CDU/CSU K-Frage: Kramp-Karrenbauer wirft CSU mangelnden Respekt vor

Die Verteidigungsministerin appelliert an die Führungsverantwortung der beiden Konkurrenten Söder und Laschet.
Berlin Im Unions-Machtkampf über die Kanzlerkandidatur läuft an diesem Sonntag die von den beiden Rivalen Armin Laschet und Markus Söder selbst gesetzte Frist für eine Lösung ab. Am Samstag verlautete aus Unions-Kreisen, die beiden Vorsitzenden von CDU und CSU seien weiterhin in konstruktiven Gesprächen.
Eine Einigung auf einen der beiden als Kanzlerkandidaten war demnach aber noch nicht in Sicht. Offenbar war bislang keiner der beiden zum Rückzug bereit. Mehrere Unions-Spitzenpolitiker forderten eine rasche Lösung.
Nach einem gemeinsamen Auftritt vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag hatten Laschet und Söder eine Verständigung bis zum Ende der Woche in Aussicht gestellt. Am Samstag blieb zunächst aber weiterhin offen, wie lange die Gespräche noch fortgesetzt werden, wann es eine Einigung geben und wann diese öffentlich präsentiert werden könnte.
Der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, brachte eine Schlichtung ins Spiel. Als Schlichter kämen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) und der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sowie Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel (beide CSU) in Betracht, sagte Bäumler dem Handelsblatt.
Unabhängig davon forderte Bäumler Konsequenzen. „Das Verhältnis von CDU, CSU und Bundestagsfraktion muss grundsätzlich neu geklärt werden“, sagte er. „Das gilt sowohl für die Kanzlerkandidatur, als auch für das Wahlprogramm.“
„Deutschlandrat“ soll künftig über K-Frage entscheiden
Aus Sicht Bäumlers braucht die Union künftig ein „gemeinsames, demokratisch legitimiertes Entscheidungsorgan, das die Stärke beider Parteien abbildet“. Konkret fordert der CDA-Vize die Bildung eines „Deutschlandrats der Union“. Darin sollten von den jeweiligen Parteitagen gewählte Vertreter beider Parteien den Kanzlerkandidaten aufstellen und das Programm beschließen. „Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist dieses Organ nicht, da sich dort zu viele Einzelinteressen austoben“.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte eine schnelle Entscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur. „Die Diskussionen laufen ja und ich hoffe, dass sie so schnell wie möglich zum Abschluss kommen“, sagte er am Samstag am Rande seines Besuchs eines Impfzentrums in Wittenberg vor Journalisten.
Haseloff wollte sich nicht zu Namen äußern. „Es ist alles gesagt“, sagte er. Haseloff hatte sich in einem Gespräch mit dem Magazin „Spiegel“ im Machtkampf zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder dafür ausgesprochen, den Kanzlerkandidaten der Union entlang der Popularitätswerte zu bestimmen.
Die Verteidigungsministerin und frühere CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat der Schwesterpartei CSU unterdessen schwere Vorwürfe im Streit um die Kanzlerkandidatur gemacht. Wenn man die Legitimität von Parteigremien in Frage stelle und sie als „Hinterzimmer“ bezeichne, dann schade das „dem gegenseitigen Respekt, der Zusammenarbeit in der Union“, sagte sie am Samstag bei den Königsbronner Gesprächen der Konrad-Adenauer-Stiftung. „Und im Übrigen schadet es auch den repräsentativen Strukturen, die wir in der Bundesrepublik haben.“
Kramp-Karrenbauer appellierte nun an die Führungsverantwortung der beiden Konkurrenten Söder und Laschet und fordert sie auf, sich untereinander zu einigen. „Diese Führungsverantwortung kann ihnen niemand abnehmen“, sagte sie.
Wichtige Entscheidung für die Zukunft Europas
Sachsens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Michael Kretschmer sagte am Samstag auf einem Parteitag der sächsischen CDU in Dresden, die Entscheidung müsse jetzt zügig getroffen werden, „in Stunden“. Solange man sie nicht treffe, werde über nichts anderes gesprochen. Diese Personalie sei wichtig für die Zukunft Europas, deshalb sei es wichtig, sie richtig auszusuchen. Kretschmer gab aber keine Präferenz für einen der beiden Kandidaten ab, weder für Laschet noch für Söder.
Der frühere Unions-Fraktionschef und Laschets unterlegener Widersacher im Rennen um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, forderte ebenfalls eine schnelle Klärung. „Einigt Euch, Markus Söder und Armin Laschet. Dieses Land braucht Perspektive. Dieses Land braucht Führung. Und die CDU und die CSU werden gebraucht als politisch führende Kraft dieses Landes“, sagte der 65-Jährige am Samstag in Arnsberg in seiner Bewerbungsrede für die CDU-Direktkandidatur im Hochsauerlandkreis.

Beide Bewerber wollen die Kanzlerkandidatur nicht ihrem Rivalen überlassen.
Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur hatte sich zuletzt von Tag zu Tag weiter zugespitzt. Am vergangenen Sonntag hatten sich sowohl Laschet als auch Söder zur Übernahme der Kanzlerkandidatur bereiterklärt. Am Montag stellten sich die Spitzengremien von CDU und CSU jeweils hinter ihren Parteichef. Am Dienstag traten beide dann in der Bundestagsfraktion auf, wo es Dutzende Wortmeldungen gab - und zwar nach Teilnehmerangaben mehr zugunsten Söders als für Laschet.
Während die CSU quasi geschlossen fest zu Söder steht, ist die Lage in der großen Schwesterpartei deutlich heterogener: Zwar hatten sich am Montag CDU-Vorstand und -Präsidium einmütig zu Laschet bekannt.
Die zum CDU-Präsidium gehörenden Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts und des Saarlands, Reiner Haseloff und Tobias Hans, verwiesen zuletzt aber auf die hohe Bedeutung von Umfragen - typischerweise ein Hauptargument des Söder-Lagers, auf das auch zahlreiche Abgeordnete der Union abheben. In Umfragen lag und liegt Söder klar vor Laschet.
Der Bezirksvorsitzende des CDU-Kreises Rheinhessen-Pfalz fordert eine Konferenz der Kreisvorsitzenden der CDU, um die K-Frage zu diskutieren. Der Kreisvorstand habe am Samstag über das Thema beraten, die Mitglieder hätten von einer „angespannten Stimmung“ vor Ort berichtet, heißt es in Pressemitteilung. „Unter den Stimmberechtigten gab es ein klares Meinungsbild zugunsten von Markus Söder“, schreibt Baldauf, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der CDU in Rheinland-Pfalz und Mitglied im Bundesvorstand der Partei ist. Die CDU-Kreisvorsitzenden sollten diskutieren, weil sie ein „eher repräsentatives Bild der Stimmung im Land und in der Partei“ abbildeten.
„Dürfen nicht endlos zögern“
Für Laschet machten sich zuletzt unter anderen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und Präsidiumsmitglied Daniel Günther, Hessens Regierungschef und CDU-Bundesvize Volker Bouffier stark sowie Bundesagrarministerin und CDU-Bundesvize Julia Klöckner, ebenso Merz.
Die Chefin der Frauen Union der CDU, Annette Widmann-Mauz, setzte sich nun ebenfalls für Laschet ein und wies auf die Festlegung der CDU-Spitzengremien hin. „Umfragewerte schwanken. Auf sie lässt sich nicht fest bauen, auf feste Grundsätze & Überzeugungen kommt es an“, schrieb sie auf Twitter.
Wer wie Söder ankündige, Entscheidungen respektieren zu wollen, müsse auch Respekt vor denjenigen zeigen, die sie getroffen haben. „Es ist Zeit, zu seinem Wort zu stehen & jetzt zu der gemeinsamen Entscheidung zu kommen“, betonte Widmann-Mauz.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Wir dürfen jetzt nicht endlos zögern, sondern müssen schnell und entschlossen handeln.“ Der CDU-Politiker argumentierte, „dass wir bei der Entscheidung auch die Auffassungen unserer Basis, also der Mandats- und Funktionsträger, der Mitglieder und der Wähler mit einbeziehen sollen“. Das Führen einer Regierung sei beiden Bewerbern gleichermaßen zuzutrauen. Deshalb stehe jetzt im Mittelpunkt der Diskussion, „mit welchem der beiden wir die besten Aussichten haben, den Regierungsauftrag für die nächsten vier Jahre auch tatsächlich zu erhalten“, sagte Altmaier.
Der niedersächsische CDU-Landeschef Bernd Althusmann sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag), die Kanzlerkandidatenfrage müsse „in den nächsten zwei Tagen entschieden werden“. „Ich möchte jetzt in den Wahlkampf starten, unsere Mitbewerber warten nicht auf uns.“ Eine klare Aussage für einen der beiden Kandidaten traf Althusmann nicht.
Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, mahnte, die Entscheidung müsse spätestens am Wochenende fallen. „Der derzeitige Streit schadet der Union enorm“, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil befürchtet unterdessen, dass der Führungsstreit in der „komplett gelähmten“ Union die schwarz-rote Regierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie hemmt. „Es ist schwierig, einen Koalitionspartner zu haben, der sich nur um sich selbst dreht und der sich damit quasi politikunfähig macht“, sagte Klingbeil der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag).
Mehr: Machtkampf in der Union: Diese Auswege gibt es für Laschet und Söder.
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