Bundestagswahlkampf CSU torpediert Geschlossenheit der Union mit eigenem „Bayernplan“

„Wir brauchen nach der Wahl einen Kassensturz“, fordert der CSU-Vorsitzende.
Berlin Die CSU wird trotz des gemeinsamen Wahlprogramms mit der CDU wieder mit einem „Bayernplan“ in den Bundestagswahlkampf ziehen. In der Bild am Sonntag stellte CSU-Chef Markus Söder klar, dass seine Partei für eine Mütterrente werben werde.
„Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass alle Mütter, unabhängig wann ihre Kinder geboren wurden, dieselbe Anerkennung für ihre Lebensleistung in der Rente bekommen“, sagte Söder. Er sei sich sicher, dass die Mütterrente Teil eines neuen Koalitionsvertrags nach der Bundestagswahl werde. Bislang erhalten Mütter für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, 2,5 Rentenpunkte, für danach Geborene drei Punkte für die Erziehung.
Söder stellt sich damit offen gegen den gemeinsamen Kanzlerkandidaten, CDU-Chef Armin Laschet. Er hatte die Mütterrente bereits vor einer Woche abgelehnt. „Wir sollten das Rentensystem jetzt nicht mit zusätzlichen Erhöhungen belasten“, hatte er gesagt.
CDU-Parteivize Volker Bouffier unterstützte Laschet am Sonntag kurz vor der gemeinsamen Präsidiumssitzung in Berlin von CDU und CSU, auf der das gemeinsame Wahlprogramm besprochen werden sollte. „Da wir schon sehr große finanzielle Herausforderungen haben, glaube ich, dass wir das jetzt nicht machen können“, sagte Bouffier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er rechne aber damit, dass die CSU im Wahlkampf bei der Forderung bleiben werde, älteren Müttern wie den jüngeren drei statt zweieinhalb Rentenpunkte pro Kind anzurechnen.
Die Debatte offenbart, wie uneinig CDU und CSU in den Bundestagswahlkampf ziehen werden. Eigentlich hatte die CDU auf Geschlossenheit gesetzt.
CSU setzt auf eigene Themen
Immerhin scheint es, als seien einige Streitpunkte beim Wahlprogramm ausgeräumt. Demnach sei die Mütterrente der einzig verbliebene Knackpunkt zwischen CDU und CSU, schrieb die Deutsche Presse-Agentur am Sonntagabend unter Berufung auf Unionskreise.
Anfang März, als die Kanzlerkandidatur zwischen Laschet und Söder noch nicht entschieden war, hatte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in einer parteiinternen Runde erklärt: „Es wird keinen Bayernplan geben.“ Das gemeinsame Programm werde das „Modernisierungsjahrzehnt“ beschreiben, „von dem Armin Laschet spricht“.
Dann aber verlor Söder am 20. April das Duell gegen Laschet. 14 Tage später deutete er erstmals an, dass die CSU eigene Themen setzen werde. Er habe mit Laschet gesprochen.
„Wir werden ein gemeinsames Wahlprogramm haben. Wobei wir dann noch von bayerischer Seite ein paar für uns wichtige und spezielle Bereiche herausgreifen werden, die uns ganz besonders wichtig sind“, hatte Söder beiläufig in einer Pressekonferenz gesagt. Als Themen, die „mit der regionalen Situation zusammenhängen“, nannte er „Tourismus“, „Alpen und viele andere Bereiche wie die mittelständische Wirtschaft, die bei uns anders sind“.
Auf Nachfrage hatte Generalsekretär Markus Blume später dementiert, dass von einem eigenen Plan der CSU die Rede sein könne. Laschet selbst hatte eine Woche danach noch mit Söder gesprochen und erklärt, dass die CSU „aller Voraussicht nach“ nicht wieder mit einem eigenen „Bayernplan“ wie bei den letzten Bundestagswahlen antreten werde.
Einst warb die CSU mit Pkw-Maut und Obergrenze
Die CSU hat schon mehrfach mit eigenen Vorhaben Wahlkampf geführt, so etwa 2013 mit der Ausländer-Maut, die Kanzlerin Angela Merkel bis zuletzt abgelehnt hatte und die auch vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterte. Sie kostete den Bund viel Geld. Auch ist noch ein Schiedsverfahren mit den beauftragten Unternehmen anhängig, in dem diese 560 Millionen Euro Schadensersatz fordern.
2017 forderte die CSU eine Obergrenze für Flüchtlinge, an der die Union fast zerbrochen wäre. Auch die Mütterrente war damals bereits Teil des „Bayernplans“, damit Kindererziehungszeiten stärker bei der Rente angerechnet werden.
Zu den Kosten wollte sich Söder am Wochenende nicht äußern. Auch lehnte er einen Kassensturz vor der Bundestagswahl ab, mit dem die Wähler wüssten, wie viel Steuergeld für die Corona-Politik ausgegeben wurde und wie leer die Kassen tatsächlich sind.
„Wir brauchen nach der Wahl einen Kassensturz“, sagte Söder und begründete dies mit Misstrauen, da mit Olaf Scholz ein SPD-Politiker das Finanzministerium führe. „Deshalb wollen wir auch erst einmal schauen, wie viel Geld wirklich da ist, was besprochen wurde und was tatsächlich finanzierbar ist.“
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans indes warf der Union vor, dass sie mit einem unseriösen Steuerversprechen in den Bundestagswahlkampf ziehe. „Die haben ihr Wahlprogramm einfach nach der Masche gestrickt, was die Menschen wohl am liebsten hören wollen“, sagte er.
Die beiden Parteivorsitzenden Laschet und Söder wollen das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU an diesem Montag präsentieren. Über den Entwurf hatte das Handelsblatt bereits berichtet. Bouffier forderte, Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) und CSU-Chef Söder müssten ein Signal der Geschlossenheit aussenden.
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