CDU, CSU, SPD Der Koalitionsausschuss liefert nur kleine Lösungen
Berlin Das dürre Papier erreichte um kurz nach 23 Uhr das Licht der Öffentlichkeit. Die Koalition wolle per Gesetz die Arbeitsbedingungen für Paketzusteller verbessern und ein Bürokratie-Entlastungsgesetz auf den Weg bringen, stand da geschrieben. Es solle „spürbare Entlastungen für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen“ enthalten.
Wenige Tage vor der Europawahl und zehn Kommunalwahlen, wenige Tage nach der aktuellen Steuerschätzung brauchten Kanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun sowie die Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Andrea Nahles (SPD), Markus Söder (CSU) und Fraktionschef Ralph Brinkhaus wie auch CSU-Gruppenchef Alexander Dobrindt und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nur vier Stunden, um sich „auf wesentliche Punkte der weiteren Arbeitsplanung“ zu verständigen, „über den Fahrplan zum Haushalt 2020 und über die Arbeit des Klimakabinetts in diesem Jahr zur gesetzlichen Umsetzung der Klimaschutzziele“.
Viel war es nicht angesichts der zahlreichen Gerüchte über den Fortbestand der Koalition, den Streit um die Grundrente, die Grundsteuer oder den vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags.
Zu den Höhepunkten zählte daher, die Wirtschaft von Bürokratie zu befreien – im Wert von einer Milliarde Euro. Ein ehrgeiziges Ziel: Mit dem letzten Entlastungsgesetz konnte die Regierung die Unternehmen nach eigenen Angaben nur um jährlich 135 bis 360 Millionen Euro entlasten.
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Ein Projekt für Altmaier
Die Federführung für das Gesetz liegt bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Er hatte bereits im März von den einzelnen Ministern Vorschläge eingefordert. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe vorgeschlagen, eine einheitliche elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einzuführen.
Finanzminister Scholz habe auch Ideen beigesteuert – allerdings, so heißt es in Regierungskreisen, zielten diese auf kleine Korrekturen im Steuerrecht ab, etwa die Digitalisierung der Steuerermittlung. Scholz will das Steuerrecht allenfalls vereinfachen, um so die Forderung nach einer Unternehmensteuerreform abzuwehren, wie er bereits klarstellte, als er die Ergebnisse der Steuerschätzung präsentierte.
Die Vorschläge aus den Ressorts seien „in der Substanz keineswegs ausreichend“, erklärte Altmaier am Mittwoch. Die Zielmarke werde so nicht erreicht. Sein Haus hatte indes bereits 26 Maßnahmen zu Papier gebracht. Darin werben die Beamten dafür, im Steuerrecht die sogenannten Aufbewahrungsfristen von zehn auf acht Jahre zu verkürzen – allein damit erhoffen sie sich Entlastungen von rund 1,7 Milliarden Euro pro Jahr. In der Übersicht listet Altmaier allein 13 Vorschläge auf, die das Finanzressort beträfen.
So sollen Gründer nur alle drei Monate statt monatlich die Umsatzsteuer voranmelden, und der Schwellenwert zur Abgabe soll angehoben werden. Die Abschreibungsdauer für digitale Wirtschaftsgüter wie die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und den Aufbau von Datenbanken will Altmaiers verkürzen.
Kritik ist programmiert
Fest steht: Seine Vorschläge lösen Kritik aus. So sollen beim Mindestlohn die Aufzeichnungs- und Berichtspflichten vereinfacht werden und bei Minijobs die Dokumentationspflichten entfallen. In beiden Fällen gibt es Protest seitens der Sozialdemokraten.
Die SPD werde es nicht zulassen, „dass unter dem Deckmantel des Abbaus von Bürokratie durch das Streichen von Dokumentationspflichten der Mindestlohn durchlöchert wird“, sagte Fraktionsvize Sören Bartol. „Es würden auch die Unternehmen, die ihren Leuten gutes Geld bezahlen, darunter leiden, wenn die schwarzen Schafe einfach so durchkommen würden.“ Neben der SPD müssen auch die Haushaltspolitiker der Koalition zustimmen.
Nun soll es zunächst „ein Ministergespräch“ des Finanz-, des Arbeits-, des Wirtschafts- und des Innenministeriums geben, wie es im Ergebnispapier der Koalitionsrunde heißt.
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