Sofortprogramm der Union Entlastungen für Familien und die Wirtschaft: Was Laschet als Kanzler direkt umsetzen will

Familien sollen von höheren Grundfreibeträgen für Kinder und einem höheren Kindergeld profitieren.
Berlin Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet (CDU), will mit einem „Sofortprogramm“ in der heißen Phase des Wahlkampfs punkten. Es besteht aus sechs „Paketen“ für die Bereiche Familien, Sicherheit, Beschleunigung, Klimaschutz, Entlastung und Mittelstand, die nach der am 26. September stattfindenden Wahl so schnell wie möglich umgesetzt werden sollen.
„Wir wollen unser Land gestärkt aus der Krise führen“, heißt es in dem Papier, das dem Handelsblatt vorliegt. Es enthält neben bekannten Positionen aus dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU auch einige neue Versprechen.
Der wegen historisch schlechter Umfragewerte unter Druck stehende CDU-Chef stellte das vierseitige Papier am Montag im Anschluss an Beratungen der Führungsspitze seiner Partei in Berlin vor. Dabei wurde er von der stellvertretenden Parteivorsitzenden Silvia Breher begleitet, die in seinem „Zukunftsteam“ für die Familienpolitik zuständig ist.
Die Entlastung von Familien nimmt im Sofortprogramm viel Platz ein. Aber auch für Unternehmen, Hausbesitzer und Studenten verspricht die Union neue Leistungen. Das Handelsblatt gibt einen Überblick über die Maßnahmen:
Entlastungspaket
Unter dem Schlagwort „Entlastungspaket“ verspricht die Union drei konkrete Maßnahmen. Um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, soll der Arbeitnehmerpauschbetrag, den Steuerzahler jährlich geltend machen können, auf 1250 Euro steigen.
Arbeitnehmer müssen bis zu dieser Grenze ihre Werbungskosten nicht einzeln nachweisen, die Steuerlast sinkt für alle entsprechend. Schon im Entwurf des Wahlprogramms hatten CDU und CSU diese Maßnahme stehen – sie dann aber im finalen Programm gestrichen. Zur Begründung hieß es damals, es sei aufgrund der angespannten Finanzlage nicht alles finanzierbar.
Im Sofortprogramm steht nun trotzdem eine Reihe von Entlastungen. Wie viele Milliarden die Maßnahmen den Fiskus kosten würden, blieb offen. Die Union machte dazu keine Angaben. Klar ist aber: Es handelt sich teilweise um sehr kostspielige Versprechen.
Damit Schüler, Studenten und Nebenjobber mehr Geld im Portemonnaie haben, will die Union die Minijobgrenze sofort von 450 auf 550 Euro im Monat erhöhen. Außerdem wollen CDU/CSU die Pendlerpauschale großzügiger ausgestalten, damit Mobilität im ländlichen Raum bezahlbar bleibt.
Unternehmen verspricht die Union: „Mit uns wird es keine Steuererhöhungen geben.“ Auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen wollen CDU und CSU eine stärkere Belastung vermeiden. Mit dem Sofortprogramm soll die sogenannte Sozialgarantie, welche die Bundesregierung für diese Legislaturperiode gegeben hat, verlängert werden. „Wir sorgen dafür, dass die Lohnzusatzkosten stabil bei maximal 40 Prozent bleiben“, heißt es.
Die Sozialbeiträge wurden in der Coronakrise bei 40 Prozent gedeckelt, um Arbeitgeber nicht über höhere Lohnzusatzkosten zu belasten. Dieser Deckel gilt allerdings nur bis Ende des Jahres. Und er konnte nicht gehalten werden, da die Steuerzuschüsse aus dem regulären Bundeshaushalt in die Sozialkassen deutlich stiegen.
Familienpaket
Über ein „Familienpaket“ will die Union Familien unterstützen. Wie schon 2017 sollen das Kindergeld und der damit verbundene Steuerfreibetrag für Kinder steigen, und zwar auf den Grundfreibetrag von Erwachsenen in Höhe von 9744 Euro.
Der sogenannte Entlastungsbetrag, der die Steuerlast für Alleinerziehende mindert, soll von derzeit rund 4000 auf 5000 Euro erhöht werden. Auch sollen künftig Kinderbetreuungskosten bis zu einer Höhe von 6000 Euro vollständig abzugsfähig von der Steuer sein.
Ebenso will die Union den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. „Wir werden den Ländern ermöglichen, einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 100.000 Euro pro Kind beim erstmaligen Erwerb selbst genutzten Wohnraums zu gewähren“, heißt es dem Papier.
Bislang gibt es keine Freibeträge in der Grunderwerbsteuer. Weil aber die Preise für Immobilien immer stärker steigen und die Bundesländer die Grunderwerbsteuer teils auf bis zu 6,5 Prozent verdoppelt haben, sind die eigenen vier Wände für viele Familien unerschwinglich geworden. Daneben will die Union auch die Mieter entlasten und dafür das „Wohngeld signifikant erhöhen, damit Familien mit kleinen Einkommen überall ihre Mieten bezahlen können“.
Zudem verspricht die Union auch mehr Hilfe für pflegende Angehörige. „Wir werden den Eigenanteil von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bei stationärer Pflege und im Pflegeheim auf 700 Euro deckeln“, heißt es in dem Sofortprogramm.
Klimaschutzpaket
Laschet schlägt zudem ein „Klimaschutzpaket“ mit zwei Elementen vor. So will die Union dafür sorgen, dass Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO2-Reduktion steuerlich besser abgesetzt werden können. Eine Ankündigung, die Unternehmen freuen dürfte – aber nicht leicht umzusetzen ist, weil es voraussetzt, dass genau nachgewiesen wird, welche Investitionen konkret zu weniger CO2-Ausstoß beitragen. Details blieben bislang offen.
Nebulös bleibt auch die Ankündigung, eine „Transformationsallianz“ schaffen zu wollen, „um gemeinsam mit Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Umweltverbänden den Weg zum klimaneutralen Industrieland zu gehen“.
Vor einigen Wochen hatte Laschet bereits einen neuen Gesellschaftsvertrag angemahnt angesichts der vielen nötigen Veränderungen. Es dürften nicht weiter „Partikularinteressen dominieren“, sagte er. „Das Klimathema wird das dominierende sein.“ Es sei das „Kunststück“, die Klimaziele zu erreichen, ohne dass die Gesellschaft darüber auseinanderbreche.
Die Frage sei nicht, wann der Kohleausstieg erfolge, sondern ob im Land überhaupt noch etwas produziert werden könne. Dazu seien klimaneutrale Industriearbeitsplätze nötig. „Dazu braucht man einen Konsens der Umweltbewegung, der Gewerkschaften und der Industrie und der Wissenschaft, der Forschung. Das ist komplexer als bisher.“
Zweite Sofortmaßnahme ist ein „Deutschland-Dach-Programm“. Für diese Idee hatte die Union bereits Ende August in einem 15-Punkte-Plan geworben. „Jeder muss ein Solardach bekommen können“, heißt es in dem Papier. Niemand solle aus finanziellen Gründen auf ein Solardach und damit auf erneuerbare Energien verzichten, heißt es. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) soll jeder Eigentümer ein zinsloses Darlehen für ein Solardach erhalten. Auch während des TV-Triells am Sonntagabend hatte Laschet für dieses Vorhaben geworben.
Für die Grünen ist das seit Langem ein Thema – auch wenn sie häufig dafür kritisiert worden sind. „Unser Ziel sind 1,5 Millionen neue Solardächer in den kommenden vier Jahren“, heißt es im Wahlprogramm. „Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen neuen Standard perspektivisch auf den Bestand ausweiten.“
Im Wahlkampfendspurt reagiert die Union auch auf den Umstand, dass der CO2-Preis in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen wird. „Wir werden die Pendlerpauschale dynamisieren“, heißt es im Sofortprogramm. Laschet greift damit einen Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder auf. „Wir brauchen pro zehn Cent höheren Spritpreis einen Cent mehr Pendlerpauschale als Ausgleich für die ländlichen Räume“, hatte Söder im Handelsblatt gesagt. „Und wir müssen klar sagen, ab welchem Preisniveau die Menschen überfordert werden, und dort eine Grenze ziehen.“

CDU-Chef Armin Laschet wollte das vierseitige Papier am Montag im Anschluss an Beratungen der Führungsspitze seiner Partei in Berlin vorstellen.
Der Benzinpreis könnte im nächsten Jahr drastisch steigen. Hintergrund ist das von der schwarz-roten Koalition beschlossene Klimaschutzgesetz. Es sieht vor, dass die Regierung umgehend handeln muss, wenn sie in einem Jahr Klimaziele verfehlt. Für den Verkehrssektor haben sowohl das Wirtschafts- wie auch das Umweltministerium für das kommende Jahr eine Lücke von 20 Millionen Tonnen prognostiziert und damit einen so hohen Wert, der mit anderen kurzfristigen Maßnahmen als höheren Benzinpreisen kaum zu erreichen sein dürfte. Wirtschaftsexperten gehen von 40 bis 70 Cent Erhöhung allein 2022 aus.
Söder hatte dazu erklärt, das Gesetz sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts „mit heißer Nadel nachgebessert worden. Wir sollten über ein besseres Klimaschutzgesetz nachdenken.“
Planungsbeschleunigung
Um Stromnetze, aber auch Investitionen in nachhaltige Produktionen und Produktionsstandorte schneller zu genehmigen, wirbt die Union in ihrem Sofortprogramm nun für „Fast-Track-Genehmigungsverfahren“ – ein Begriff, den bereits Tesla mit Gründer Elon Musk im Frühjahr geprägt hatte, als der Bau der Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin ins Stocken geraten war.
Laschet resümiert Triell: „Das war ein guter Abend”
Damals hatte Tesla gefordert, für „nachhaltige Projekte“ Umweltgenehmigungen leichter zu erteilen und auch bei Raumordnungsverfahren zügiger zu genehmigen, indem etwa ein Fabrikbau als „nicht relevant“ gewertet wird.
Bei seinem Besuch der Baustelle im August hatte Laschet ebenfalls dafür geworben, dass solche Projekte schneller genehmigt werden, und vorgeschlagen, das Klagerecht von Verbänden einzuschränken. „Wir brauchen nicht weniger Bürgerbeteiligung, sondern eine bessere und frühzeitigere. Das hilft, Fehlentwicklungen zu identifizieren, rechtswidrige Planungen zu korrigieren und bessere Zulassungsentscheidungen zu generieren“, sagte indes Dirk Jansen, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Nordrhein-Westfalen.
In NRW habe die Verbändebeteiligung nicht zu Verzögerungen geführt, „sondern letztendlich zu besseren Planungen“. Sein Verband gehe „behutsam“ mit dem Klagerecht um.
Mehr: Laschet verpasst seine Chance – der Union stehen jetzt schwere Zeiten ins Haus. Ein Kommentar.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.