Christian Hirte Ostbeauftragter verliert Amt nach Tweet – Bedauern bei Thüringens CDU

Hirte hatte Thomas Kemmerich zur Wahl in Thüringen ausdrücklich gratuliert.
Berlin Der CDU-Politiker Christian Hirte verliert sein Amt als Ostbeauftragter der Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe heute „im Einvernehmen“ mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „die Entlassung von Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Christian Hirte vorgeschlagen“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter mit.
Zuvor hatte Hirte seine Abberufung auf Twitter öffentlich gemacht. „Frau Bundeskanzlerin Merkel hat mir in einem Gespräch mitgeteilt, dass ich nicht mehr Beauftragter der Bundesregierung für die Neuen Länder sein kann. Ihrer Anregung folgend, habe ich daher um meine Entlassung gebeten“, erklärte Hirte.
Hirte, der auch stellvertretender Thüringer CDU-Chef ist, hatte ausdrücklich zur Wahl des Thüringer FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich gratuliert, der mit AfD-Stimmen gewählt worden war. Auf Twitter schrieb er an Kemmerich: „Deine Wahl als Kandidat der Mitte zeigt noch einmal, dass die Thüringer Rot-Rot-Grün abgewählt haben. Viel Erfolg für diese schwierige Aufgabe zum Wohle des Freistaats.“
Die SPD reagierte mit Genugtuung auf die Entlassung Hirtes, hatte sie doch genauso wie die Opposition nach dem Glückwunsch-Tweet sofort auf dessen Rücktritt gedrängt. Für den Vize-Chef der SPD und Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert ist damit der Fall aber noch nicht erledigt. „Der erste Trittbrettfahrer der blau-schwarz-gelben Schande muss gehen. Ihm werden viele folgen müssen“, schrieb Kühnert auf Twitter.
Der CDU-Politiker Thomas Bareiß übte scharfe Kritik an SPD und Grünen. „Die CDU sollte mal wieder mit etwas Selbstbewusstsein auftreten. Ich finde es zwischenzeitlich unerträglich wie SPD und Grüne sich zu Steigbügelhaltern der SED-Nachfolger machen, und das lassen wir denen einfach so durchgehen“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium dem Handelsblatt.
Großes Bedauern in der CDU
Er würde sich von SPD und Grünen die gleiche Haltung zur Linkspartei wünschen wie die CDU sie gegenüber der AfD zum Ausdruck bringe, sagte Bareiß weiter. Mit Blick auf die Entlassung Hirtes fügte das CDU-Bundesvorstandsmitglied hinzu: „Ich bedaure diese Entwicklung sehr.“
Für die Thüringer CDU ist die Abberufung Hirtes eine unglückliche Entscheidung. „Offenbar war der Druck so groß, dass keine andere Option bestand, als zurückzutreten. Dass die aktuelle Situation offensichtlich dazu führte, dass ihm keine andere Option blieb, bedauern wir sehr“, sagte der Generalsekretär der CDU Thüringen, Raymond Walk. Hirte habe sich mit riesigem Engagement für seine Heimatregion und die Belange der Menschen im Osten eingesetzt, sagte Walk.
Thüringens SPD-Chef Wolfgang Tiefensee brachte ebenfalls weitere Konsequenzen ins Spiel. Die Entlassung Hirtes sei „unausweichlich und längst überfällig“ gewesen. „Herr Hirte darf aber nicht als Bauernopfer die einzige Konsequenz bei der CDU herhalten“, schrieb Tiefensee auf Twitter. „Wir blicken gespannt auf den heutigen Koalitionsausschuss,“ schrieb er noch vor dem Treffen der Großen Koalition.
Diesen Samstagmittag kamen die Spitzen von CDU, CSU und SPD mit Merkel zusammen. Auf Drängen der SPD wurde über das Verhalten der CDU bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und mögliche Konsequenzen gesprochen. Der Ausschuss einigte sich auf eine sofortige Rücktrittsforderung an Kemmerich. Unmittelbar nach der Verkündung legte Kemmerich nach und erklärte auf Twitter seinen sofortigen Rücktritt.
Konsequenzen gegen Werteunion
Auch die Grünen begrüßten die Hirte-Ablösung. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach von einem überfälligen Schritt. „Wer zur Zusammenarbeit mit Faschisten Glückwünsche übersendet, kann nicht Mitglied der Bundesregierung sein. Richtige Konsequenz“, schrieb Kindler auf Twitter.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch erklärte auf Twitter: „Ein notwendiger und folgerichtiger Schritt. Wer Kemmerich zur Wahl gratuliert, hat im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst und hat in der Bundesregierung nichts zu suchen.“ Der Linken-Abgeordnete Niema Movassat lobte auf Twitter Merkel: „Gute Entscheidung, Geisterfahrer Hirte abzusetzen.“
Scharfe Kritik kam von der AfD. „Die Entlassung von Christian Hirte trägt Züge einer Säuberungsaktion“, sagte der Bundestagsfraktionsvize Leif-Erik Holm. „Offenbar soll nun jeder politisch zur Strecke gebracht werden, der es wagte, dem FDP-Ministerpräsidenten zu seiner Wahl zu gratulieren.“
Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz brachte wie die SPD weitere Konsequenzen ins Spiel. „Umso wichtiger, dass die CDU dieselben Konsequenzen gegenüber der sogenannten „Werteunion“ zieht, die Kemmerich nicht nur gratuliert, sondern diesen Weg ins Amt seit Wochen propagiert hatte“, schrieb Polenz auf Twitter.
Der Vizechef der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, brachte einen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gegenüber Mitgliedern der konservativen Splittergruppe ins Spiel. „Wer die Werte der CDU nicht teilt, hat in der CDU nichts zu suchen. Wir brauchen keine AfD-Hilfstruppe in unseren Reihen“, sagte Bäumler dem Handelsblatt.
Hirtes Glückwunsch-Tweet vom Tag der Wahl war am Samstag weiterhin zu sehen. Auch Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) hatte Kemmerich Glückwünsche via Twitter übermittelt, ihren Tweet aber später wieder gelöscht und ihn als Fehler bezeichnet.
Mehr: Lesen Sie hier, warum CDU-Politiker die Auflösung der Werteunion fordern.
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