CDU/CSU Die Machtfrage in der Union ist geklärt, fehlt nur noch das Programm

Der Wahlsieg von Haseloff in Sachsen-Anhalt hat auch Kanzlerkandidat Laschet Rückenwind gegeben.
Berlin Sogar Markus Söder musste die letzten Zweifel an Armin Laschet zerstreuen: Natürlich sei noch völlig offen, wie die Bundestagswahl ausgehen werde, sagte der CSU-Chef, wenngleich der Wahlausgang in Sachsen-Anhalt Rückenwind für die ganze Union „und damit auch für den Armin“ bedeute. „Für die Union ist es ein wichtiges Signal des Gewinnenkönnens“, sagte der Unterlegene im Rennen um die Kanzlerkandidatur. Es sei „ein schöner Montag“.
Natürlich kürte Söder Ministerpräsident Reiner Haseloff zum „Matchwinner“ und nicht Laschet, den Kanzlerkandidaten von CDU und CSU. Und doch, da alle Parteien bei Landtagswahlen von Rücken- oder Gegenwind aus dem Bund reden, wenn sie Sieg oder Niederlage diskutieren, galt das Augenmerk unweigerlich auch dem CDU-Bundesvorsitzenden.
Das Ergebnis nehme allen „Gegnern den Wind aus den Segeln“, die behaupten, „mit ihm könne man im Osten nichts holen“, erklärte der Politikwissenschaftler und Professor an der FU Berlin, Thorsten Faas. Für SPD und Grüne sei es genau umgekehrt: Sie hätten nun „die lästigen Debatten am Bein, ob ihre Spitzenleute auf Bundesebene eigentlich ziehen“.
Merkel lobt „überwältigenden Sieg“
„Armin Laschet hat zumindest nicht geschadet“, analysiert der Düsseldorfer Politikprofessor Stefan Marschall. Im Gegensatz zu den Landtagswahlen im Frühjahr habe es aus der Bundespartei oder aus München „keine Störfeuer“ gegeben. Damals rangen Laschet und Söder um die Kanzlerkandidatur, und die „Maskenaffäre“ ließ viele an der Union zweifeln, ganz zu schweigen von der chaotischen Corona-Politik der Regierung. Entsprechend blieben Erfolge in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg aus.
Am Sonntag nun war es ein Sieg auf ganzer Linie für die CDU: 40 der 41 Wahlkreise konnte die Partei direkt gewinnen und um mehr als sieben Punkte auf 37,1 Prozent zulegen. Kanzlerin Angela Merkel sprach am Montag im Parteivorstand sogar von einem „überwältigenden Sieg“.
Der 67-jährige Haseloff meidet wie Laschet populistische Aussagen und brilliert ebenso wenig rhetorisch. Und doch wählten 40 Prozent der Menschen wegen seiner Person die CDU. Bei 35 Prozent der Wähler waren laut den Wahlforschern von Infratest Dimap die „angebotenen Sachlösungen“ ausschlaggebend.
Entsprechend zufrieden sagte Laschet am Montag, die Wahl sei „ein klares Signal der Wertschätzung an Reiner Haseloff und die gesamte CDU“. Die Partei sei „das Bollwerk gegen Extremismus“ und habe mehr Stimmen erhalten als AfD und Linke zusammen. „Wir werden diesen Kurs der Mitte konsequent weiterführen, dabei bleibt es“, kündigte er nach den Sitzungen der Parteigremien an.
In der Union ist die Hoffnung groß, dass wie 2017 der Höhenflug der SPD nun auch der Grünen-Hype mit der letzten Wahl vor der Bundestagswahl beendet wurde, da die Grünen kaum mehr Wähler für sich einnehmen konnten. „Wir sind als CDU die einzige verbliebene Volkspartei, die die gesellschaftliche Mitte zwischen rechtem und linkem Rand zusammenführen kann“, sagte der sachsen-anhaltische Bundestagsabgeordnete Tino Sorge. „Mit genau diesem Anspruch gehen wir in den Bundestagswahlkampf.“ Dies werde „eine unserer Kernbotschaften“ sein.
Noch liegt die Union in den Umfragen nur bei 25 Prozent – und damit acht Punkte unter dem Ergebnis von 2017. Laschet gilt dennoch als unangefochten. Spätestens am 21. Juni wird er mit Söder zusammen Wahlkampfteam und Wahlprogramm vorstellen in der Hoffnung, alle Wünsche aus der Partei zu bedienen. Vier Tage später endet die letzte reguläre Sitzungswoche des Bundestags. Danach ist endgültig Wahlkampfzeit.
Kretschmer fordert Extraprogramm für den Osten
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte am Montag vorsorglich, aus der Wahl in Sachsen-Anhalt zu lernen und das Wahlprogramm entsprechend zu gestalten. „CDU/CSU müssen jetzt im Regierungsprogramm nachlegen und wie Reiner Haselhoff auf Zukunft und Sicherheit setzen“, sagte der CDU-Politiker. Nötig seien klare und nachvollziehbare Projekte für die kommende Legislaturperiode, verbunden mit der Botschaft: „Wir kümmern uns um die neuen Bundesländer – mit Taten.“ Dazu gehöre der „Infrastrukturausbau“ wie auch die „Ansiedlung von Forschungseinrichtungen“. Auch Haseloff forderte in seiner Pressekonferenz: „Wir brauchen vier, fünf Punkte Ost.“ Laschet hörte zu und nickte.
Zu den Punkten gehören auch klare Aussagen zur AfD. Der Erfolg in Sachsen-Anhalt sei „ein Sieg der Vernunft gegen den pauschalen Protest“ gewesen, sagte Kretschmer. „Die Wähler haben gesehen, wie nutzlos für die eigene Region ein AfD-Abgeordneter ist“, resümierte Kretschmer, der in Sachsen selbst gegen eine starke AfD kämpfen muss. „Deshalb haben viele CDU-Direktkandidaten ihre Wahlkreise gewonnen.“
Mike Mohring, Mitglied des Bundesvorstands und ehemaliger Chef der Thüringer CDU, sah im Ergebnis den Beleg dafür, „dass die staatspolitische Verantwortung, die AfD abzuwehren, Amtsinhabern – wie schon 2019 in Sachsen, Brandenburg und Thüringen – nützt“. Der Erfolg sei Haseloff zuzuschreiben, aber auch „für Armin Laschet ist dies ein guter Rückenwind“, sagte er.
Söder will „solide und modern regieren“
In dieser Woche diskutiert die Partei noch mit interessierten Bürgern. Danach werden Söder und Laschet gemeinsam mit ihren Generalsekretären und Geschäftsführern das Wahlprogramm finalisieren. „Grundlinien für solides und modernes Regieren“ werde das Wahlprogramm beschreiben, sagte Söder am Montag.
Ende Juni dann werde die CSU ihre Kandidatenliste vorstellen, paritätisch besetzt mit Männern und Frauen. Es gehe alles seinen Gang „einer geordneten und gut strukturierten Vorbereitung auf die Bundestagswahl, und was wichtig ist: mit einer sehr geschlossenen, gemeinschaftlichen Union. Da war der gestrige Tag ein Supersignal.“
Laschet hat die versöhnliche Botschaft aus München gern vernommen. Zwar will ihn Kanzlerin Merkel im Wahlkampf unterstützen und auftreten. Doch kann er sich nicht auf einen eigenen Amtsbonus verlassen. „Die vergangenen Wahlen haben gezeigt, dass der Amtsinhaber gute Chancen hat“, resümiert der Politologe Marschall, der den „Wahl-O-Mat“ herausgibt. Daher werde die SPD sicher „Olaf Scholz nach vorn stellen“.
Er sei unter den Kandidaten der einzige Amtsinhaber aus der Bundesregierung und zudem noch Vizekanzler. CDU und CSU hingegen würden ein „großes und diverses Team präsentieren“, das für einen Neustart nach 16 Jahren mit Angela Merkel stehe. „So kann die Union die Wechselstimmung nutzen, indem sie sagt: Wir wechseln ja auch.“
Wahlsieger Haseloff lobte am Montag bereits die vielen Bundespolitiker der Union, die ihn geschlossen und kompetent im Wahlkampf unterstützt hätten. „Wenn wir geschlossen marschieren, ist das Ergebnis auch bei der Bundestagswahl zu erreichen“, stellte er klar und fügte an: „Es wird alles gut gehen.“
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