Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Bundestagswahl Viele Machtoptionen führen zu schärferen Attacken: Im Wahlkampf ist nun jeder gegen jeden

Jamaika, Ampel oder Linksbündnis: Die knappen Umfragewerte machen Wahlkampf-Strategen nervös. Die Parteien drängen sich gegenseitig, Bündnisse mit Rivalen auszuschließen.
22.08.2021 - 17:43 Uhr 2 Kommentare
Die Liberalen sehen sich durch die jüngsten Attacken der Union düpiert. FDP-Chef Christian Lindner griff den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet direkt an. Quelle: imago images/Chris Emil Janßen
Christian Lindner

Die Liberalen sehen sich durch die jüngsten Attacken der Union düpiert. FDP-Chef Christian Lindner griff den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet direkt an.

(Foto: imago images/Chris Emil Janßen)

Berlin Nach dem Wahlkampfauftakt der Union mit CDU-Chef Armin Laschet und Kanzlerin Angela Merkel am Samstag folgte ein Dämpfer: Die SPD hat die Union in einer Umfrage eingeholt, und das fünf Wochen vor der Bundestagswahl.

Im Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Insa für „Bild am Sonntag“ sackte die Union mit Kanzlerkandidat Laschet um drei Prozentpunkte auf 22 Prozent ab. Die Sozialdemokraten mit ihrem Kandidaten Olaf Scholz klettern um zwei Punkte auf ebenfalls 22 Prozent. Die Grünen verlieren einen Punkt und kommen nur noch auf 17 Prozent, die FDP steigt um einen Punkt auf 13 Prozent.

Damit könnten nach der Bundestagswahl ganz unterschiedliche Bündnisse möglich werden. Eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP wäre genauso denkbar wie eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP. Auch eine Deutschlandkoalition aus Union, Sozialdemokraten und FDP ist möglich. Bei SPD, Grünen und der Linken hoffen einige noch, dass es am Ende für ein Linksbündnis reichen könnte.

Die Vielzahl an theoretischen Machtoptionen führt nun zu schärferen Attacken. Laschet und Merkel betonten am Samstag im Berliner Tempodrom, nur eine unionsgeführte Regierung stehe für Verlässlichkeit, andere Konstellationen seien „Experimente“. Generalsekretär Paul Ziemiak war zuvor noch deutlicher geworden, hatte gewarnt, wer FDP wähle, wache mit der SPD-Spitze aus Saskia Esken und Kevin Kühnert am Kabinettstisch auf.

In der Union hat man sich schon länger über FDP-Chef Christian Lindner geärgert, der seit Wochen betont, dass Laschet auf jeden Fall Kanzler werde und es deshalb wichtig sei, die FDP zu wählen, um eine schwarz-grünes Bündnis zu verhindern. Zwar soll Lindner ein Jamaika-Bündnis bevorzugen, doch in der Union traut man ihm nicht, da er eine Ampelkoalition öffentlich nicht ausschließen mag.

FDP sieht sich durch Attacke der Union düpiert

Die Liberalen hingegen sehen sich durch die jüngsten Attacken der Union düpiert. Lindner griff Laschet direkt an: „Die letzten Wochen haben die Zweifel verstärkt, ob Armin Laschet die Führungskraft hat, die Anliegen der Grünen nach Umverteilung, Bevormundung und Subventionierung zurückzuweisen“, sagte Lindner der „Bild am Sonntag“. „Da die CDU inhaltlich nichts bietet, stehen wir allein für wirtschaftliche Vernunft.“ Wichtig sei es, „dass nicht die Grünen mit Herrn Habeck den nächsten Finanzminister stellen, sondern die FDP“, sagte Lindner.

Laschet wiederum attackierte beim Wahlkampfauftakt vor allem SPD-Kanzlerkandidat Scholz und forderte ihn auf, eine Koalition mit der Linken auszuschließen. Diese sei eine Gefahr für Deutschland, unter anderem wegen der außenpolitischen Positionen der Linken.

Zwar ließ der Bundesfinanzminister bereits durchblicken, dass er lieber mit Grünen und FDP regieren würde („Es gibt eine lange sozialliberale Tradition in Deutschland“), aber öffentlich ausgeschlossen hat er eine rot-rot-grüne Koalition nicht.

Grüne grenzen sich von der Linkspartei ab

Es gibt jedoch nicht nur bei der SPD, sondern auch bei den Grünen Bedenken gegen ein Bündnis mit der Linken. „Wer ein rein taktisches Verhältnis zu Menschenrechten hat, nach Himmelsrichtungen oder Sympathien oder Antipathien vorgeht, mit dem können wir Grüne nicht zusammenkommen“, sagte Grünen-Politiker Cem Özdemir dem Handelsblatt. „Wir unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Diktatoren, wie es uns gerade gefällt.“ Das müsse die Linkspartei begreifen.

Özdemir kritisierte auch die Union scharf, nachdem Laschet und CSU-Chef Markus Söder die Grünen angegriffen hatten. „Die Union ist weit unter ihren Erwartungen und hat das Kanzleramt nicht per Erbrecht, das geht jetzt auch den CDU-Strategen so langsam auf“, so Özdemir. „Gleichzeitig gibt es heftig Druck eines frustrierten Bayern, der selber gerne Kanzlerkandidat gewesen wäre.“ Söder hat zuletzt wiederholt gegen Laschet gestichelt.

Bei den Grünen wächst angesichts der Umfragen ebenso die Nervosität. Es gerät nicht nur das Kanzleramt außer Reichweite, auch könnten die Grünen im Falle einer Deutschland-Koalition gar nicht an der Regierung beteiligt sein. „Das ist eine reale Gefahr, die man nicht unterschätzen darf“, sagte Özdemir. Eine Koalition von Union, SPD und FDP würde bedeuten, dass die „Stillstandskoalition weitermacht, ergänzt um den Auspuffliberalismus eines Christian Lindners.“

Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz verlangte von Union und SPD, eine weitere Große Koalition auszuschließen – was von Unionspolitikern umgehend mit Forderungen an die Grünen nach dem Ausschluss eines Linksbündnisses beantwortet wurde.

Mehr: Armin Laschet schaltet auf Angriff – Merkels späte Hilfe reicht nicht

Startseite
Mehr zu: Bundestagswahl - Viele Machtoptionen führen zu schärferen Attacken: Im Wahlkampf ist nun jeder gegen jeden
2 Kommentare zu "Bundestagswahl: Viele Machtoptionen führen zu schärferen Attacken: Im Wahlkampf ist nun jeder gegen jeden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • "Würde, Anstand und Vertrauen" wird von Herrn Raschke eingefordert, irgendwie lächerlich, wenn man die Ausführungen zu Merkels Putintreffen sieht. Viel heiße Luft, gedrechselte Formulierungen, leider überhaupt nicht eingehend auf den ausgezeichneten Artikel, der eine in der Tat schwierige und auch spannende Situation
    in der gegenwärtigen Lage aufzeigt.

  • Die Orientierungslosigkeit unserer "Politiker" geht einher mit augenfälligen Defiziten in der Wahrnehmung der Realität. Das, was Verantwortung zu übernehmen tatsächlich bedeutet, sind allenfalls Lippenbekenntnisse ohne Folge für die betroffenen Personen, die weiter schalten und walten, als gäbe es kein Morgen mehr. Das ist bei Corona nicht anders als in der Außenpolitik, der blindwütigen Verkehrspolitik und in der Sozialpolitik, von der Bildungspolitik erst gar nicht zu reden. So sucht man vergeblich wirklich ernst zu nehmende Politiker, die Ihren Auftrag richtig verstehen und die damit verbundenen Verpflichtungen redlich verfolgen, wie die Nadel im Heuhaufen. Wie kann es sein, das Angela Merkel anlässlich ihres Abschiedsbesuches bei Putin fordernd Themen anspricht, die mit einem Abschiedsbesuch nicht zusammenpassen? Etwas mehr Empathie hätte man da schon erwarten dürfen und so, wie sich Politiker ansonsten in Sitzungen des Bundestages verhalten, wie z.B. durch die intensive Beschäftigung mit ihren Handys, ist das eine Herabwürdigung der Rednerinnen und Redner und weitaus mehr als nur eine Unartigkeit und schlechter Stil. Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund auch in unserer Gesellschaft das Miteinander zu kurz kommt. Die überbordende Bürokratie blockiert den Fortschritt in unserer Wirtschaft geradezu verantwortungslos und man darf sich deshalb auch nicht wundern, wenn am Wahlabend der Tsunami der Unzufriedenheit dieses Drama beendet, denn keiner der drei gegenwärtig angetretenen Kanzlerkandidaten hat das Format, die Bundesrepublik Deutschland begeisternd in eine erträgliche Zukunft zu führen, weil es an Würde, Anstand und Vertrauen mangelt, denn der Bürger wird fassungslos auch mit riesigen Staatsschulden konfrontiert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%