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Bundestagswahl „Untragbarer Zustand“: Deutscher Mieterbund ruft nach Mietenstopp

In Deutschland fehlen Wohnungen, die Mieten steigen. Während der Mieterbund keinen Raum für Mietsteigerungen sieht, warnt der Eigentümerverband Haus & Grund vor weiterer Regulierung.
09.09.2021 - 15:10 Uhr 3 Kommentare
1,2 Millionen neue Wohnungen sind in dieser Legislaturperiode gebaut worden – doch der Bestand an Sozialwohnungen sinkt. Quelle: dpa
Wohnungsbau in Köln

1,2 Millionen neue Wohnungen sind in dieser Legislaturperiode gebaut worden – doch der Bestand an Sozialwohnungen sinkt.

(Foto: dpa)

Berlin Seit Jahren wird um die richtigen Konzepte gerangelt, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die gewählten Gegenmaßnahmen greifen unzureichend. Vor allem in den Ballungsräumen fehlen Wohnungen, die Zahl der Sozialwohnungen schrumpft, die Mieten steigen. Vor der geplanten Großdemonstration gegen hohe Mieten und Verdrängung am Samstag in Berlin präsentiert der Deutsche Mieterbund (DMB) vier Kernforderungen an die Parteien:

Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum

In Deutschland, so der DMB, fehlten rund zwei Millionen Wohnungen. Jedes Jahr schrumpfe die Zahl der Sozialwohnungen um rund 40.000 und habe sich so seit 2006 auf nunmehr 1,14 Millionen halbiert. Den tatsächlichen Bedarf beziffert das auf Wohnungsmärkte spezialisierte Pestel-Institut auf 6,3 Millionen.

„Eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung muss darin bestehen, endlich für ausreichenden bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten am Donnerstag. Dafür brauche es jährlich 90.000 neue Sozialwohnungen, Preis- und Belegungsbindungen für 75.000 Bestandswohnungen und den Bau von 60.000 bezahlbaren Mietwohnungen pro Jahr.

Begrenzung der Mietpreise und Schutz der Mieter

Laut DMB muss der durchschnittliche Haushalt in Deutschland mittlerweile fast 30 Prozent seines Nettoeinkommens für das Wohnen ausgeben, einkommensarme Haushalte mit einem Nettoeinkommen von unter 1300 Euro fast die Hälfte. Der Mieterbund fordert darum einen bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp im Bestand und eine effektive Begrenzung der Neuvertragsmieten. Auch eine Erhöhung der Mieten in Höhe der Inflation soll nach Meinung des DMB sechs Jahre lang nicht möglich sein.

Mehr Klimaschutz bei fairer Kostenverteilung

Energetische Modernisierungen im Bestand ziehen nach DMB-Angaben in der Regel Mieterhöhungen zwischen zwei und drei Euro pro Quadratmeter nach sich. Selbst bei einer daraus resultierenden Reduzierung der Heizkosten steigen die Wohnkosten an.

Diese Modernisierungsumlage soll nach DMB-Vorstellungen entfallen. Die öffentliche Förderung sollte aufgestockt werden – auf mindestens zehn Milliarden Euro pro Jahr. Zudem wird nach einem Klimawohngeld verlangt, um die Energiekosten beim Wohngeld zu berücksichtigen. Eine Belastung der Mieter mit den Kosten der CO2-Bepreisung lehnt der DMB ab.

Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohnungssegments

Eine Lösung für das Problem fehlenden bezahlbaren Wohnraums liegt aus Sicht des DMB in der Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohnungssegments. „Dafür muss der Bestand an dauerhaft preisgebundenen Wohnungen in kommunaler Hand deutlich erhöht werden, mittelfristig auf 30 Prozent des Mietwohnungsbestandes“, fordert DMB-Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz.

Als Eckpunkte will der Mieterbund neben einer unbefristeten Mietpreisbegrenzung eine langfristige Zweckbindung der Unternehmensmittel und eine Gewinnbeschränkung auf maximal vier Prozent des eingebrachten Kapitals. Auch steuerliche Anreize sollte es geben.

Unklare Finanzierung

Der Mieterbund hat diese und weitere Forderungen etwa zu einer Bodenoffensive oder zum Kündigungsschutz in einem achtseitigen Papier zusammengefasst und die Positionen der Parteien miteinander verglichen, eine abschließende Bewertung gab er nicht ab.

>> Hier finden Sie unser Trendviertel-Dossier 2021: Wo sich Immobilien jetzt noch lohnen

Er sei ganz hoffnungsfroh, dass in den genannten Themen in der nächsten Legislaturperiode eine ganze Menge mehr geschafft werde, als das in der vergangenen Wahlperiode der Fall gewesen sei, sagte Siebenkotten. Auf die Frage, wie mit Blick auf zusätzliche Fördermittel, Sozialwohnungsbau und Gemeinnützigkeit die Wohnungspolitik künftig finanziert werden solle, sagte der DMB-Präsident, er sei „zum Glück kein Finanzminister“.

Er gebe zu, es sei immer einfach, etwas zu fordern und zu sagen, „die Knete muss irgendwo herkommen“. Er könne nur sagen, „dass diese Dinge alle notwendig sind – und zwar sowohl im Bereich des Klimaschutzes als auch im Bereich des Mehr-Wohnungen-Errichtens“. Es werde eine Art „Green-Social-Deal“ benötigt.

Haus & Grund warnt vor mehr Regulierung

Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland warnte unterdessen am Donnerstag vor weiteren Regulierungen für vermietende Privatpersonen. „Sollte eine künftige Regierungskoalition weitere Maßnahmen planen, die auf ein Einfrieren von Mieten hinauslaufen, rechnen wir damit, dass mindestens zehn bis 15 Prozent der Mietwohnungen vom Markt verschwinden werden. Das sind 1,5 bis 2,3 Millionen Wohnungen, die Mietern dann nicht mehr zur Verfügung stehen“, erklärte Verbandspräsident Kai Warnecke.

Das Vermieten lohne sich schlicht nicht mehr. Die Wohnungen würden dann als Eigentumswohnungen an Investoren und Selbstnutzer verkauft.

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Die Praxis habe nicht nur in Berlin, sondern weltweit gezeigt, dass Mietenregulierungen ab einem gewissen Maß das Wohnungsangebot weiter verknappen und die Nachfrage anheizen, sagte Warnecke. „Dieses Maß haben wir in Deutschland überschritten“, sagte Warnecke.

Er ergänzte, dass andere in einigen Wahlprogrammen enthaltene Maßnahmen den gleichen Effekt haben würden. Dazu zählten etwa, die Umlagefähigkeit bestehender Betriebskosten einzuschränken oder gar abzuschaffen, Modernisierungen zu erschweren sowie Mietspiegel zu manipulieren.

Warnecke forderte die Parteien auf, nicht weitere Keile zwischen Mieter und Vermieter zu treiben. Jahrzehntelang habe der Mietwohnungsmarkt wunderbar funktioniert. Deshalb müsse der bewährte Anbietermix aus Privatpersonen, privaten Unternehmen, kommunalen und genossenschaftlichen Anbietern erhalten bleiben. „Wir müssen zurück zu einer Politik, die Probleme löst und nicht populistische Scheinlösungen anbietet.“

Wie der Mieterbund rief auch Robert Feiger, Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), zur Teilnahme an der Demo am Samstag auf. Dann will ein breites Bündnis aus Mieterinitiativen und -vereinen, Gewerkschaften und Verbänden aus dem gesamten Bundesgebiet für einen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik demonstrieren. Initiatoren der Demonstration ist unter anderem die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“.

„In den vergangenen zehn Jahren hat die Anzahl der Menschen, die auf eine Wohnung mit niedriger, bezahlbarer Miete unbedingt angewiesen sind, dramatisch zugenommen – um sage und schreibe 1,28 Millionen“, so Feiger.

Die Bundesregierung müsse für steigende Neubauzahlen sorgen, damit sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt wieder entspanne. Feiger sieht den Neubaubedarf bis 2025 bei rund 1,5 Millionen Wohnungen. „Und das müssen vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Wohnungen sein.“

Mehr: Wohnraum, Eigentum und Co.: Um diese fünf Baustellen muss sich der neue Bauminister kümmern

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3 Kommentare zu "Bundestagswahl: „Untragbarer Zustand“: Deutscher Mieterbund ruft nach Mietenstopp"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wenn man jedes Jahr eine Großstadt von Migranten aufnimmt muss man sich nicht wundern, dass Wohnraum fehlt. Frau Baerbock würde doch gerne zusätzlich 80.000 Afghanen aufnehmen mit dem Hinweis, „wir haben Platz“. Ja, dann soll die Regierung mal für Wohnraum sorgen, dann wird sich auch der Markt entspannen. Bisher galt Angebot und Nachfrage.

  • Na ja, die Leute meinen heute auch sie müssten 30% mehr Wohnraum pro Kopf haben als als vor 30 Jahren. Das kostet dann eben auch mehr. Relativ simpel.

  • "Laut DMB muss der durchschnittliche Haushalt in Deutschland mittlerweile fast 30 Prozent seines Nettoeinkommens für das Wohnen ausgeben......"
    Ist das jetzt viel im historischen und internationalen Vergleich?
    Und inwieweit sind da Energiekosten und Wasserbezug bzw. Kanal enthalten, insoweit völlig außerhalb des Wohnungsmarktes anzusiedeln.

    Finde die Zahl und in der Folge die ganze Argumentation völlig daneben, gerade im Bestand dürften die Mieten in Deutschland gar nicht so hoch liegen und Neuverträge sind halt in den Ballungszentren ein Problem, dass aber nicht verallgemeinert werden darf.

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