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Manuela Schwesig

Der Wahlsieg der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern steht nahezu fest.

(Foto: imago images/BildFunkMV)

Super-Wahltag Bund, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern: Der Wahlsonntag wird eine Zäsur – für das Land und die SPD

Die SPD könnte an diesem Sonntag gleich drei Wahlen gewinnen. Die möglichen Siegerinnen Schwesig und Giffey würden zusammen mit Scholz den Ton in der Partei angeben.
25.09.2021 - 12:03 Uhr Kommentieren

Berlin Im Willy-Brandt-Haus wird gerade fleißig gewerkelt. Die Straße vor der SPD-Parteizentrale wird abgesperrt, vor dem Eingang werden Zelte aufgebaut, das Bier kaltgestellt. Mehr als 1000 Gäste erwartet die SPD zur Wahlparty am Sonntag.

Bei dem Event will die SPD nicht nur ihr Comeback im Bund feiern, sondern im besten Fall gleich das Triple. Denn was bei der nicht für möglich gehaltenen Aufholjagd von Olaf Scholz beinahe untergeht, sind die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Auch in diesen beiden Ländern sieht es gut bis herausragend aus für die Sozialdemokraten. Der Partei könnte ein historischer Dreifachtriumph glücken.

Bei der Wahl ums Berliner Abgeordnetenhaus zeichnet sich wie im Bund ein knappes Rennen ab. Doch dank der beliebten Spitzenkandidatin Franziska Giffey hat sich die Berliner SPD in Umfragen von Platz vier auf Rang eins vorgearbeitet und sich zuletzt in einigen Befragungen etwas von den Grünen absetzen können.

In Mecklenburg-Vorpommern steht dagegen die Gewinnerin so gut wie fest. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) dürfte einen fulminanten Wahlsieg einfahren, in allen Umfragen stand ihre SPD zuletzt bei rund 40 Prozent. Die AfD mit 16 und die Union mit 14 Prozent liegen weit abgeschlagen dahinter.

Der Sonntag könnte damit eine Zäsur werden. Für die deutsche Politik, aber auch für die SPD. Sollten Giffey und Schwesig gewinnen, werden sie mit Scholz diejenigen sein, die künftig in der SPD den Ton angeben. Auch ohne hochrangiges Parteiamt auf Bundesebene.

Der SPD-Spitzenkandidat hat gute Chancen nächster Bundeskanzler zu werden. Quelle: imago images/Xinhua
Olaf Scholz

Der SPD-Spitzenkandidat hat gute Chancen nächster Bundeskanzler zu werden.

(Foto: imago images/Xinhua)

Die Wahlsiege würden zudem die These bestätigen, wonach die SPD Wahlen mit Kandidaten der Mitte gewinnt. Wie Scholz stehen auch Schwesig und Giffey für einen pragmatischen Politikstil. Die beiden Spitzenkandidatinnen sind maßgeblich mitentscheidend dafür, dass die SPD auch im Osten Deutschlands ein Comeback feiert.

Dass die Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf so lange chancenlos schienen, lag auch an der längst chronischen Schwäche der Partei im Osten und Süden Deutschlands. In Sachsen, Thüringen und Bayern drohte die SPD bedrohlich Richtung Fünf-Prozent-Marke zu rutschen.

Personen sind wichtiger als Programme

Doch innerhalb von nur sechs Wochen hat sich die SPD in Bayern laut Umfragen etwa verdoppelt und steht jetzt bei 18 Prozent. In Nürnberg oder München hat sie sogar Chancen, Direktmandate zu holen – was für die CSU eine Schmach wäre, da sie in der Regel alle Direktmandate in Bayern gewinnt.

Ähnliche Sprünge machte die SPD in Ostdeutschland. In Thüringen liegen die Sozialdemokraten plötzlich bei 21 Prozent und könnte kommend von Platz vier stärkste Kraft werden. In Sachsen steht die SPD bei 18 Prozent und läge damit weit über ihrem Ergebnis von 2017, das gerade noch zweistellig war.

Ein Grund für den Wiederaufstieg: Themen wie Rente oder soziale Sicherheit spielten im Osten eine deutlich größere Rolle, Klimawandel eine untergeordnete, heißt es einer Analyse der linken Berliner Denkfabrik „Progressives Zentrum“. Das spiele der SPD in die Karten.

Hinzu käme, dass Personen und ihre Glaubwürdigkeit im Osten eine wichtigere Bedeutung hätten als Parteien. „Mit Schwesig und Giffey hat die SPD als einzige sichtbare und einflussreiche Führungsfiguren aus dem Osten“, heißt es in der Analyse weiter. Die beiden stahlen also auch über ihr Bundesländer in den Osten hinaus.

Giffey richtet Berliner SPD neu aus

Während die Grünen in Berlin mit Bettina Jarasch eine eher unbekannte Kandidatin ins Rennen geschickt haben, profitiert Franziska Giffey in der Hauptstadt von ihrer Bekanntheit als frühere Bundesfamilienministerin und Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln. Der Wahlkampf ist wie bei wie Scholz und Schwesig ganz auf sie zugeschnitten.

Giffey grenzt sich dabei klar von dem bisherigen rot-rot-grünen Senat von Bürgermeister Michael Müller (SPD) ab und lässt eine weitere Links-Koalition offen. Stattdessen wird auch im Stadtstaat über eine Ampel-Koalition diskutiert.

Die SPD-Spitzenkandidatin distanziert sich von der bisherigen Politik der Berliner Landesregierung. Quelle: dpa
Franziska Giffey

Die SPD-Spitzenkandidatin distanziert sich von der bisherigen Politik der Berliner Landesregierung.

(Foto: dpa)

Giffey blinkt seit Beginn des Wahlkampfs klar Richtung Mitte. Sie betont, wie wichtig ihr die Wirtschaft sei und bezeichnet Enteignungen als „rote Linie“. Das ist deshalb interessant, weil am Sonntag in Berlin in einem Volksentscheid auch über eine Enteignung von großen Immobilienunternehmen abgestimmt wird.

Den Ausbau von Stadtautobahnen will Giffey vorantreiben, Experimente wie den Mietendeckel unterlassen. Was Giffey im Wahlkampf sage, sei „CDU pur“, lobt CDU-Fraktionschef Burkard Dregger. In dem traditionell linken Berliner SPD-Landesverband kommt das keineswegs nur gut an, bei vielen Wählern offenbar schon. Um den Wiedereinzug ins Rote Rathaus nicht aufs Spiel zu setzen, hält sich daher die offene Kritik vom linken Parteiflügel an Giffey in Grenzen.

Schwesig: Selbst die CDU zollt ihr inzwischen Respekt

Dass sie nicht wieder in ihr Büro einzieht, muss Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern nicht befürchten. Die 47-Jährige ist nach ihrer Krebs-Erkrankung endgültig wieder fit und in der Rolle der Landesmutter angekommen. Im Wahlkampf an der Küste hat man streckenweise den Eindruck, es gebe überhaupt nur eine Kandidatin – Schwesig. Im Wahlkampf heißt ihr Slogan nun: „Die Frau für MV“.

Beim Corona-Krisenmanagement legte die frühere Bundesfamilienministerin zwar so manche Richtungswechsel hin. Zwischendurch wollte Schwesig Mecklenburg-Vorpommern auch mal für Familien abriegeln, die in dem Bundesland Urlaub machen wollten. Doch nachhaltig geschadet hat ihr das nicht.

Stattdessen wurde sie als diejenige Ministerpräsidentin wahrgenommen, die der Kanzlerin in der Corona-Krise Paroli bot. Die Einwürfe Schwesigs, sie würde die Kinder bei allen Maßnahmen vergessen, verbitte sie sich, sagte Merkel in einer der Konferenzen der Ministerpräsidenten.

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Schwesig gelang das in der Politik seltene Kunststück, ihr Image um 180 Grad zu drehen. 2011 verspottete CDU-Politiker Lorenz Caffier Schwesig noch als „Küstenbarbie“. Ähnlich redeten auch in der einige SPD über Schwesig. Caffier war später ihr Innenminister und musste 2020 sein Amt abgeben, nach dem er eine Waffe von einem Händler, gekauft hat, der Mitglied der rechtsextremen Gruppe Nordkreuz war.

Schwesig und Giffey: Kandidatinnen für den Parteivorsitz

Heute spricht man in der CDU in Mecklenburg-Vorpommern ehrfurchtsvoll von der „Eiskönigin“. Und in ihrer eigenen Partei wird Schwesig inzwischen als „letzter Kerl der SPD“ bezeichnet. Schwesig bringe eine „Ruchlosigkeit“ wie nur wenige Politikerinnen mit. Das qualifiziere sie für höchste Ämter, sagte ein Spitzengenosse anerkennend.

Doch nicht alle sehen ihre Dominanz nur positiv. Schwesig dulde niemandem neben sich, halte andere in der Partei klein und baue keinen Nachfolger auf, heißt es auch aus ihrem Landesverband. Wenn sie eines Tages mal den Job wechseln sollte, hätte die SPD in Mecklenburg-Vorpommern ein Problem.

Schwesig und Giffey waren schon 2019 die eigentlich logischen Kandidatinnen für den Parteivorsitz der Bundes-SPD. Doch bei Giffey kam die Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit dazwischen, bei Schwesig die Krebs-Erkrankung. Auch war Schwesig zu dieser Zeit erst seit zwei Jahren Ministerpräsidentin. Und aus ihrer Zeit als Interims-Parteichefin nach dem Rücktritt von Andrea Nahles 2019 wusste sie, wie kräftezehrend das Amt ist.

Nach einem möglichen Wahlsieg aber wäre Giffeys Doktorarbeit langsam vergessen, und Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern unantastbar. In der SPD wird deshalb längst orakelt, eine der beiden könnte den Parteivorsitz übernehmen, sollte Parteichefin Saskia Esken Bundesministerin werden, was nicht Wenige in der Partei hoffen. 

Das erste Zugriffsrecht hätte in diesem Wahl Fall wohl Schwesig. Doch auch Giffey würde im Falle eines Wahlsiegs zur ersten Führungsreserve der SPD hinter Scholz zählen. Doch erstmal muss das Entscheidende dafür gelingen – und die SPD die drei Wahlen tatsächlich gewinnen.

Mehr: Manuela Schwesig empfehlt sich mitten in der Corona-Krise für höhere Ämter

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