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Corona-Regelungen Hessen will Insolvenzschutz für Firmen bis März verlängern – Brandbrief an Scholz und Altmaier

Das Chaos um die Corona-Hilfen sorgt für Unmut bei den Ländern: Hessen will die Insolvenzantragspflicht weiter aussetzen. Die Union will den Vorstoß prüfen.
15.01.2021 Update: 15.01.2021 - 16:13 Uhr Kommentieren
Die Politik befürchtet ohne einen längeren Insolvenzschutz eine Pleitewelle. Quelle: dpa
Geschlossenes Geschäft in Eisenach, Thüringen

Die Politik befürchtet ohne einen längeren Insolvenzschutz eine Pleitewelle.

(Foto: dpa)

Berlin In die Debatte um einen längeren Insolvenzschutz für von der Corona-Pandemie betroffene Betriebe kommt nach einem Vorstoß der hessischen Landesregierung Bewegung. Hessen will wegen der schleppenden Auszahlung der Corona-Hilfen per Bundesratsinitiative die Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen noch bis März auszusetzen.

„Das Land hat sich entschlossen, im Bundesrat tätig zu werden und auf eine entsprechende Änderung des Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes hinzuwirken“, sagten Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) dem Handelsblatt.

Das Thema ist auf Bundesebene umstritten. Die SPD plädiert für einer längeren Insolvenzschutz, die Union bremste bislang. Nun deutet sich ein Kursschwenk an. „Vorsorglich prüfen wir, ob es einer Verlängerung bedarf. Denn wir wollen schließlich sicherstellen, dass die Hilfen auch wirklich bei den Unternehmen, die sie nötig haben, ankommen“, sagte der Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) dem Handelsblatt. „Ich teile die Auffassung, dass gesunde Unternehmen durch die Coronakrise nicht in die Insolvenz rutschen dürfen.“

Der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner dringt auf eine rasche Koalitionslösung. „Wenn jetzt Unionspolitiker in den Ländern die dramatische Lage vieler Unternehmen erkennen und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Bundesrat beschließen wollen, dann muss auch die Union im Bundestag endlich einlenken“, sagte Fechner dem Handelsblatt. „Wir können nicht tausende eigentlich überlebensfähige Unternehmen, denen unverschuldet die Umsätze eingebrochen sind, in die Insolvenz treiben, nur weil Wirtschaftsminister Altmaier die Auszahlung der Wirtschaftshilfen nicht organisiert bekommt.“ Hier gehe es um zehntausende Arbeitsplätze und die Existenzen von Familien, betonte Fechner.

Frei unterstrich dagegen, dass Bundesminister Peter Altmaier (CDU) mehr Tempo bei den Auszahlungen der Wirtschaftshilfen angekündigt habe. „Das Bundesfinanzministerium hat einfach zahlreiche Vorgaben gemacht, die Zeit brauchen.“

Am Montag Sondersitzung des Bundesrats

Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit – die aktuelle Regelung läuft am 31. Januar aus – will die hessische Landesregierung eine entsprechende Initiative schon am kommenden Montag in die Sondersitzung des Bundesrates einbringen und das Thema auf die Tagesordnung setzen. Im Anschluss müsste rasch ein entsprechender Gesetzesbeschluss im Bundestag gefasst werden, um eine Verlängerung der Frist zu bewirken.

Der Bundesrat kommt am Montag kurzfristig zu einer Sondersitzung zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt ist nach Angaben der Länderkammer bisher „ein Artikelgesetz, das neben einer Novelle des digitalen Wettbewerbsrechts eine befristete Ausweitung der Kinderkrankentage vorsieht“.

„Wir wissen, dass das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen ein hohes Gut und für ein funktionierendes Wirtschafssystem unabdingbar ist“, erklärten die Minister. „Deshalb plädieren wir für eine moderate Verlängerung der Ende Januar nach geltender Rechtslage auslaufenden Regelung um zunächst zwei Monate und erinnern daran, dass die Aussetzung nur für die Unternehmen gilt, die staatliche Hilfsgelder erwarten und durch diese einen Insolvenzantrag vermeiden könnten.“

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Auf Betreiben von Union und SPD hatte der Bundestag erst im Dezember entschieden, die Insolvenzantragspflicht bis Ende Januar für überschuldete oder zahlungsunfähige Unternehmen auszusetzen – vorausgesetzt, die Betriebe haben im November oder Dezember Coronahilfen beantragt und auch Aussicht auf eine Zahlung. Bisher wurden nur Abschläge gezahlt. Die volle Auszahlung der Hilfen soll im Januar beginnen.

Hessen: Bund muss „unverzüglich handeln“

Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) rief den Koalitionspartner zum Einlenken auf. „Hier ringen Unternehmen wegen der ausstehenden Hilfen unverschuldet mit der Zahlungsunfähigkeit“, sagte die SPD-Politikerin dem Handelsblatt. „Davor kann der Koalitionspartner die Augen nicht verschließen.“ Es seien noch nicht einmal die Novemberhilfen vollständig ausgezahlt worden. Lambrecht hält jedoch eine Aussetzung lediglich für Februar erforderlich.

Al-Wazir und Boddenberg begründeten ihren Vorstoß damit, dass verhindert werden solle, dass grundsätzlich gesunde Unternehmen durch die Coronakrise in die Insolvenz rutschen. „Aus diesem Grund fordern wir den Bund auf, unverzüglich zu handeln“, betonten die Minister. Abhilfe könne nur eine Fortführung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht über den 31. Januar 2021 hinaus schaffen.

„Es wäre ja absurd, wenn ein Unternehmen einen berechtigten Antrag auf Hilfsgelder gestellt hat, dieses Geld die Insolvenz verhindern würde, aber wegen der verzögerten Auszahlung trotzdem Insolvenz anmelden muss“, warnten Al-Wazir und Boddenberg. „Dieser Schritt wäre nicht mehr rückgängig zu machen, weil die Hilfsgelder an ein Unternehmen in einem Insolvenzverfahren nicht mehr ausgezahlt werden dürften.“

Die beiden Minister hatten sich bereits mit einem Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gewandt. „Bleibt die Rechtsgrundlage unverändert, müssten entsprechend betroffene Unternehmen ab dem 1. Februar 2021 trotz bestehender Ansprüche auf die staatlichen Liquiditätshilfen nach den regulären Vorschriften der Insolvenzordnung einen Insolvenzantrag stellen“, mahnten Al-Wazir und Boddenberg in dem Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt.

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Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, plädierte für ein Auslaufen des bestehenden Insolvenzschutzes. Das zeitlich begrenzte Aussetzen der Insolvenzantragspflicht sei „eine Zeit lang klug und richtig“ gewesen. „Es ist aber nun der Zeitpunkt gekommen, um Bilanz zu ziehen und festzustellen, welche Hilfen Unternehmen benötigen um überleben zu können und welche Unternehmen diese Pandemie nicht überleben werden“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt.

DIW: Verzögerung des Insolvenzschutzes bringt nichts

Aus Fratzschers Sicht wird eine weitere Verzögerung der Antragspflicht für die allermeisten Unternehmen „keine grundlegende Veränderung in ihrer wirtschaftlichen Lage“ bringen. Die meisten Unternehmen würden erst nach Ende der Pandemie, in der zweiten Jahreshälfte oder erst 2022 wissen, ob ein wirtschaftlicher Neustart für sie gelingen könne.

Es sei daher wichtig, die Antragspflicht jetzt zu vollziehen, „nicht um grundsätzlich gesunden Unternehmen Probleme zu bereiten, sondern ganz im Gegenteil, um diesen Unternehmen die Hilfe zu gewähren, die sie für ihr Überleben benötigen“.

Bei der Antragspflicht gehe es schließlich auch um den Schutz der vielen Gläubiger, die selbst durch einen zu späten Insolvenzantrag ihrer Geschäftspartner in Probleme kommen könnten.

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