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CDU und CSU Kampf um Kanzlerkandidatur: Die Zeit spielt für Söder

In der Union werden die Rufe lauter, die Fraktion oder die Mitglieder über die Kanzlerfrage entscheiden zu lassen. Das Präsidiumsmitglied Reiner Haseloff rückt unterdessen von Laschet ab.
15.04.2021 Update: 15.04.2021 - 18:34 Uhr 5 Kommentare
Wer macht das Rennen? Die Stimmung in der Union immer „emotionaler“. Quelle: via REUTERS
Markus Söder oder Armin Laschet

Wer macht das Rennen? Die Stimmung in der Union immer „emotionaler“.

(Foto: via REUTERS)

Berlin Armin Laschet und Markus Söder halten sich öffentlich zurück. Nachdem sich die beiden Parteichefs von CDU und CSU am Dienstag in der Unionsfraktion einen Schlagabtausch um die Kanzlerkandidatur lieferten, geht der Machtkampf nun im Hintergrund weiter. Während Laschet auf eine schnelle Klärung drängt, hofft Söder mit der Zeit Unterstützer aus der CDU zu gewinnen.

In Kreisen der Unionsführung hieß es, die diskutierte Verhandlungskommission, die eine Einigung in der verfahrenen Situation zwischen CDU und CSU bringen sollte, habe inzwischen eine bis dato ungeahnte Größe erreicht. Von „60 Personen“ ist die Rede.

Mit Beginn des Kandidatenrennens war erst noch von einem Vieraugengespräch die Rede, dann von teilnehmenden Sekundanten, von Vertrauenspersonen und schließlich auch von den Generalsekretären. CSU-Chef Söder hatte Gremienentscheidungen als „Hinterzimmer“ desavouiert und kurzzeitig gar eine Mitgliederbefragung ins Spiel gebracht, diese aber aus zeitlichen Gründen verworfen, da die Entscheidung in dieser Woche fallen soll. Daran gibt es aber Zweifel.

„Es muss eine repräsentative Gruppe geben, die entscheidet – oder aber eine Mitgliederbefragung“, sagte der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete und Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann, dem Handelsblatt.

Diese Gruppe könne die Bundestagsfraktion sein. Die Befragung indes würde allenfalls zweieinhalb Wochen in Anspruch nehmen. „So ein demokratischer Prozess bietet aber für die Kandidaten die Möglichkeit, gesichtswahrend aus dem Prozess herauszufinden.“

Brackmann wirbt für Söder als gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU. „Die Union hat die einmalige Chance, mit einem totalen Wechsel auch mit einem neuen Kandidaten bei der Bundestagswahl erneut als Sieger hervorzugehen“, begründete er seine Zustimmung. Dies sei die Chance, der aufkommenden Wechselstimmung zu begegnen.

Unterdessen wird die Stimmung in der Union immer „emotionaler“, wie es überall hieß. Die einen sprachen davon, dass sich „die Zustimmung für Armin Laschet stabilisiert“. Dies gelte auch für die Meinung in der Wirtschaft. Andere redeten von „Endzeitstimmung“, nannten die Lage „beschissen“ oder zumindest „kompliziert“ und „unübersichtlich“.

Es geht um „harte Machtfrage“

Zu dem Meinungsbild trug am Donnerstag auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff bei. Als erstes CDU-Präsidiumsmitglied distanzierte er sich von CDU-Chef Laschet, auch wenn Haseloffs Sprecher auf Nachfrage erklärte: „Nein, das ist eine Aussage zu der politischen Situation allgemein.“

„Leider geht es jetzt nur um die harte Machtfrage: Mit wem haben wir die besten Chancen?“, sagte Haseloff dem „Spiegel“. „Es geht nicht um persönliche Sympathie, Vertrauen oder Charaktereigenschaften.“ Es helfe der Union nichts, wenn jemand „nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht“. In der Union hieß es daraufhin, Haseloff könne der „Gamechanger“ sein. Wenn jetzt etwa noch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von Laschet abrücke, „dann war es das“.

Unterdessen stellte sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) klar hinter Laschet. „Es ist doch völlig klar, dass die große CDU – das hat Markus auch immer gesagt – das erste Zugriffsrecht hat“, sagte Bouffier in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk. „Und genau das haben wir gemacht.“

Söder habe selbst erklärt, die CDU müsse entscheiden, wie sie das für richtig halte. „Das haben wir getan“, sagte Bouffier. Das Ergebnis sollte respektiert werden, sagte Bouffier. „Wir waren doch nicht umnachtet, als wir einstimmig das beschlossen haben.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte Söder demonstrativ zum Rückzug auf. „Präsidium und Bundesvorstand der CDU mit allen Landesverbänden und Vereinigungen haben sich am vergangenen Montag eindeutig für Armin Laschet ausgesprochen“, sagte Günther dem „Spiegel“. „Markus Söder hatte zuvor klargestellt, dass er in diesem Fall ohne Groll die Kandidatur des CDU-Vorsitzenden unterstützt. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Wort eines CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten gilt. Langsam wird es aber Zeit, diese klare Zusage auch einzulösen.“

Die starken Umfragewerte sind das Hauptargument, mit dem der CSU-Chef seit Montag für sich wirbt. Söder liegt deutlich vor Laschet. Darauf hatte der CSU-Chef auch in der Unionsfraktion immer wieder hingewiesen. Man brauche die „maximal beste Aufstellung, um erfolgreich zu sein – nicht nur die angenehmste“, sagte Söder dort.

Viele Abgeordnete sind für das Argument empfänglich, müssen sie doch um ihr Mandat fürchten. Nach dem Krisentreffen, zu dem Söder Laschet gezwungen hatte, hieß es: „Pro Söder sprechen die Umfragen, pro Laschet spricht der Charakter.“ So sei Söder als „gnadenlos und unzuverlässig“ bekannt.

Dass nun mit Haseloff ein Präsidiumsmitglied von ihm abrückt, ist für Armin Laschet ein Alarmsignal. Quelle: Reuters
Reiner Haseloff

Dass nun mit Haseloff ein Präsidiumsmitglied von ihm abrückt, ist für Armin Laschet ein Alarmsignal.

(Foto: Reuters)

Haseloff weiß dies aus den Ministerpräsidentenrunden, steht aber unter Druck. Er muss sich am 6. Juni bei den Wahlen im eigenen Land behaupten. Zwar liegt die CDU mit 30 Prozent vorn, die AfD indes kommt auf 23 Prozent. Haseloff betonte, dass es für die Wahlkämpfer auch auf den Bundestrend für die Union ankomme.

„Für die CDU in Sachsen-Anhalt ist es sehr wichtig, dass die K-Frage nun schnell geklärt wird“, sagte der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter dem Handelsblatt. „Größere Aussichten bestehen für sie bei der Landtagswahl mit Söder.“ Unverzichtbar dabei sei aber, dass der Unions-Streit beigelegt und dabei ein „ordentlicher Stil“ gewahrt werde.

Söder sieht Rennen als „völlig offen“ an

Der CSU-Chef setzt darauf, dass der steigende Druck der Basis ihn doch noch zum Ziel der Kanzlerkandidatur bringt. Deshalb hat er es mit einer Entscheidung auch nicht ganz so eilig wie Laschet oder andere in der Partei. In einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion in München soll er das Rennen als „völlig offen“ bezeichnet haben.

Nachdem das Parteipräsidium und der Bundesvorstand der CDU sich am Montag einmütig hinter Laschet gestellt hatten, sah es zunächst so aus, als sei die Kanzlerkandidatur für ihn ausgemachte Sache. In der CDU-Führung rechnete man damit, dass Söder seinen Verzicht erklären würde. Doch dann beharrte Söder mit Unterstützung des CSU-Präsidiums auf der Kandidatur.

Eine Lösung ist seither nicht in Sicht. Vielmehr drohen die Schwesterparteien wie zuletzt in der Flüchtlingspolitik schweren Schaden zu nehmen. „Die Auseinandersetzung wird immer emotionaler und persönlicher“, berichtet ein Unionist. „Das wird schwer zu kitten sein“, prognostiziert er. Dass nun mit Haseloff ein Präsidiumsmitglied von ihm abrückt, ist für Laschet ein Alarmsignal. Er ist dringend auf die geschlossene Unterstützung der CDU-Führung angewiesen, zumal in der Unionsfraktion eine knappe Mehrheit zu Söder tendieren könnte.

Die restliche CDU-Spitze steht allerdings bisher hinter Laschet. So betonte etwa Gesundheitsminister und Präsidiumsmitglied Jens Spahn erneut seine Unterstützung. Auch frühere CDU-Mandatsträger werben für Laschet: Der frühere Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Kanzlerbüroleiter Helmut Kohls, Stephan Eisel, sammelt in einer sogenannten „Union für Laschet“ Unterstützer. Mehr als 80 teilweise prominente Erstunterzeichner hatten sich Mittwochabend bereits angeschlossen.

Laschet verlor am Donnerstag kein Wort zu dem erbitterten Machtkampf um die Kanzlerkandidatur. Der NRW-Ministerpräsident rief am Donnerstag im Landtag in Düsseldorf mit staatsmännischem Tonfall zu entschlossenem Handeln in der Corona-Pandemie auf. „Die Lage ist dramatisch“, sagte Laschet. „Wir müssen jetzt handeln.“

Wie der Machtkampf entschieden werden soll, ist offen. Bei führenden Unionspolitikern herrscht Ratlosigkeit angesichts der verfahrenen Lage. Einig sind sie sich nur darin, dass Laschet und Söder sich schnell einigen sollen. Die Erwartung ist, dass es am Wochenende eine Lösung gibt.

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Oberreuter ist in dem Konflikt schon jetzt ein Schaden für die Christdemokraten eingetreten. „Der CDU schadet der Streit deutlich, weil die Partei offensichtlich in der Fläche gespalten ist“, sagte der Politikprofessor.

Mehr: Die Union ist tief gespalten

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5 Kommentare zu "CDU und CSU: Kampf um Kanzlerkandidatur: Die Zeit spielt für Söder"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • @Herr Hans Schönenberg
    Beispiel 1: Seehofer versucht in der Flüchtlingskrise die Grenzen zu kontrollieren, tut dies - ein pragmatischer Ansatz - wird massiv kritisiert!
    Beispiel 2: Söder lässt Reiserückkehrer freiwillig und kostenlos an den Raststätten grenznahe auf Covid testen - ein pragmatischer Ansatz - wird kritisiert! Söder ordert Sputnik V - bisher keine Thrombosen bekannt - ein pragmatischer Ansatz.
    Beispiel 3: Fukushima explodiert, Merkel schaltet die Atomkraftwerke ab, weil die Wählermeinung grün tendiert - ein ideologischer Ansatz - wird damals gefeiert, heute erkennt man, dass Strom fehlen wird und die erneuerbaren es nicht leisten können.
    Beispiel 4: Leyen - die Waffen Uschi, lässt sich zig Millionen Euro teuer beraten mit dem Ergebnis: Funktioniert eine Waffe nicht, so nimmt man eine zweite, die auch nicht funktioniert, zerlegt sie und baut die Teile in die erste ein. - keine Ahnung, wie man das bewerten soll, da ist nichts an Hirn drin, weder ideologisch noch pragmatisch. Dann das Impfdesaster.... kostet Menschenleben, viele, viele, viele
    Beispiel 5: AKK liebt Soahn, er läßt auf seiner Nikolausfeier AKK am Vorabend der Parteivorsitzenden*INNEN Wahl AKK auftreten, Merz wird es nicht, das Seilschaftsdenken ist ideologisch - aus meiner Sicht - Merkel freut sich riesig - die Bilder sind mir heute noch im Kopf.... AKK wird Vorsitzende, unqualifiziert, von Spahns und Merkels Gnaden.
    Beispiel 6: Spahn kauft statt der angebotenen günstigen zig Millionen Masken von BYD lieber von irgendwelchen unbekannten deutschen Firmen, die noch nie Masken produziert haben zu einem sündhaft teuren Preis Masken (insgesamt 7 Milliarden Euro; eine Maske z.B. 8,95€, heute kosten FFP1 Masken weniger als 50 Cent = der damalige BYD Preis). Betrug durch Abgeordnete und hohe Zahlungen an Beratungsfirmen (30 Millionen). Unfähig nicht pragmatisch - sonst hätte er das schnell lieferbare, günstige und qualitativ hochwertige Produkt aus China von BYD gekauft.
    Es gibt noch mehr Beispiele

  • Hallo, Herr Peter: interessante Ansicht. Merkel - Leyen, Spahn, AKK sind für mich keine Basis - habe ich auch nie was für übrig gehabt. Frau v.d.Leyen wurde "weg" gelobt nach Brüssel - Kollateralschaden inclusive. Frau Merkel hat in früheren Zeiten sicherlich ihre Verdienste gehabt - heute hält sich das in Grenzen - AKK als Parteivorsitzende war von Anfang an ein Fehler! - Als Verteidigungsministerin bemüht sie sich redlich - ob immer erfolgreich - sei dahin gestellt. Seehofer und Söder als Pragmatiker? sehe ich so nicht. Vielleicht haben Sie für mich Infos., um diese Ansicht zu verstehen.

  • @Herr Hans Schönenberg
    Sowohl Herr Söder als auch Herr Seehofer sind Pragmatiker und aus meiner Sicht dienen beide dem Wohlstand der Bundesrepublik.
    Die Seilschaften um Merkel - Leyen, Spahn, AKK sind ideologisch motiviert und nicht erfolgreich - siehe Pandemie u.a.
    Eine Auseinandersetzung um den richtigen Kanzlerkandidaten ist mir sehr wichtig, das darf gerne ein paar Tage dauern.

  • "Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Oberreuter ist in dem Konflikt schon jetzt ein Schaden für die Christdemokraten eingetreten. " Eine solche Beurteilung vorzunehmen, ohne das Ende abzuwarten, ist schlicht unprofessionell. Wenn es gepflegt abläuft, von mir aus auch mit einer CDU/CSU-Fraktionsabstimmung, geht die CDU/CSU daraus gestärkt hervor. Immer schön Einheitsssoße, und das als Stärke zu betrachten, ist Vergangenheit. Insofern bewegen sich die Grünen mit ihrem Vorgehen zur Entscheidung bereits in der Vergangenheit.

  • Das bisherige Modell CDU/CSU funktioniert meiner Meinung nach nicht mehr. Da möchte ich nur an Seehofer mit seinen Attütüden im Rahmen der Flüchtlingskrise verweisen. Wenn Herr Söder und im verbundene Politiker so weiter macht, ist die Kanzlerschaft aus meiner Sicht "vergeigt". Sollte sich Laschet doch noch durchsetzen, ist die Frage einer sinnvollen Zusammenarbeit zwischen den Parteien auch nicht mehr sicher gestellt, da Söder permanent quer schießen wird.

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