Bundestagswahl: Armin Laschets „Zukunftsteam“: Wirtschaft reagiert mit Skepsis
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Unions-KanzlerkandidatLaschets Team stößt in der Wirtschaft auf große Skepsis – „Nicht wirklich Prominenz aufgefahren“
In allen Umfragen geht es für die Union abwärts. Den Befreiungsschlag soll nun das „Zukunftsteam“ von Kanzlerkandidat Laschet bringen. Doch es ist fraglich, ob das gelingt.
„Außer der Einbindung des einstigen Rivalen um die Kanzlerkandidatur wird nicht wirklich Prominenz aufgefahren, mit der eine breite Öffentlichkeit auf den ersten oder zweiten Blick Kompetenz verbindet“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbands ZGV, Ludwig Veltmann, dem Handelsblatt. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von etwa 230.000 mittelständischen Unternehmen.
Laschet hatte am Freitagmorgen sein Team vorgestellt. Dazu gehören neben Merz auch Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) und der Terrorismusexperte Peter Neumann sowie Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien, die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch, CDU-Vize Silvia Breher, der stellvertretende Unionsfraktionschef Andreas Jung sowie der Bundestagskandidat und Musikmanager Joe Chialo (alle CDU).
Aus Sicht des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) hat Laschet die Voraussetzung dafür geschaffen, nun „die richtigen Akzente in den zentralen Politikfeldern“ zu setzen. „Jetzt kommt es darauf an, dass das Zukunftsteam schnellstens konkrete Maßnahmen benennt, die in den ersten 100 Tagen einer möglichen Kanzlerschaft unter Führung der Union beschlossen und umgesetzt werden“, sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger dem Handelsblatt. „Ein Weiter-so ist den Wählerinnen und Wählern jedenfalls nicht zu vermitteln, wie die Umfrageergebnisse Laschets zeigen.“
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung Laschets, sein „Zukunftsteam“ solle neue Ideen für die Zukunft liefern. „Es braucht weniger neue Ideen als Mut zur Tat“, sagte BVDW-Geschäftsführer Marco Junk dem Handelsblatt.
Meinungsforscher erwarten keine Trendumkehr für die Union
Es sei zwar gut, dass Laschet mit der Vorstellung seines Teams „endlich Ross und Reiter benannt“ habe. Nun sollten nach einem bisher weitgehend inhaltsleeren Wahlkampf aber endlich die Themen und nicht die Personen im Vordergrund stehen.
Die Mitglieder des „Zukunftsteams“ sollen Laschet bis zur Bundestagswahl am 26. September helfen, die Union aus dem Umfragetief zu holen. Laschet steht stark unter Druck. In jüngsten Umfragen zog die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz an CDU und CSU vorbei.
Meinungsforscher rechnen nicht damit, dass der Union mit dem „Zukunftsteam“ eine Trendumkehr in der Wählergunst gelingen wird. „Wegen des Gesamttrends, der seit Wochen für die SPD und gegen die Union geht und sich nicht nur in der Sonntagsfrage, sondern auch im Blick auf die sicheren Stimmen und das zusätzlich mögliche Potenzial zeigt, bezweifle ich, dass Armin Laschet diesen, alleine mit dem neu vorgestellten Team drehen kann“, sagte der Chef des Insa-Instituts, Hermann Binkert, dem Handelsblatt.
Ähnlich sieht es Forsa-Chef Manfred Güllner. Die Vorstellung des Teams dürfte „eher negativ als Panikreaktion eingeschätzt werden“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Als einen Grund für seine Skepsis nennt Güllner, dass die Unterstützer mit Ausnahme von Merz bei den Wählern kaum bekannt seien. „Merz verprellt viele liberale Wähler – das sind aber genau die Leute, die die Union aktuell verloren hat.“
Bär will „dem Staat ein Update verpassen“
Ansonsten seien viele Landesminister dabei, die aber selbst in deren Heimatbundesländern kaum jemand kenne. Zu den bundesweit bekannteren Namen zählten der Sicherheitsexperte Neumann und Staatsministerin Bär.
„Terrorismus ist durch Afghanistan wieder ein Angstthema, wird aber von den Menschen nicht als unmittelbare Bedrohung empfunden“, sagte Güllner. Sorgen mache man sich eher um die Alltagskriminalität. Und Bär könne die schleppende Digitalisierung in Deutschland mit angelastet werden.
Das glaubt auch Ludwig Veltmann vom Mittelstandsverbund, auch wenn die Union mit Bär vielleicht „am ehesten punkten“ könne. „Allerdings hat sie ja seit Jahren bereits die Aufgabe, die Digitalisierung maßgeblich mit voranzutreiben.“ Gerade bei Verwaltungsvorgängen erlebe der Mittelstand die Digitalisierung aber seither im „Schneckentempo“.
Bär kündigte bei ihrer Vorstellung an: „Wir wollen dem Staat ein Update verpassen.“ Außerdem wolle man „einen digitalen Turbo zünden“, versicherte die stellvertretende CSU-Vorsitzende.
Ein „Update für den Staat“ sei „seit Langem überfällig“, sagte der Präsident des Bundesverbands Deutsche Startups, Christian Miele. Er hofft daher, dass Laschet mit seinem Team insbesondere bei digitalen Themen klare Akzente setzt. Die Personen müssten „Themen mit Entschlossenheit und auch gegen Widerstände vorantreiben.“ Das gelte zum Beispiel für die Digitalisierung der Verwaltung. „Der Staat selbst sollte Innovationstreiber werden, aktuell steht das Faxgerät sinnbildlich für eine Verwaltung ohne Vision.“
Startups könnten hierbei als Problemlöser einen wesentlichen Beitrag leisten, ist Miele überzeugt. Der Startup-Präsident bewertete es in diesem Zusammenhang als positiv, „dass Laschet ins Risiko geht, einen neuen Kurs einschlägt und bei der Zusammenstellung seines Teams auf Komplementarität achtet“. Das sei auch in Gründerteams eine wichtige Fähigkeit.
Miele betonte die Rolle von Startups als maßgebliche Innovations- und Wachstumstreiber für den Transformationsprozess der Wirtschaft. Dafür sei eine „umfassende Startup-Strategie erforderlich, welche die Themen Talente, Kapital und fairen Wettbewerb in den Fokus stellt“.
Von einer künftigen Bundesregierung erwartet er, diese Strategie in den ersten 100 Tagen in Angriff zu nehmen. Dazu zählten Verbesserungen für Mitarbeiterbeteiligungen. Startups brauchten zudem hinreichend Kapital sowie faire Wettbewerbsbedingungen. „Startups und deren Innovationen dürfen nicht durch die Ausnutzung einer dominierenden Marktmacht behindert werden.“
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft traut indes den digitalen Ankündigungen des Laschet-Teams nicht. „Denn in den letzten Jahren hat praktisch nirgendwo ein Aufholprozess stattgefunden“, sagte Bundesgeschäftsführer Jerger. „Vielmehr hat die Pandemie unsere Schwächen im Bereich der Digitalisierung aller Welt vor Augen geführt.“
Laschet stellt „Zukunftsteam“ für den Wahlkampf der Union vor
Jerger forderte, Bär sollte schnellstens Klarheit schaffen und sich für ein Digitalministerium aussprechen. „Die Zersplitterung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Ressorts ist nicht länger akzeptabel“, sagte er. Nötig sei ein „Schwerpunktprogramm Digitalisierung“.
„Alle Gewerbegebiete müssen bis zum Jahr 2023 mit Glasfaser versorgt sein, und die öffentliche Verwaltung muss vollständig digitalisiert werden“, so Jerger. „Faxgeräte dürfen zukünftig nur noch in Museen stehen.“
BVDW-Geschäftsführer Junk: Keine Vorwürfe an Bär
BVDW-Geschäftsführer Junk sieht auch dringenden Handlungsbedarf. „Das digitale Erbe dieser Bundesregierung ist der Traum vom Flugtaxi, während die Pandemie die Versäumnisse schonungslos aufgedeckt hat“, sagte er. Ob Gesundheitswesen, öffentliche Verwaltung oder Bildungswesen, Deutschland sei „digital in den 90er-Jahren stehengeblieben“. Dabei sei Bär aber kein Vorwurf zu machen. „Denn ohne Durchgriffsmöglichkeiten und ausreichend Personal musste sie ein Feigenblatt der Digitalisierungsbemühungen der Bundesregierung bleiben.“
Das sieht auch der Hauptgeschäftsführer des IT-Verbands Bitkom, Bernhard Rohleder, so. Laschet habe mit Bär eine „ausgewiesene Digitalexpertin“ ins Team geholt. „Dorothee Bär zeigt aber auch, dass es eben nicht genügt, fachlich ausgezeichnete Experten und regierungserfahrende Politikerinnen und Politiker in Schlüsselpositionen zu bringen“, sagte Rohleder. „Eine solche hat Bär als Digitalstaatsministerin im Kanzleramt heute bereits inne, dennoch konnte sie weniger bewirken, als sie sich gewünscht haben dürfte.“
Serie: Wahlcheck
Am 26. September wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. In loser Folge stellt das Handelsblatt deshalb in den kommenden Wochen zentrale Themen vor, die die künftige Regierung angehen muss. So geht es zum Beispiel um den Ausbau Erneuerbarer Energien, die Digitalisierung, den Wohnungsbau und die künftige Steuerpolitik.
In der Steuerpolitik setzen die Parteien – je nach Profil – eigene Akzente.
Der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien genießt bei den meisten Parteien hohen Stellenwert. Doch die Wahlprogramme operieren oft mit unrealistischen Zielen.
In der Pandemie sind vor allem Familien unter Druck geraten. Doch die Parteien setzen bislang nur auf moderate Anpassungen. Experten erklären, welche Vorschläge besser funktionieren.
Die Rente ist kein Gewinnerthema im Wahlkampf, weil jede Reform Verlierer mit sich bringt. In den Parteiprogrammen dominiert deshalb das Prinzip Hoffnung.
Wer Deutschland regiert, kann entscheidend Einfluss nehmen auf die Schicksalsfragen der Europäischen Union. Schon bald stehen Richtungsentscheidungen bevor.
Lohncheckverfahren, staatliches Wagniskapital nur für Gründerinnen, Quoten – die Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen den Frauen einiges. Doch was erwarten Unternehmerinnen und Gründerinnen? >> Lesen Sie die Folge hier
Rot-Rot-Grün wirbt für höhere Mindestlöhne und Weiterbildungsansprüche, Schwarz-Gelb will wenig regulieren. Wo die Trennlinie bei den arbeitsmarktpolitischen Plänen verläuft.
Für Union und Grüne gilt: Mehr finanzielle Förderung bringt auch bessere Forschungsergebnisse. Die FDP dagegen will die Leistung von Forschern strenger kontrollieren.
Der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer sieht denn auch wenige Vorteile für Laschet, auch wenn er die Aufstellung eines Teams für grundsätzlich richtig hält. „Um ihren Volksparteianspruch aufrechtzuerhalten, muss die Union ihre Bandbreite auch personell abbilden“, sagte Niedermayer dem Handelsblatt.
Die vorgestellten Personen seien auch „eher in die Zukunft gerichtet“. „Das größte Manko ist jedoch, dass das Team viel zu spät kommt“, betonte Niedermayer. Alle, außer Merz, seien „einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt“. „Und gut drei Wochen reichen nicht, um sie als Gesicht der Union in den einzelnen Politikfeldern sichtbar zu machen.“
3 Kommentare zu "Unions-Kanzlerkandidat: Laschets Team stößt in der Wirtschaft auf große Skepsis – „Nicht wirklich Prominenz aufgefahren“"
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Herr_EN Andre Peter
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die CDU Führung gerne die Wahl verliert, damit sie die Suppe von Merkel nicht auslöffeln braucht. Da kann dann Scholz zeigen, was er (nicht) kann. Dann erleben wir die Folgen der grünen, ideologisch - dogmatischen Politik Merkels und deren Weiterführung. Das Ergebnis: massiver Wohlstandsverlust besonders der mittleren und unteren Schicht in Deutschland - die obere Schicht wird sich das Scholz Chaos nicht antun und das weite suchen! Es wird zu teuer sein in Deutschland zu produzieren: Die Mitarbeiter fordern wegen höherer Energie- und Lebensmittelpreise sowie höheren Mieten deutlich mehr Einkommen, der Fachkräftemangel und die Verrentung der Babyboomer führt ebenso zu Lohnerhöhungen. Die Sozialabgaben steigen vor allem in der Renten- und Krankenversicherung trotz sehr schlechter Leistungen. Die CO2 Abgabe neben hohen Energiekosten, hohen Verwaltungskosten wegen hoher Bürokratie und extrem hohen Steuern in Deutschland führen zur Abwanderung der Industrie. Dann wird auch noch brutal gegen die Industrie geklagt - z.B. DHU gegen die deutsche Automobilindustrie.
Da muss doch jedem Vorstand und Geschäftsführer klar sein, dass Unternehmertum in Deutschland nicht gewollt ist - wenn man nicht gewollt ist, kann man auch gehen.
In Deutschland gibt es nur Standortnachteile. ARMES DEUTSCHLAND
Herr_EN Hans Schönenberg
Herr Gegusch: Sie haben recht! Nur, weil ein großer Teil in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt ist, kann nicht gleich von einer schlechten Wahl ausgehen. Soll Laschet auf die bekannten, aber verbrauchten Größen wie AKK uvm. setzen? Sie weisen darauf hin, dass Herr Scholz nicht alleine regieren kann; es werden im Falle einer erfolgreichen Wahl die linken SPD-Mitglieder wie Mützenich, Künert, Esken usw. in hohen Positionen auftauchen, mal von einer evtl. Koalition mit den Linken. Ich glaube: die Arbeiterverbände und Industrieverbände warnen grundsätzlich vor allem. Geht es bei dieser Wahl nicht auch um Schadensbegrenzung?
Herr Dietmar Gegusch
Und was ist das Angebot der SPD? Dies sollte in der Öffentlichkeit auch einmal hinterfragt werden als gleich das Angebot der Union zu zerpflücken. Ich habe das Gefühl Herr Scholz wird ganz alleine die Regierung stellen und politisch muss er sich von der SPD trennen, damit er Hoffnung, die viele seiner Wähler in ihn stecken auch umsetzen kann.
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Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die CDU Führung gerne die Wahl verliert, damit sie die Suppe von Merkel nicht auslöffeln braucht.
Da kann dann Scholz zeigen, was er (nicht) kann. Dann erleben wir die Folgen der grünen, ideologisch - dogmatischen Politik Merkels und deren Weiterführung.
Das Ergebnis: massiver Wohlstandsverlust besonders der mittleren und unteren Schicht in Deutschland - die obere Schicht wird sich das Scholz Chaos nicht antun und das weite suchen!
Es wird zu teuer sein in Deutschland zu produzieren: Die Mitarbeiter fordern wegen höherer Energie- und Lebensmittelpreise sowie höheren Mieten deutlich mehr Einkommen, der Fachkräftemangel und die Verrentung der Babyboomer führt ebenso zu Lohnerhöhungen. Die Sozialabgaben steigen vor allem in der Renten- und Krankenversicherung trotz sehr schlechter Leistungen. Die CO2 Abgabe neben hohen Energiekosten, hohen Verwaltungskosten wegen hoher Bürokratie und extrem hohen Steuern in Deutschland führen zur Abwanderung der Industrie. Dann wird auch noch brutal gegen die Industrie geklagt - z.B. DHU gegen die deutsche Automobilindustrie.
Da muss doch jedem Vorstand und Geschäftsführer klar sein, dass Unternehmertum in Deutschland nicht gewollt ist - wenn man nicht gewollt ist, kann man auch gehen.
In Deutschland gibt es nur Standortnachteile.
ARMES DEUTSCHLAND
Herr Gegusch: Sie haben recht! Nur, weil ein großer Teil in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt ist, kann nicht gleich von einer schlechten Wahl ausgehen. Soll Laschet auf die bekannten, aber verbrauchten Größen wie AKK uvm. setzen? Sie weisen darauf hin, dass Herr Scholz nicht alleine regieren kann; es werden im Falle einer erfolgreichen Wahl die linken SPD-Mitglieder wie Mützenich, Künert, Esken usw. in hohen Positionen auftauchen, mal von einer evtl. Koalition mit den Linken. Ich glaube: die Arbeiterverbände und Industrieverbände warnen grundsätzlich vor allem. Geht es bei dieser Wahl nicht auch um Schadensbegrenzung?
Und was ist das Angebot der SPD? Dies sollte in der Öffentlichkeit auch einmal hinterfragt werden als gleich das Angebot der Union zu zerpflücken. Ich habe das Gefühl Herr Scholz wird ganz alleine die Regierung stellen und politisch muss er sich von der SPD trennen, damit er Hoffnung, die viele seiner Wähler in ihn stecken auch umsetzen kann.