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Interview Röttgen über die CDU: „Wir brauchen einen umfassenden Erneuerungsprozess“

Der einstige Kandidat für das Amt des Parteivorsitzenden sieht schwierige Zeiten auf die CDU zu kommen. Um diese zu überwinden müsse es nicht nur inhaltliche Veränderungen geben.
27.09.2021 - 17:59 Uhr 1 Kommentar
Der Politiker fordert von der CDU, dass sie sich grundlegend erneuert. Quelle: dpa
Norbert Röttgen

Der Politiker fordert von der CDU, dass sie sich grundlegend erneuert.

(Foto: dpa)

Berlin Norbert Röttgen stand am Wahlabend wie viele andere Präsidiumsmitglieder gemeinsam mit Armin Laschet auf der Bühne in der CDU-Zentrale. Sie freuten sich im ersten Moment trotz des historisch schlechtesten Ergebnisses der Union darüber, dass zumindest ein rot-rot-grünes Bündnis im 20. Deutschen Bundestag nicht möglich sein werde. Die Wahlkämpfer hatten damit doch noch in den letzten Wochen das Schlimmste verhindern können.

Und doch ging es am nächsten Morgen turbulent zu in den Gremien der Partei: Es geht um die Frage, wie die Union es schafft, sich nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel zu erneuern. Der einstige Kandidat für das Amt des CDU-Vorsitzenden sieht schwere Zeiten auf seine Partei zukommen – und will sie positiv beeinflussen.

Er warnt zudem davor einer Wahl des Vorsitzenden bei der konstituierenden Sitzung der Bundestagsfraktion am Dienstag. „Ich empfehle, dem Vorschlag der beiden Parteivorsitzenden zu folgen und bis zur Wahl des Kanzlers den bisherigen Fraktionsvorstand kommissarisch zu bestätigen“, sagte Röttgen dem Handelsblatt. „Mit der Kanzlerwahl klärt sich, ob wir Regierung oder Opposition sind. Damit definiert sich auch die Rolle eines Fraktionsvorsitzenden.“

CDU-Präsidiumsmitglied Röttgen gehört neben Jens Spahn, Friedrich Merz und dem bisherigen Vorsitzenden Ralph Brinkhaus zu den Interessenten für die Position. Sollte die Union doch in die Opposition gehen dann sei es nicht selbstverständlich, dass der Parteivorsitzende auch Oppositionsführer werde. „Das kann sein, muss aber nicht sein“, sagte er.

Die Union erhebe keine Ansprüche darauf, die nächste Regierung anzuführen. „Aber die zwei kleineren Parteien, FDP und Grüne, haben ausdrücklich das Interesse bekundet, auch mit der CDU/CSU über eine mögliche Übereinkunft zu sprechen. Dem werden wir uns nicht verschließen. Es ist also alles offen“, sagte Röttgen.

Der 56-Jährige hat 2020 für das Amt des Parteivorsitzenden kandidiert und unterlag im Januar 2021 Armin Laschet. Er wolle „als Mitglied des Präsidiums und als Bundestagsabgeordneter“ die Erneuerung der Partei vorantreiben, sagte Röttgen.

Er habe dies Notwendigkeit bereits als Kandidat für den Parteivorsitz ins Zentrum seiner Bewerbung gestellt. „Mein Gefühl ist, dass die Notwendigkeit der Erneuerung jetzt in der Breite der Partei angekommen ist.“

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Röttgen, die Union hat krachend verloren. Mit 24,1 Prozent hat sie ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren. Ist es angesichts dieser Lage richtig, jetzt über Koalitionsverhandlungen nachzudenken?
Wir haben eine ganz schwere Niederlage erlitten. Wenn wir auf diesem Niveau bleiben, sind wir keine Volkspartei mehr. Darum müssen wir alles daransetzen, dass sich dieser Zustand nicht verfestigt.

Was muss sich ändern, damit die Union wieder eine Volkspartei wird?
Wir müssen in allen Lebensbereichen wieder die Themen, Ängste und Wertvorstellungen der Menschen aufgreifen und uns so neu verankern.

Was heißt das genau?
Das heißt umfassende Erneuerung: inhaltlich, politisch und personell. Auch wie wir uns nach außen präsentieren, ist nicht egal. Die Menschen schauen sich das an und entscheiden, ob sie sich mit uns identifizieren können.

Die Frage ist, ob so etwas als Regierungspartei oder nicht besser aus der Opposition heraus gelingt.
Diese Erneuerung als Volkspartei muss doch unabhängig davon geschehen, ob wir nun im Bund regieren oder nicht. Sollten wir Teil der Regierung werden, dann erübrigt sich dieser Prozess nicht – er bleibt genauso notwendig.

Aber er wird im Zweifel schnell vergessen, so wie 2017. Da erzielte die Union mit Angela Merkel bereits mit 33 Prozent ihr damals schlechtestes Ergebnis.
Wenn wir es vergessen würden, sage ich voraus: Dann sehen wir bei der nächsten Bundestagswahl ein noch schlechteres Ergebnis und werden mit Sicherheit nicht mehr Volkspartei sein.

Ist die Partei denn inhaltlich überhaupt in der Lage, ein Jamaika-Bündnis zu schmieden, wenn sie selbst einen Erneuerungsprozess für nötig erachtet und nach ihrer Verankerung sucht?
Die CDU verfügt trotz ihres Erneuerungsbedarfs über die größte Breite, personell und bei der Kompetenz in Sachfragen. Auch wenn wir eine schwere Niederlage verdauen müssen: Die SPD hat vom Scholz-Effekt profitiert, die gesellschaftliche Verankerung bleibt aber realistisch bei 15 Prozent – das haben die letzten Jahre gezeigt. Grüne und FDP liegen zwischen elf und knapp 15 Prozent. Unser Abwärtstrend ist dramatisch, aber bei der gesellschaftlichen Verankerung haben alle Parteien Nachholbedarf.

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Wo liegt die Union bei jenen nun erzielten 24 Prozent?
Ich rate da zur Vorsicht: Uns haben 24 Prozent ihr Vertrauen geschenkt. Aber auch das ist kein Selbstläufer. Wir müssen an uns arbeiten und für Vertrauen werben, mehr denn je. Ich habe mit der nötigen Erneuerung der Partei meine Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz im Februar 2020 begründet. Dieses Thema stand ebenso im Zentrum meiner Bewerbungsrede im Januar 2021. Mein Gefühl ist, dass die Notwendigkeit der Erneuerung jetzt in der Breite der Partei angekommen ist.

Welche Rolle wollen Sie demnach in Zukunft einnehmen, vielleicht doch noch als Parteivorsitzender?
Ich betreibe es als Mitglied des Präsidiums und als Bundestagsabgeordneter.

Offen ist noch, wer nun wann als Fraktionsvorsitzender gewählt werden soll. Was empfehlen Sie?
Ich empfehle, dem Vorschlag der beiden Parteivorsitzenden zu folgen und bis zur Wahl des Kanzlers den bisherigen Fraktionsvorstand kommissarisch zu bestätigen. Mit der Kanzlerwahl klärt sich, ob wir Regierung oder Opposition sind. Damit definiert sich auch die Rolle eines Fraktionsvorsitzenden.

Ist der Parteivorsitzende denn Oppositionsführer?
Das kann sein, muss aber nicht sein.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Union tatsächlich mit Grünen und FDP regieren wird und nicht in der Opposition landet?
Es ist objektiv eine politische Lage entstanden, in der drei von vier Parteien eine Regierung bilden können. Wir respektieren, dass die SPD knapp stärkste Kraft ist. Es geht daher nicht um Ansprüche vonseiten der Union. Aber die zwei kleineren Parteien, FDP und Grüne, haben ausdrücklich das Interesse bekundet, auch mit der CDU/CSU über eine mögliche Übereinkunft zu sprechen. Dem werden wir uns nicht verschließen. Es ist also alles offen. Allen muss klar sein: Es wird sehr schwer werden, in den nächsten Jahren erfolgreich zu regieren – die Herausforderungen sind enorm. Deswegen ist wichtig, die beste Formation zu finden.

Herr Röttgen, vielen Dank für das Gespräch.

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1 Kommentar zu "Interview: Röttgen über die CDU: „Wir brauchen einen umfassenden Erneuerungsprozess“"

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  • Ich finde, Herr Roettgen hat recht - aber in diesem Erneuerungsprozess hat er nichts verloren. Wir brauchen keine Aufruester und Kriegstreiber in der CDU.

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