Bundestagswahl Linkes Schreckgespenst: Widerstand der Grünen gegen Koalition mit Linkspartei wächst

Die Grünen-Kanzlerkandidatin geht auf Distanz zu der Linken. Ein Linksbündnis nach der Bundestagswahl wird immer unwahrscheinlicher.
Berlin Vier Wochen vor der Bundestagswahl wächst die Kritik der Grünen an der Linken und damit auch an einem rot-rot-grünen Bündnis mit der Partei. „Die Linke ist aus meiner Sicht kein stabiler Partner für eine mögliche Koalition“, sagte der industriepolitische Sprecher der Grünen, Dieter Janecek, dem Handelsblatt. Janecek sieht dabei nicht nur außenpolitische Hürden für ein Bündnis, wie sie in der Afghanistan-Politik sichtbar wurden.
„Es gibt zudem ein gegensätzliches Verständnis von Innovation und Markt“, sagte Janecek. „Die Linke ist eine Partei, die aus dem Sozialismus kommt und möglichst hohe Steuern und regulatorische Hürden fordert.“ Das mache Unternehmen Angst und sei nicht mit grüner Politik vereinbar, die Unternehmen auch Freiräume lasse.
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kritisierte am Wochenende gegenüber der Funke Mediengruppe, die Linke habe sich „ins Abseits geschossen“, weil sie gegen die Rettungsmission der Bundeswehr für Ortskräfte gestimmt habe.
In der Regel übten sich die Grünen bislang in Zurückhaltung und gaben sich schmallippig, wenn sie auf ein mögliches Linksbündnis angesprochen wurden. Man wolle keine „Ausschließeritis betreiben“, betonen der Co-Vorsitzende Robert Habeck und Kanzlerkandidatin Baerbock unisono wie etwa im Handelsblatt-Interview im Mai.
Zudem will sich die Partei vor etwaigen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl keiner Option berauben. Dass viele Wähler, darunter vor allem in der Wirtschaft, extrem skeptisch auf ein mögliches Linksbündnis schauen, überzeugt die Grünen nicht.
Aus dem Zweikampf ist ein Dreikampf geworden
Lange Zeit schien ohnehin klar, dass es auf ein Bündnis zwischen Union und Grünen hinauslaufen würde. Doch inzwischen ist das Rennen wieder offen. Aus dem Zweikampf ist ein Dreikampf geworden. Union, SPD und Grüne stehen eng beieinander. Umfragen zufolge wäre auch ein Linksbündnis derzeit rechnerisch möglich – wenn auch unter Führung der SPD, die im Sonntagstrend der „Bild am Sonntag“ mit 24 Prozent drei Prozentpunkte vor der Union und sieben vor den Grünen liegt.
Ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz wich einer Frage nach dem Bündnis in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zuletzt mehrmals aus. Nur die Wählerinnen und Wähler träfen diese Entscheidung. Es sei allerdings unabdingbar, dass sich die Linke – anders als in ihrem Wahlprogramm – zur Nato bekenne.
Verglichen damit wirken die jüngsten Aussagen der Grünen geradezu ablehnend. Sie sind zwar immer noch kein Ausschluss an ein Linksbündnis, zeigen aber, wie groß die Ablehnung in den Reihen der Grünen ist. „Die Linkskoalition ist von allen Optionen auf dem Tisch die unwahrscheinlichste“, sagt auch der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter gegenüber dem Handelsblatt. Die möglicherweise knappe Mehrheit „wäre eine große Herausforderung für die Stabilität – und das ist allen beteiligten Parteien klar“.
Es sei ein großes Rätsel, wie diese Koalition zusammenhalten solle, etwa mit Blick auf die außenpolitischen Gräben. Die Aussagen von Baerbock zu Russland und China seien konsequente und durchaus harte Einschätzungen der Ideologie- und Machtpolitik der beiden Länder. „Da gibt es aber keine Verwandtschaft zu den Linken, und selbst mit der SPD gäbe es gewisse Schwierigkeiten“, sagte Oberreuter.
„Und wie die Linken mit ihrer einseitigen, eher ideologisch angehauchten Sozialpolitik koalitionsfähig mit Grünen und SPD sein wollen, ist mir auch ein Rätsel“, so Oberreuter. Vor diesem Rätsel stehen offenbar auch die Grünen. Die Linken müssten sich dazu bekennen, dass der industrielle Kern dieser Republik nicht zerstört werde, sagte der Co-Vorsitzende Habeck mal. Ihm und anderen führenden Grünen ist nur zu gut bewusst, dass der jahrelange Annäherungskurs an die Wirtschaft zunichte wäre, würden die Grünen mit den Linken gemeinsame Sache machen.

Viele Grünen-Wähler stehen einem möglichen Bündnis mit der Linkspartei skeptisch gegenüber.
Der Politikwissenschaftler Oberreuter sieht deswegen „viele Instabilitätsfaktoren, die für eine Partei mit Ambitionen auf eine stabile Regierung, wie sie die Grünen haben, ein Grauen sind.“ Da mache es auch keinen Unterschied, ob die Grünen die Koalition anführen oder als Juniorpartner koalieren.
Weder Baerbock noch ihrem Co-Parteichef Habeck wurde schon vor dem Afghanistan-Desaster eine besondere Vorliebe für ein Linksbündnis nachgesagt, und das gilt umso mehr, wenn es unter Führung der SPD gebildet werden müsste – auch wenn in beiden Fällen die Union aus dem Kanzleramt verdrängt werden würde. Bei Rot-Grün-Rot würde auch aus Baerbock keine Regierungschefin werden. Wahrscheinlicher ist da eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP.
Die Außenpolitik ist die Achillesferse
Wobei es auch bei den Grünen Befürworter eines Linksbündnisses gibt. Ende Juli sprach sich Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende, für Grün-Rot-Rot aus. Auf die Frage, für wen sie sich entscheide, wenn sie zwischen einer schwarz-grünen Koalition oder einem Linksbündnis unter grüner Führung entscheiden dürfte, sagte sie dem „Spiegel“: „Grün-Rot-Rot, aber mit einer guten Außenpolitik.“
Doch genau hier ist der Knackpunkt. Die Außenpolitik ist eine der Achillesfersen, das sagen Grüne unisono, wenn sie nach der Regierungsfähigkeit der Linken gefragt werden. „Wir bleiben dabei, keine Koalition von vornherein auszuschließen“, sagte jetzt auch der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, dem Handelsblatt. „Aber wer glaubt, dass wir mit der bisherigen Außenpolitik der Linkspartei zu einem verlässlichen Partner werden können, der irrt.“
Mit dem gleichen Argument hatte der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sich in der vergangenen Woche von einem möglichen Linksbündnis distanziert. „Wer ein rein taktisches Verhältnis zu Menschenrechten hat, nach Himmelsrichtungen oder Sympathien oder Antipathien vorgeht, mit dem können wir Grüne nicht zusammenkommen“, sagte Özdemir dem Handelsblatt. „Wir unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Diktatoren, wie es uns gerade gefällt.“
Mehr: „Rein taktisches Verhältnis zu Menschenrechten“ – Özdemir distanziert sich von Linkspartei
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RRG wird egal in welcher Konstellation nicht kommen. SPD und Grüne wissen genau, dass sie damit die Mitte vergraulen.
Es ist für mich glasklar: Sollte die SPD vor der CSU/CDU liegen, so wird es eine SPD/Grüne/Linke Koalition geben - mit all den negativen Folgen für die Bürger.
Das Wachstum wird abgewürgt und Verteilungskämpfe beginnen, während die Wirtschaft und die Vermögenden abwandern.
Die CO2-Abgabe beschleunigt diese Entwicklung.
Wer Scholz kennt, weiß ganz genau, das Rot/Rot/Grün sein Ziel ist. Es steht ihm quasi auf der Stirn tätowiert!
Sobald also die SPD führend wird, so werden sich die Grünen BEUGEN und brav mit den Linken koalieren! Wird die CDU führend, so wird es wohl eine Koalition mit den Grünen und der FDP werden.