ministerium auch nach Ablauf der Monatsfrist nicht abschließend über die Herausgabe der Dokumente entscheiden konnte, schreibt Paus in einem Beschwerdebrief an Scholz.
Die Begründung, es brauche noch weitere Abstimmungsprozesse mit Dritten, hält Paus für nicht überzeugend, wie sie Scholz mitteilt. „In der Gesamtschau erweckt die bisherige Beantwortungspraxis des Bundesministeriums der Finanzen den Eindruck, dass nicht sachliche Gründe für die Verzögerung der Beantwortung vorliegen, sondern anderweitige politische Erwägungen, um die Herausgabe der Dokumente vorsätzlich auf nach der Bundestagswahl hinauszuschieben“, schreibt sie.
Kein konkretes Steuergesetz
Dies sei besonders ärgerlich, da es sich um einen Vorgang handelt, welcher für die Öffentlichkeit von besonderem Interesse sei. „Schließlich stehen der Verdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz und der Missbrauch von Steuergeldern im Raum“, so Paus in dem Schreiben weiter.
Als Kanzlerkandidat solle es doch auch in seinem Interesse sein, schreibt Paus an Scholz, „diesem Eindruck ausdrücklich entgegenzuwirken, indem Sie umgehend vollständige Transparenz in der Angelegenheit schaffen“. Sie fordert vom Bundesfinanzministerium eine Antwort bis spätestens zum 22. September – vier Tage vor der Bundestagswahl.
Ansonsten dürfte ein SPD-Steuerplan vor der Wahl keine Rolle mehr spielen. Man habe in den vergangenen Wochen immer mal wieder diskutiert, ob man ein konkretes Konzept im Wahlkampf präsentierte, heißt es aus der SPD. Man habe sich aber dagegen entschieden.
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