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Corona Deutschland geht besser in den Pandemie-Herbst als befürchtet – aber noch keine Entwarnung

Die Fallzahlen und die Belegung von Krankenhäusern mit Corona-Patienten geben Grund zur Hoffnung – und befeuern die Debatte über einen Freedom Day. Experten mahnen zur Vorsicht.
20.09.2021 - 17:29 Uhr 1 Kommentar
Dunkle Wolken, hohe Wellen, leere Strandkörbe: Der Herbst steht vor der Tür – und damit womöglich auch eine Verschärfung der Coronakrise. Quelle: dpa
Herbstwetter

Dunkle Wolken, hohe Wellen, leere Strandkörbe: Der Herbst steht vor der Tür – und damit womöglich auch eine Verschärfung der Coronakrise.

(Foto: dpa)

Berlin Deutschland startet deutlich besser in den Corona-Herbst als noch im Sommer befürchtet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnte im Juli davor, dass die Sieben-Tage-Inzidenz im September auf 400 und im Oktober bereits auf 800 steigen könnte.

Dieses Szenario ist allerdings ausgeblieben, die Fallzahlen waren in der vergangenen Woche sogar mehrere Tage in Folge gesunken und am Montag nur leicht gestiegen auf einen Wert von 71. Vor einer Woche hatte der Wert bei 81,9 gelegen. Auch die Hospitalisierungsquote von 1,65 und hatte sich zuletzt kaum verändert.

Der Wert gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche wegen einer Infektion mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden müssen. Er hat die Sieben-Tage-Inzidenz als wichtigsten Indikator für das Pandemiegeschehen abgelöst.

Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Montag in Berlin von einer „ganz guten Entwicklung“. Sie zeige, dass die Maßnahmen wirkten. Die 3G-Regel – also Zugang zu bestimmten Innenräumen nur für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete – habe zu diesem Erfolg beigetragen.

Das Robert Koch-Institut (RKI) nennt in seinem Wochenbericht das Ende der Ferien- und Reisezeit sowie den Schulanfang als Grund für diese – bislang anders vorhergesagte – Entwicklung der Corona-Lage. Prognosen des Instituts aus Juli hatten vorhergesagt, dass die Fallzahlen erst Anfang Oktober exponentiell ansteigen würden und dann auch die Lage auf den Intensivstationen wieder kritisch werden könnte.

Aussicht auf Impfung für Kinder

Der Leipziger Epidemiologe Markus Scholz warnt deswegen davor, die Pandemie bereits abzuschreiben. „In 2020 hatten wir einen ganz ähnlichen Verlauf“, sagte Scholz dem Handelsblatt. „Auch hier gab es bis circa Ende September eine Seitwärtsbewegung in den Infektionszahlen, bevor dann die zweite Welle im Oktober an Fahrt aufnahm.“ Dies sei auch in der vierten Welle zu befürchten – insbesondere, weil die Impfquote im Jugendbereich noch zu niedrig sei.

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In der Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen sind derzeit rund 40 Prozent mindestens einmal geimpft. Die Zulassung eines Impfstoffs für jüngere Menschen steht bislang noch aus. Dies könne Anfang des kommenden Jahres so weit sein, kündigte Gesundheitsminister Spahn am Montag an. Er wies zugleich darauf hin, dass bis zur Empfehlung der Ständigen Impfkommission noch einmal Zeit vergehen würde.

Insgesamt sind in Deutschland 63 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Das Impftempo ist in der vergangenen Woche leicht gestiegen, nachdem es über Monate zurückgegangen war. Als Grund dafür nannte Spahn die Impfwoche von Bund und Ländern mit speziellen Impfangeboten.

Die positive Entwicklung der Pandemie befeuerte auch Forderungen danach, die verbliebenen Corona-Maßnahmen in Deutschland aufzuheben. Kürzlich war Dänemark mit einer Impfquote von rund 74 Prozent der Gesamtbevölkerung diesen Schritt gegangen. England hob bereits im Juli unter dem Vorhaben eines Freedom Days alle Maßnahmen auf.

„Ein Freedom Day darf nicht überstürzt werden, er darf allerdings auch kein Tabu sein“, sagte der Gesundheitsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Hennrich (CDU), dem Handelsblatt. „Ich schlage deswegen vor, dass Bund und Länder spätestens Mitte Oktober alle Maßnahmen auf den Prüfstand stellen und darüber entscheiden, ob sie aufgehoben werden können.“

Debatte über Freedom Day

Zu Beginn der kalten Jahreszeit ließe sich diese Frage besser beurteilen als derzeit. „Ist die Hospitalisierungsrate weiterhin niedrig und stabil, spricht aus meiner Sicht nichts mehr gegen einen Freedom Day in absehbarer Zeit. Wir müssen mehr Großbritannien wagen.“ Die aktuelle Entwicklung deute darauf hin, dass die vierte Welle unter Kontrolle sei.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus, nannte die Diskussion über ein Ende aller Maßnahmen richtig. „Wir müssen allerdings die Entwicklungen in den nächsten Wochen bzw. in der heißen Phase (Herbst/Winter) genaustens beobachten“, sagte sie. Das Ziel müsse weiterhin sein, eine Impfquote von über 80 Prozent zu erreichen. „Die Aktionswoche der Bundesregierung war leider zu kurz gedacht“, sagte sie. „Wir benötigen keine Impfwoche, sondern einen Impfmarathon.“

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte hingegen am Sonntag einen Freedom Day im Herbst abgelehnt. Auch die Bundesregierung erteilte Forderungen nach einem festen Datum für ein Ende der Maßnahmen eine Absage. „Es gibt aus heutiger Sicht nicht die Grundlage, um zu sagen, der Tag X ist der Tag, an dem alle Beschränkungen fallen“, sagte Regierungssprecher Seibert am Montag in Berlin.

Vielmehr gebe es guten Grund, grundsätzliche Maßnahmen wie Abstand und Maskenpflicht weiter gelten zu lassen. Es gebe noch „deutlich zu viele“ Ungeimpfte und große regionale Unterschiede bei der Impfquote in den Bundesländern. Zudem hätten Genesene, Geimpfte und Getestete schon jetzt vielfältige Möglichkeiten, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hatte die Aufhebung aller Beschränkungen zum 30. Oktober gefordert. „Nach den Erfahrungen aus Großbritannien sollten wir auch den Mut haben zu machen, was auf der Insel geklappt hat“, sagte er am Wochenende.

Mehr: Ende aller Corona-Maßnahmen: Das sagen Experten zum deutschen "Freedom Day"

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1 Kommentar zu "Corona: Deutschland geht besser in den Pandemie-Herbst als befürchtet – aber noch keine Entwarnung"

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  • Liebes Handelsblatt, Sie schreiben, "Experten" mahnen zur Vorsicht. Andere, auch "Experten", nämlich die Kassenärztliche Vereinigung als Standesvertretung der Ärzteschaft; nicht nur deren Vorsitzender als Privatperson, haben diesen Vorschlag gemacht, sicher nicht ohne wissenschaftlich begründete Basis.

    Als Geimpfter ist es nicht erträglich, dass man sich wegen den paar "ungeimpften Idioten" weiterhin evtl. jahrelang in seinem täglichen Leben einschränken muss. Wer sich nicht impfen lassen will, möchte doch in Zukunft sein Risiko selbst tragen.

    Die Fallzahlen werden nach der "Befreiung" natürlich nochmal steigen, aber danach auch wieder fallen. Wir werden mit dem Virus leben müssen, es wird ein weiteres Lebensrisiko sein zusätzlich zu den vielen anderen, und wir müssen begreifen, dass wir uns nicht gegen jedes Risiko absichern können. Und unsere Freiheit und Lebensqualität deshalb einschränken, das sollte irgendwann ein Ende haben. Und zwar recht schnell, sobald jeder die Möglichkeit hat, sich gegen einen schweren Verlauf durch Impfung zu schützen.

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