Bundestagswahl Laschet in der Krise: Mit diesen drei Maßnahmen will die Union die Stimmung drehen

Der kriselnde Kanzlerkandidat der Union setzt seine Hoffnung auf die TV-Runden
Berlin Für den kriselnden Kanzlerkandidaten der Union ist es eine der wenigen Chancen, die ihm bis zur Bundestagswahl noch bleiben. Am Sonntag wird Armin Laschet im ersten TV-Triell mit Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) debattieren. Kann der Kandidat der Union nach all den Pannen und Rückschlägen endlich punkten?
In der CDU-Wahlkampfzentrale setzen sie nun voll und ganz auf die anstehenden Debatten im Fernsehen: Drei Mal treffen die Kanzlerkandidaten aufeinander, hinzu kommen noch drei Bürgertalk-Formate und deutschlandweit ausgestrahlte Radiointerviews – weitere Termine nicht ausgeschlossen.
Laschet geht mit deprimierenden Umfragewerten in die Diskussionsrunden: Er liegt mittlerweile weit abgeschlagen hinter Scholz und knapp hinter Baerbock. Im Konrad-Adenauer-Haus übt man sich allerdings im Zweckoptimismus und sieht darin nun eine Chance: Man hält Laschets Rednerqualitäten für besser als sein Image. Wenn er nun unterbewertet in die Runden geht, kann er positiv überraschen.
Trumpf 1: TV-Runden als Chance, aus der Defensive zu kommen
Auf das erste TV-Triell bereitet sich Laschet entsprechend akribisch vor. Öffentliche Termine gibt es am Sonntag nicht, stattdessen inhaltliches Coaching. Im Laschet-Lager weiß man um die frustrierte Stimmung in der Union. „Neunzig Prozent der Bürger an den Ständen sind unzufrieden mit Armin“, berichtet ein Direktkandidat aus Nordrhein-Westfalen. Ein Kandidat aus Berlin sagt, zwar gebe es kritische Stimmen zum Spitzenkandidaten, es gebe aber keine inhaltliche Kritik. „Die Stimmung ist besser als 2017“, sagt er.
Im Jahr 2017, da war der letzte Bundestagswahlkampf mit Angela Merkel. Damals kam die Union auf knapp 33 Prozent und konnte so sicher weiterregieren. Doch derzeit sind es in Umfragen nur 23 Prozent, deutlich zu wenig, um sich am Wahlabend als Sieger feiern zu lassen.
Laschet attackiert Politik der SPD und Grünen
Wenn die Wahlkämpfer nicht die Nerven verlieren sollen, muss der Kandidat nun endlich in die Offensive gehen. „Wir kämpfen. Und es zählt das Ergebnis am Ende und nicht Umfragen dazwischen“, macht CDU-Präsidiumsmitglied Julia Klöckner sich und ihren Parteifreunden Mut. „Es liegt an uns selbst, überzeugend und fröhlich Wähler zu gewinnen“, sagte sie dem Handelsblatt.
Ein anderes Präsidiumsmitglied ist überzeugt, dass Laschet „Nehmerqualitäten“ habe und vor allem: „Er hat den Willen zu kämpfen.“ Die schlechten Umfragen würden helfen, „die Reihen zu schließen und endlich über das zu reden, worum es bei der Wahl wirklich geht“. Denn inzwischen ist ein Schreckgespenst realistisch, mit dem vor wenigen Wochen noch niemand gerechnet hatte: Ein rot-grünes Bündnis unter Führung der SPD, das entweder mit Stimmen der Linken oder mit Stimmen der FDP regierungsfähig wäre.
Entsprechend will die Partei deutlich machen, welchen Linksruck Olaf Scholz durchgemacht hat, um Kanzler eines rot-rot-grünen Bündnisses sein zu können und wie schwach die Liberalen in einer Ampelkoalition wären, um den ebenso wie die SPD nach links gerückten Grünen etwas entgegenzusetzen. „Wir werden Olaf Scholz und die Liberalen stellen“, berichtet ein CDU-Wahlkämpfer.
Trumpf 2: Personelle Verstärkung für den Kanzlerkandidaten
In der CDU will man sich nicht allein darauf verlassen, dass der Kanzlerkandidat die Wähler beim TV-Triell doch noch überzeugen kann. Laschet soll personelle Unterstützung bekommen. Ein Team wird er nicht präsentieren. Denn es soll keinesfalls so rüberkommen, als schaffe er es nicht allein. Zudem würde eine Art Schattenkabinett sofort zu Missgunst führen bei allen, die nicht berücksichtigt werden.
Laschet werde deshalb immer wieder themenbezogen mit anderen Unionspolitikern auftreten, heißt es. Die ersten beiden könnten schon nach der nächsten CDU-Präsidiumssitzung mit ihm vor die Presse treten, vom zentralen Themenfeld der inneren Sicherheit ist die Rede. Es gehe darum, „die Breite der Union“ zu zeigen, anders als die SPD, die nur Scholz schicke und die restliche Parteispitze verstecke.

Die Union fürchtet ein Dreierbündnis von SPD und Grünen mit der FDP oder der Linkspartei.
Erste Namen kursieren, die Laschet unterstützen sollen. Dazu gehört Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). Er trat kürzlich schon in einer TV-Runde gegen Scholz an. Brinkhaus kennt sich in der Finanzpolitik gut aus und wird als rhetorisch stark eingeschätzt.
Auch der stellvertretende Fraktionschef Andreas Jung, der in der Union als Experte für Klimapolitik gilt, soll helfen. Das Adenauer-Haus schickte ihn in dieser Woche bereits in eine Diskussion mit Baerbock und Scholz zur ökologischen Transformation.
Um Digitalisierung soll sich vor allem die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU) kümmern. Das Thema ländliche Räume könnte CDU-Vizechefin Silvia Breher übernehmen. Weitere Personen dürften folgen. Auf jeden Fall soll es frische Gesichter geben. Auf derzeitige Bundesminister hingegen soll eher verzichtet werden, von Jens Spahn einmal abgesehen.

Die Entscheidung um die Merkel-Nachfolge fällt am 26. September.
Mit der personellen Verstärkung wollen die CDU-Wahlkampfstrategen dann auch endlich inhaltlich stärker angreifen. Das hatte Laschet den unzufriedenen Parteifreunden wiederholt zugesagt, aus deren Sicht bisher aber zu wenig umgesetzt.
Trumpf 3: Das 100-Tage-Programm
Der Kanzlerkandidat plant die Präsentation eines 100-Tage-Programms, mit dem er seine wichtigsten Forderungen noch mal nach vorn rücken will. Wann genau es präsentiert werden soll, ist noch unklar. Einige in der CDU rechnen erst in ein bis zwei Wochen vor der Wahl damit. Zunächst wollen die Parteistrategen nun verstärkt Scholz angreifen, um seinen Höhenflug zu stoppen. Das Chaos um den damaligen G20-Gipfel in Hamburg, als Scholz dort Erster Bürgermeister war, soll genauso thematisiert werden wie der Cum-Ex-Skandal und die Wirecard-Pleite. „Bislang standen zunächst Annalena Baerbock und dann Armin Laschet im Feuer – nun richten sich die Blicke auf Scholz“, hieß es dazu in der Partei.
Laschet hatte bereits beim gemeinsamen Wahlkampfauftakt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Markus Söder angefangen, Scholz persönlich zu attackieren und ihn aufgefordert, eine Koalition mit Grünen und Linken auszuschließen. Beim TV-Triell dürfte er dort weitermachen, so die Erwartungshaltung in der Union. Es werde, so heißt es in seinem Umfeld, ein kampfeslustiger Auftritt.
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Guten Tag, Herr Oedekoven,
Sie sprechen von "unserem" schönen Deutschland, das verloren wäre, wirtschaftlich, kulturell und sicherheitspolitisch, falls Ihre Bitte kein Gehör findet. Wovon Sie nicht sprechen ist all das, was bereits verlorenging in den letzten Jahrzehnten, zum Beispiel ein gesundes Klima, was irgendwie ja auch lebensnotwendig ist.
Ich habe den Eindruck, dass Sie mit "wir" Senioren (wie mich, 66 Jahre) meinen. Vergessen Sie all die jungen Menschen, um deren Zukunft es wirklich geht? Ich habe mir die deStatis-Zahlen angesehen (Basis: Census 12/2020). In Deutschland lebten Ende 2020 rund 83,16 Millionen Menschen. Ich habe aus den Zahlen Altersgruppen gebildet. Wie werden/würden sie wohl wählen?
Gruppe 1: 12.982.596 sind 1 bis 17 Jahre alt, haben leider gar nichts zu sagen.
Gruppe 2: 10.881.791 sind 18 bis 29 Jahre alt, einige bis etliche wohl geneigt, rechts oder links der "Mitte" zu wählen.
Gruppe 3: rund 42 Millionen (ca. 50,6 % der rund 83,16 gezählten Einwohner) sind zwischen 30 und 66 Jahre alt, also im Erwerbsalter. Sie werden so wählen, wie es für sie in ihrer individuellen Situation richtig ist. Möglicherweise wünschen sie sich einen Mindestlohn, bezahlbaren Wohnraum... Einige gehen vielleicht auch zur Wahl um ihre Stimme anstelle noch nicht wahlberechtigter Kinder oder Enkelkinder und/oder für Erhalt unserer jetzt schon arg beschädigten Natur abzugeben. Ich persönlich fände das auch schön.
Gruppe 4: 14.730.395 sind 67 bis 85 Jahre alt. In diesem Alter kenne ich leider etliche, die lieber das Gewohnte als einen "Aufbruch" (Inkaufnahme von Verzicht zugunsten der Folgegenerationen) wünschen, So wie Sie?
Gruppe 5: Hierbei handelt es sich um rund 2,5 Millionen Menschen, die 86 und mehr Jahre alt sind. Ich kann mir vorstellen, dass etliche so wählen wie ihre Kinder.
Es bleibt spannend. Umfragen können fundamental irren. Interessant könnte auch sein, das Wahlverhalten in Relation zum persönlichen Einkommen zu untersuchen, nicht wahr?
- Korrektur -
Ich HATTE im unten verlinkten HB-Artikel beschrieben, weshalb Scholz und Söder weitaus weniger Chancen haben bzw. hätten.
Hat einigen Scholz- oder Söder-Fans aber wohl nicht gepasst. ;-))
Laschet hat vor allem das Problem, dass er keinen Wahlkampf gegen Merkel führen darf / kann /will.
Klare Kante gegen Merkels auf alllen Ebenen desaströse Politik also Fehlanzeige.
Und gerade deswegen wäre ein Friedrich Merz der besser Kanditat für die Union gewesen - weil man von dem eben sicher weiß, dass er ein erbitterter Gegner Merkels ist.
Warum Scholz jedoch noch weitaus weniger Chancen hat, Kanzler zu werden (und Söder weitaus weniger Chancen hätte, wenn man ihn statt Laschet ins Rennen schicken würde), habe ich hier beschrieben:
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/aktuelle-forsa-umfrage-spd-ueberholt-union-fuenf-gruende-fuer-scholz-hoehenflug/27545466.html
Dass GrünInnen-Baerbock die BRD auf direktem Wege zugrunde richten würde, hat mittlerweile doch ein relativ großer Prozentsatz der Wähler erkannt.
Vermutlich wird Laschet also doch Bundeskanzler werden. Aber Wunder gibt es ja bekanntlich doch immer wieder - und ein solches Wunder wäre es, wenn Lindner Bundeskanzler würde. Vielleicht wäre das sogar das Beste, was dem Land passieren könnte.
Was Leute glauben warum man seine Wahlentscheidung trifft.
Wenn die das wirklich glauben, dann gute Nacht!
und zu diesen drei Maßnahmen kommt noch die VIERTE:
Bayern verzichtet auf die FFP2 Maske ab Montag zugunsten der OP Maske - falls ich das richtig verstanden haben sollte. Das ist doch ein herzliches Wahlkampfgeschenk Söders zugunsten Laschet - und da sag mal einer Söder mag den Laschet nicht.
Dieser Artikel ist gut geschrieben und die Analysen sind richtig. Nur, dieser Artikel ist erst wenige Minuten alt bzw. jung und schon wieder veraltet: Die CDU/CSU hat gerade eben beim Meinungsforschungsinstitut Emnid schon wieder aufgeholt und steht jetzt wieder Kopf an Kopf bei 23 % mit der SPD. Bürgerliche Freunde, so kann es weitergehen. Wir müssen wissen, wer Herrn Scholz wählt, der wählt den ultralinken Flügel der SPD. Das heißt, eine Koalition Rot/Grün/Rot droht Deutschland. Unser schönes Deutschland wäre dann verloren: Wirtschaftlich, Kulturell und Sicherheitspolitisch. Deutsche, denkt genau nach, wen Ihr wählt und was das für Folgen hat in Zukunft. Amen
Die Wahl ist schon im Gange. Die Briefwahl läuft. Die Stimmen werden bereits in den kommenden zwei-drei Wochen bis zu 60% abgegeben. Wenn die UNION hofft noch das Blatt zu wenden, muss man schon an Wunder glauben. Herr Laschet war und ist jetzt zu diesem Zeitpunkt der falsche Kandidat. Frau Merkel hätte schon in der Mitte der Legislatur zurücktreten müssen, damit sich der "Neue" profilierten hätte können, aber Corona hat wohl auch hier die Weichen anders gestellt.
Hat die CDU nun nicht nur Experten für Klimapolitik sondern sogar für Klimapolitiker?